Eigenkapital im Unternehmen: Wie viel brauchen kleine und mittlere Firmen?
Ein Unternehmen ohne eigenes Kapital zu gründen und zu führen ist so gut wie unmöglich. Formal bezeichnet das Eigenkapital die Differenz von Vermögen und Schulden. „Außerdem bildet das Eigenkapital das Gegenstück zum Fremdkapital“, sagt Wolfgang Wadlinger, betriebswirtschaftlicher Berater bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. „Mit genügend Eigenkapital ist auch immer das große Ziel vieler Unternehmen verbunden: nicht fremdgesteuert zu sein und Herr im eigenen Haus zu bleiben.“
Benötigt wird Eigenkapital aus mehreren Gründen:
- Vor allem bei der Gründung des Unternehmens ist der Kapitalbedarf zunächst sehr hoch. Es müssen Anschaffungen getätigt werden und oft dauert es zwei bis drei Jahre, bis das Unternehmen tatsächlich in die Gewinnzone kommt.
- Um in Krisenzeiten nicht in Schieflage zu geraten, ist genügend Eigenkapital wichtig. „Es reicht nicht aus, dass ein Konto gedeckt ist, sondern es muss auch ein Polster vorhanden sein“, sagt Wadlinger.
- Auch in Wachstumsphasen braucht ein Unternehmen Geld für Investitionen.
- Bei der Kreditvergabe bewerten Banken stets die Bonität und Kreditwürdigkeit der Unternehmen. „Einen Kredit bekommt ein Unternehmen nur nach einer Bonitätsprüfung und mit Eigenkapital“, sagt Wadlinger.
Eigenkapitalquote in kleinen und mittleren Unternehmen steigt seit Jahren an
Zur Berechnung der Eigenkapitalquote wird, vereinfacht gesagt, das Eigenkapital durch die Bilanzsumme geteilt. In Deutschland haben die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in den vergangenen Jahren ihre Eigenkapitalquote – mit wenigen Ausnahmen wie das Coronajahr 2020 – stets leicht erhöht. So zeigen von Statista erhobene Daten zur durchschnittlichen Eigenkapitalquote von mittelständischen Unternehmen zwischen 2007 und 2021 in Deutschland Folgendes:
- Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten hatten 2021 eine Eigenkapitalquote von 35%. 2007 betrug sie 28,1%.
- Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten hatten 2021 eine Eigenkapitalquote von 30,1%. 2007 betrug sie 22,5%.
- Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten hatten 2021 eine Eigenkapitalquote von 23,5%. 2007 betrug sie 17,9%.
Insgesamt lag die Eigenkapitalquote der befragten Unternehmen bei durchschnittlich 30,1% – gegenüber 24,6% im Jahr 2007.
Welche Eigenkapitalquote ist sinnvoll?
Wie hoch die Eigenkapitalquote in einem Unternehmen mindestens sein sollte, kommt laut Wadlinger „auch darauf an, um welche Rechtsform es sich dreht“. „Beispielsweise spielt bei einer Personengesellschaft die persönliche Haftung eine Rolle und Ausfälle müssen privat ausgeglichen werden. Bei einer GmbH, UG oder AG wird hingegen ein Mindesthaftkapital eingelegt.“ Nicht zu vergessen ist auch die sogenannte Geschäftsführerhaftung, die auch bei möglichen Schadensersatzpflichten nicht von einer Rechtsform der Kapitalgesellschaft geschützt werden kann.
Ein ungefährer Richtwert für eine gute Eigenkapitalquote liegt bei rund 30%, je nach Unternehmen können aber auch schon 20% ausreichend sein.
Wie lässt sich die Eigenkapitalquote erhöhen?
Hier gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Gewinne im Unternehmen belassen. „Das ist der üblichste Weg, um für mehr Eigenkapital zu sorgen“, sagt Wadlinger. „Wer einen Gewinn erwirtschaftet, kann den natürlich aus dem Unternehmen rausnehmen oder eben ins Unternehmen stecken oder auch neue Anlagen oder Gebäude kaufen.“
- Privates Geld in das Unternehmen stecken: Für das Startvorhaben eines Unternehmens wird in der Regel privates Geld verwendet. Private Finanzspritzen können in Form von Gesellschafterdarlehen bilanziert werden.
- Mezzanine-Finanzierungen in Form von stillen Beteiligungen in das Unternehmen holen. „Diese Finanzierungen haben Eigenkapitalcharakter, wenn sie langfristig sind und eine Rangrücktrittserklärung abgegeben wurde“, erklärt der IHK-Berater.
- Investorinnen und Investoren ins Unternehmen holen. „Investoren beteiligen sich mit Geld am Unternehmen und erhöhen so das Eigenkapital“, sagt Wadlinger. Diese bankenunabhängige Finanzspritze kann auch weitere Vorteile bringen: Investorinnen und Investoren können etwa auch mit Kontakten oder branchenspezifischen Kenntnissen weiterhelfen. Wie stark sie dann aber im Unternehmen mitreden dürfen, kommt auf deren Anteile und Art an – etwa ob es Aktionäre, Business Angels oder Private-Equity-Häuser sind.
Eine gute Eigenkapitalquote gibt Sicherheit. Trotzdem gilt: Mehr ist nicht immer gut. „Das Eigenkapital kann auch totes Kapital auf dem Konto sein“, sagt Wadlinger. „Natürlich ist es gut, das auch weiter aufzubauen. Aber wenn ich nicht für das Übermorgen auch investiere, bin ich Überübermorgen vielleicht vom Markt verschwunden.“
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