Als Unternehmen einen Liquiditätsplan aufstellen: So geht‘s

Finanzen 5 min Lesedauer 04.10.2023
Als Unternehmen einen Liquiditätsplan aufstellen: So geht‘s

Damit ein Unternehmen auch in turbulenten Zeiten stets zahlungsfähig bleibt, ist eine Liquiditätsplanung unverzichtbar. Doch längst nicht alle kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) haben ein solches Sicherheitsnetz. Viele scheuen sich vor der vermeintlichen Komplexität oder dem Aufwand und fahren lieber auf Sicht. Wir zeigen Ihnen, wie Sie einen Liquiditätsplan aufstellen und wo Sie Hilfe bekommen.

Vereinfacht gesagt ist ein Liquiditätsplan eine Aufstellung aller Geldzuflüsse und Geldabflüsse im Zeitverlauf. Sollte dabei ein Minus herauskommen, muss die Zahlungsfähigkeit wieder hergestellt werden – etwa durch:

  • Kredite und Darlehen,
  • veränderte Zahlungsbedingungen – sowohl in Bezug auf Kundinnen und Kunden als auch auf Liefernde,
  • Verschiebung von Investitionen oder
  • kurzfristig verfügbare Rücklagen – etwa auf Tagesgeldkonten.

Die Sicherung der Liquidität zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung. „Grundsätzlich muss ein Unternehmen in der Lage sein, jederzeit und vor allem in zwei Sondersituationen liquide bleiben zu können: bei einem Umsatzrückgang und bei einem Umsatzwachstum. Denn auch beim Wachstum wird häufig erstmal mehr Geld benötigt“, sagt Carl-Dietrich Sander, der beim Bundesverband Die KMU-Berater unter anderem Spezialist für Finanzierung und Rating ist. „Und um genau zu wissen, wie viel Geld ich im Zweifel benötige, brauche ich eine Liquiditätsplanung.“

Schritt für Schritt zum Liquiditätsplan

Sander rät den KMU bei ihrer Liquiditätsplanung in zwei Schritten vorzugehen: „Die Grundlage bildet eine Ertragsplanung auf Monatsbasis. Auf dieser Grundlage wird dann die eigentliche Liquiditätsplanung erstellt.“ Der Unterschied: In der Ertragsplanung werden der monatliche Umsatz und die monatlichen Kosten erfasst. Das heißt aber nicht, dass das Geld auch im gleichen Monat zu- beziehungsweise abfließt, denn oft werden Rechnungen erst später bezahlt. Der eigentliche Geldfluss kann also in einem anderen Monat stattfinden.

Das gehört zur Ertragsplanung

„Eine Ertragsplanung ähnelt einer Gewinn- und Verlustrechnung“, sagt Sander. Diese kann etwa mit einer Exceltabelle oder über ein Softwaretool erstellt werden.

  • Monat für Monat wird prognostiziert, wie viel Umsatz ein Unternehmen machen wird und welcher Materialeinkauf dafür erforderlich sein wird.
  • Dabei werden auch saisonale Schwankungen wie Weihnachtsgeschäft oder weitere Saisonverläufe berücksichtigt. Als Orientierung können die Vorjahre dienen.
  • Außerdem werden die monatlichen Kosten erfasst – etwa Löhne und Gehälter, Miete und Versicherungen.
  • Weitere Planungen, wie die Einstellung von Mitarbeiter/-innen oder die Entwicklung neuer Produkte, werden ebenfalls aufgenommen.

Steht die Ertragsplanung, muss für jeden Posten abgeschätzt werden, wann das damit verbundene Geld auch tatsächlich dem Unternehmen zufließt, beziehungsweise wann Aufwände zu leisten sind. „Nicht Einnahme und Ausgabe sind entscheidend, sondern Einzahlung und Auszahlung“, sagt Sander. „Und das wird dann im Liquiditätsplan eingetragen.“

Die Struktur eines Liquiditätsplans

Auch wenn es für einen Liquiditätsplan keine allgemeingültige Blaupause gibt, so gleicht die Struktur immer demselben Muster: Die Einzahlungen werden den Auszahlungen entgegengestellt.

Zu den Einzahlungen zählen folgende Posten:

  1. Übertrag Liquiditäts-Endbestand Vormonat,
  2. Zahlungseingang der (Netto-)Umsatzerlöse,
  3. Einzahlungen von Gesellschaftern und Privateinlagen,
  4. sonstige Einnahmen etwa aus Vermietungen oder Verpachtung, sowie Zinserträge und Co. sowie
  5. Einzahlungen aus neuen Kreditaufnahmen.

Zu den Auszahlungen zählen:

  1. Kosten für den Wareneinkauf,
  2. Löhne und Gehälter,
  3. sonstige Aufwendungen wie etwa Mieten, Leasing, Versicherungen, Reparaturen, Beratungsleistungen,
  4. Ersatzinvestitionen wie etwa neue Computer,
  5. Neu- und Erweiterungsinvestitionen, davon die nicht mit Krediten finanzierten Anteile,
  6. Umsatzsteuer- und Ertragssteuervorauszahlungen,
  7. Darlehenstilgungen und
  8. Auszahlungen wie etwa Privatentnahmen.

Die allermeisten Unternehmen erstellen ihre Liquiditätsplanung auf Monatsbasis. Sie prüfen also monatlich, ob sie in ihrer Rechnung im Plus oder im Minus sind und wieviel Geld sie im Zweifel zusätzlich brauchen. „Es darf aber nicht vergessen werden, dass bei dieser Rechnung alles auf einen Tag verdichtet wird. Ein Monat hat aber mehrere Tage und es kann sein, dass alle Auszahlungen am Monatsanfang und die Einzahlungen eher am Monatsende liegen“, warnt Sander. „Ich muss also auch schauen, ob mir der Puffer über alle Arbeitstage hinweg reicht.“

Hier gibt es Vorlagen und Hilfe für den Liquiditätsplan

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Softwareunternehmen, die Liquiditätsplanungstools anbieten. Für Sander sind die Tools allerdings oft überdimensioniert. „Je standardisierter die Software ist, desto komplexer ist diese oft aufgebaut, um alle Unternehmensgrößen und -bedürfnisse abzudecken. Die Unternehmen sollten sich genau überlegen, ob das in solchen Dimensionen überhaupt nötig ist.“ Viele seiner Kolleginnen und Kollegen würden mit Exceltabellen arbeiten. Liquiditätsplan-Vorlagen dazu bieten etwa die Industrie- und Handelskammern an.

Wer keine eigene Buchhaltung im Unternehmen hat und sich mit dem Thema schlecht auskennt, dem rät Sander, sich mit einem KMU-Berater oder einer -Beraterin auszutauschen. In seinem Verband gibt es ein strukturiertes Aufnahmeverfahren; damit sind alle Mitglieder bereits qualifiziert, um die Beratungskostenzuschüsse des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) für ihre Mandantinnen und Mandanten nutzen zu können. „Oder Sie wenden sich an ein befreundetes Unternehmen“, sagt er. „Die haben oft die besten Tipps.“

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