Diese menschlichen Fähigkeiten kann künstliche Intelligenz nicht ersetzen

Digitales 5 min Lesedauer 20.09.2023
Ein Mann steht neben einem menschlich aussehenden Roboter

Künstliche Intelligenz (KI) hat sich spätestens mit dem Hype um ChatGPT im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert. Tatsächlich wird KI aber schon längst in Smartphones, Computern und Geräten des Internet of Things (IoT) verwendet. Künstliche Intelligenz erleichtert in mittelständischen Unternehmen Produktions- und Planungsprozesse, wie eine Erhebung der Mittelstand-Digital Begleitforschung bereits 2019 zeigte. Sie macht Buchhaltung und Abrechnungen, Absatzplanung und Logistik effizienter und schneller. KI liefert unerlässliche Tools für die Prognose von Kundenbedürfnissen, Qualitätsmanagement und Kontrolle. Auch Lieferkettenprobleme können damit besser gemanagt werden.

Viele Arbeitnehmende fürchten deshalb, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft durch Maschinen ersetzt werden. Das sehen Experten anders: „Man darf sich KI nicht als ein großes kompliziertes System vorstellen. Vielmehr geht es um verschiedene, kleine Bausteine, die gewisse Problemaspekte adressieren und lösen. KI kann somit dem Menschen in Büro und Produktion zur Seite stehen“, wird Prof. Dr. Martin Ruskowski vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz in Kaiserslautern zitiert.

Unternehmen gehen von einer Zunahme an Jobs aus, nicht von einer Abnahme

Denn eines kann KI nicht: Menschen am Arbeitsplatz vollkommen ersetzen. Die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, zu analysieren, zu improvisieren und mit verschiedenen Informationen zu jonglieren, können Maschinen nicht so leicht kopieren. Aus einem aktuellen Bericht des Weltwirtschaftsforums geht zwar hervor, dass sich bis 2027 fast ein Viertel aller Arbeitsplätze grundlegend verändern wird – mit fortschreitendem Technologieeinsatz und zunehmender Digitalisierung als entscheidenden Transformationsfaktoren. Doch 50% der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass durch den Einsatz künstlicher Intelligenz künftig Arbeitsplätze geschaffen werden, während nur 25% vermuten, dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen.

Dem Bericht zufolge schätzen Unternehmen zunehmend starke kognitive Fähigkeiten bei Arbeitnehmenden. Das spiegele die wachsende Bedeutung komplexer Problemlösungen am Arbeitsplatz wider. Analytisches und kreatives Denken stünden ganz oben auf der Liste und das werde wohl auch in den kommenden fünf Jahren so bleiben.

Diese menschlichen Fähigkeiten sind der KI überlegen:

  • Emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz
    Emotionale Intelligenz ist ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen am Arbeitsplatz. Dazu zählt die Fähigkeit, die Gefühle des Gegenübers zu erfassen, korrekt einzustufen und die entsprechende Handlung daraus abzuleiten. Geschäftsinhaber/-innen und Führungskräfte wissen, wie wichtig es ist, Emotionen von Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden in eine Interaktion miteinzubinden. KI wird zwar immer besser darin, menschliche Emotionen nachzuahmen, aber die Empathie fehlt ihr. „Von selbst übernimmt die Technik erst mal gar nichts. Es liegt in den Händen von Menschen, die sie zu bestimmten Zwecken einsetzen“, betont auch die Philosophin Judith Simon, Mitglied im Deutschen Ethikrat, gegenüber der Frankfurter Rundschau.

    Dasselbe gilt für soziale Kompetenz im Arbeitsleben. Zu den Soft Skills gehören Teamarbeit, Genauigkeit bei Details, kritisches Denken, effektive Kommunikation und zwischenmenschliche Interaktion. Nicht nur im Kundenkontakt sind das wichtige Kriterien, sondern auch für die Wachstumschancen innerhalb eines Unternehmens. Dass Arbeitgebende Soft Skills bei Jobbeschreibungen immer stärker suchen, zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Demnach werde „in Dreiviertel aller Online-Jobanzeigen mindestens eine Selbstmanagementkompetenz und eine soziale oder kommunikative Kompetenz nachgefragt. Die 25 häufigsten Kompetenzen tauchen in mindestens jeder 10. Stelle auf. Dabei stehen Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit ganz vorne.“
     
  • Analytisches Denken als Grundlage von Innovation
    Künstliche Intelligenz kann nur mit den Daten arbeiten, mit denen sie gefüttert wurde. Die KI kann zwar Artikel schreiben, Musik erzeugen oder sogar Kunst schaffen, sie bedient sich dafür aber aus einem Pool existierender Werke. Erfahrungen, Emotionen oder ein ungewöhnlicher Blick auf die Welt fließen dabei nicht ein. KI-Tools sind so konstruiert, dass sie „innerhalb der Box“ denken, sich also nur im Rahmen der ihnen vorgegebenen Daten bewegen.

    Menschliche Gehirne hingegen haben die Fähigkeit entwickelt, Informationen aus verschiedenen Quellen zu beschaffen; oder Lösungen für komplexe Probleme mit wenigen oder kaum verfügbaren Daten zu kreieren – quasi die Box zu öffnen. Nur so können Innovationen und kreative Lösungen in der Arbeitswelt vorangetrieben werden.
     
  • Komplexe Entscheidungen treffen
    Rollen, in denen komplexe Entscheidungsfindung auf der Tagesordnung stehen, sind durch KI nur schwer zu ersetzen. Führungskräfte, Unternehmer und Strateginnen zum Beispiel benötigen ein vielschichtiges Verständnis für verschiedene Faktoren und die Fähigkeit, langfristig zu planen und mit Ungewissheit umzugehen – Bereiche, in denen KI kaum agieren kann. „Jede Software wird für einen bestimmten Zweck entworfen – und bleibt insofern grundlegend hinter der universellen, kreativen und hochgradig adaptiven Problemlösungsfähigkeit des Menschen zurück“, sagt Prof. Jürgen Beyerer vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) in Karlsruhe.

    Ein großes Problem mit Chatbots wie ChatGPT ist zum Beispiel, dass von ihr generierte Fakten überprüft werden müssen. KI ist zwar in der Lage, zu lernen, aber sie kann diese Fakten nicht in dem Maße einordnen, dass sie lösungsorientiert verwendet werden könnten. Weil künstliche Intelligenz sich nicht selbst kontrollieren kann, ist sie auf externe Moderation angewiesen.
     

Fazit: KI ersetzt keine Arbeitnehmenden, sondern übernimmt Routinearbeiten. Dadurch können sich Menschen auf die Aufgaben konzentrieren, in denen sie stark sind: zwischenmenschliche Kommunikation, emotionale Kompetenz und komplexe Lösungsansätze.

Mehr Artikel wie diesen?

Produktneuigkeiten vom ING Business Banking sowie Tipps und Infos rund ums Geschäft: Kommen direkt in Ihr Postfach mit unserem Newsletter.

Eine schick gekleidete Frau schaut vor einem gelben Hintergrund auf ihr Smartphone