Versicherungsrisiken perfekt ausbalancieren

Finanzen 5 min Lesedauer 07.06.2023

Eine defekte Maschine, ein fehlerhaftes Produkt oder ein Brand auf dem Gelände: Läuft in einem Unternehmen etwas schief, kann das schnell teuer oder sogar existenzbedrohend werden. Gut, wenn in einem solchen Fall im Vorfeld die passende Versicherung abgeschlossen wurde. Doch in dem Angebotsdschungel an verschiedenartigen Versicherungen können sowohl neue als auch etablierte Unternehmerinnen und Unternehmer schnell den Überblick verlieren, was Pflicht, was Kür und was letztlich unnütz ist.

Bernhard Eichiner von der IHK München und Oberbayern betont: „Das Angebot an Versicherungen ist sehr groß und die Chance, den Überblick zu verlieren, hoch.“ Daher rät der Leiter des Referats für Gründung, Betriebsführung, Handel, Dienstleistungen den Unternehmen, in regelmäßigen Abständen eine Bestandsaufnahme zu machen. „Die Geschäftsleitung sollte bei allen vorhandenen Versicherungsverträgen prüfen, wie hoch die Deckungssumme und mögliche Deckung von Schäden ist“, sagt er. Bevor dann ein Fachmann aus der Versicherungsbranche hinzugezogen wird, sollte sich das Unternehmen in drei Punkten klar sein:

  • Produktebene: Was wird hergestellt beziehungsweise was wird angeboten? Welche Haftungsrisiken gibt es bei dem Produkt und was passiert, wenn das Produkt nicht mehr hergestellt werden kann?
  • Mitarbeiterebene: Wie viele Miterarbeitende gibt es? Welche Arbeit verrichten sie und wer ist welchem Risiko/welcher Gefährdung ausgesetzt?
  • Finanzielle Ebene: Wie ist das Unternehmen finanziell aufgestellt? Wo können plötzliche Liquiditätsengpässe auftreten und wie lange lassen sich diese ausgleichen?

Hat das Unternehmen diese Fragen geklärt, sollte es laut Eichiner einen Versicherungsexperten oder eine -expertin einladen. Idealerweise ist das ein unabhängiger Makler oder eine Maklerin, der oder die mit mehreren Versicherungen zusammenarbeitet. Mit dem Ansprechpartner oder der Ansprechpartnerin können dann die wichtigsten Versicherungstypen besprochen werden, die für das jeweilige Unternehmen in Frage kommen.

  • Die Betriebshaftpflichtversicherung ist grundsätzlich keine Pflicht, laut Eichiner sollte sie aber in keinem KMU fehlen. Sie greift immer dann, wenn durch die Firma oder durch Mitarbeitende des Betriebs Schäden entstanden sind und Schadenersatz verlangt wird.
  • Die Berufshaftpflichtversicherung wiederum ist für bestimmte Berufsgruppen zwingend vorgeschrieben, etwa für Architekten oder Ärzte. Anwälte oder Steuerberater hingegen müssen eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abschließen. Beide Versicherungsarten decken – wie die Betriebshaftpflicht – Schadenersatzansprüche ab.
  • Produkthaftpflichtversicherung: Diese Versicherung ist laut Experte Eichiner für das produzierende Gewerbe sowie Lieferanten und Lizenznehmer relevant. Sie springt ein, wenn Dritte durch fehlerhafte Produkte und Produktmängel – auch ohne eigenes Verschulden – geschädigt werden. „Wer Autos herstellt, braucht eine höhere Deckungssumme als ein Produzent von Bleistiften“, sagt der IHK-Experte.
  • Umwelthaftpflichtversicherung: Sie schützt vor Ansprüchen auf Schadensersatz nach Verunreinigungen des Bodens, der Luft und des Wassers und ist für Unternehmen relevant, die etwa mit giftigen oder umweltschädlichen Substanzen umgehen.
  • Kfz-Haftpflicht: In Deutschland ist eine Kfz-Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben. Wie hoch die Schadenabdeckung ist, hängt vom Sicherheitsbedürfnis des Unternehmens ab.
  • Gesetzliche Unfallversicherung: Diese Versicherung ist für alle Unternehmen Pflicht. Sie übernimmt die Haftpflicht des Unternehmers, wenn Arbeitnehmer bei der beruflichen Tätigkeit einen Gesundheitsschaden erleiden.
  • D & O-Versicherung: Die Directors & Officers-Versicherung ist eine besondere Berufshaftpflichtversicherung und sichert Personen in Vorstand und Geschäftsführung ab, wenn diese für einen Vermögensschaden ersatzpflichtig gemacht werden.
     

Welche sinnvollen Versicherungen gibt es noch?
 

  • Rechtsschutzversicherung: „KMU haben oft keine eigene Rechtsabteilung“, sagt der IHK-Experte. Anwaltskosten in Verbindung mit Mietproblemen, Verkehrsschäden oder Arbeitsverhältnissen können schnell teuer werden. Ab einer gewissen Unternehmensgröße lohne sich eine Rechtsschutzversicherung.

  • Cyberversicherungen: Für Eichiner ist die Cyberversicherung mittlerweile eine der wichtigsten Unternehmensversicherungen geworden. Sie übernimmt etwa die Kosten, die bei einem Cyber-Angriff durch Datenverlust, beschädigte Software, Betriebsausfall oder Reputationsschäden entstehen.
  • Elektronikversicherung: Hier werden elektronische Anlagen, die durch Brand, Blitzschlag mit Überspannungsschaden, Überschwemmung oder aufgrund falscher Bedienung beschädigt wurden, schadenseitig abgedeckt. Sie lohnt sich immer dann, wenn teure Anlangen im Unternehmen vorhanden sind.
  • Transportversicherung: Diese Versicherung sichert das Unternehmen gegen Schäden beim Warentransport ab und lohnt sich vor allem für Logistikunternehmen.
  • Einbruchdiebstahlversicherung: „Ob diese Versicherung sinnvoll ist, hängt klar von der Unternehmensart ab: Eine Bank braucht sie sicherlich, ein Taxiunternehmen vielleicht eher weniger“, sagt der IHK-Experte.
  • Warenkreditversicherung: Zahlt ein Kunde seine Rechnung nicht, springt die Warenkreditversicherung ein. Sie ist vor allem für Unternehmen mit großem Kundenstamm und vielen Geldflüssen sinnvoll.
  • Betriebsunterbrechungsversicherung: Fallen Maschinen aus oder wird der Betrieb auf andere Art und Weise lahmgelegt, kann es schnell zu finanziellen Engpässen kommen. Hier greift die Betriebsunterbrechungsversicherung, die Eichiner empfiehlt.
  • Gebäudeversicherungen: Dabei kommt es laut Eichiner darauf an, ob die Firmenräume gemietet sind oder dem Unternehmen selbst gehören. „Viele KMU mieten die Räume, da sind die meisten Gebäudeschäden über den Vermieter abgedeckt. Eigentümer sollten sich um eine gewerbliche Gebäudeversicherung kümmern.“
  • Elementarschadenversicherung: Sie ist meist ein Zusatz zur gewerblichen Gebäudeversicherung und deckt Elementarschäden – etwa nach Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Sturmfluten – ab.

Eichiners letzter Tipp: Unternehmen sollten sich immer mehrere Angebote einholen, um ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis zu schaffen.

Fazit: In einer vielfältigen Versicherungslandschaft – sowohl was die Anbieter als auch deren einzelne Policen betrifft – macht es für Unternehmen Sinn, sich zunächst darüber klar zu werden, welche betrieblichen Risiken existieren und wie relevant diese sind. Im zweiten Schritt sollte dann Rat von Außenstehenden und Expert*innen in Anspruch genommen und gemeinsam mit diesem ein maßgeschneidertes Absicherungskonzept entwickelt werden. Im Ergebnis steht eine deutliche Verbesserung des betrieblichen Risikomanagements und damit auch der Finanzierungssicherheit für das eigene Unternehmen.

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