So klappt’s mit der Unternehmensnachfolge
Viel Geld, viel Zeit und viel Leidenschaft: All das stecken Unternehmer/-innen in ihren Betrieb. Doch irgendwann naht sie, die Lebensphase, in der ein „Weiter so“ als Chef oder Chefin altersmäßig nicht mehr geht – oder man andere Prioritäten setzen möchte. Eine Unternehmensnachfolge muss her.
„Idealerweise ist das jemand aus dem familiären Umfeld“, sagt Carola Jungwirth, Beraterin und Coach für Familienunternehmen in Hamburg. Nicht zuletzt spricht dafür, dass mit einer solchen Nachfolge-Regelung das Vermögen innerhalb der Familie erhalten bleibt.
Unternehmensnachfolge in der Familie: in sich gehen und offen miteinander reden
Die wichtigste Voraussetzung, damit die Übergabe an die jüngere Generation glatt verläuft: Die Lösung müsse „von allen Beteiligten wirklich gewollt sein“, so Jungwirth. Dann gilt: Alle gehen in sich und reden danach offen miteinander.
Zu klärende Fragen:
- Die jüngere Generation in der Familie reflektiert bei sich selbst, ob sie wirklich bereit und motiviert ist, die Unternehmensnachfolge anzutreten – oder ob sie damit nur die Erwartungen ihrer Familie erfüllen möchte. Ist Letzteres der Fall, ist eine Unternehmensübernahme nicht die richtige Entscheidung.
- Ist die jüngere Generation zur Übernahme bereit, gilt es zu prüfen, ob die vorhandenen Qualifikationen ausreichen, um das Unternehmen erfolgreich zu führen. Gegebenenfalls ist es nötig, sich weitere Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen. Die jüngere und die abgebende Generation sollten dazu möglichst früh einen Karriereplan erstellen.
Kinder von Firmeninhaber/-innen kennen den Betrieb von klein auf. Viele machen sich mit einer entsprechenden Aus- und Weiterbildung fit für eine Unternehmensübernahme und sammeln nicht selten auch Erfahrungen in einem befreundeten Betrieb.
Wenn nun die familieninterne Stabsübergabe näher rückt, ist das nicht selten ein hochemotionales Thema. Dass Eltern an ihre Kinder abgeben können, ihnen die Betriebsleitung überhaupt zutrauen, ist sehr häufig der Fall – aber nicht immer, wie Tanja Kinstle, Expertin für Unternehmensnachfolge der IHK Köln sagt.
Wie eine externe Suche nach einer Unternehmensnachfolge gelingen kann
Wenn eine familieninterne Nachfolge scheitert, muss extern nach einer Person gesucht werden, die zukünftig die Geschicke des Unternehmens leiten soll. Dazu rät Tanja Kinstle: „Schauen Sie sich etwa fünf Jahre, bevor Sie sich zurückziehen möchten, um“.
Wer Ihnen bei der Suche weiterhelfen kann:
- Eigene Mitarbeiter/-innen: Sprechen Sie fachlich versierte Mitarbeiter/-innen im eigenen Betrieb an, ob diese sich die Übernahme der Firma vorstellen könnten. Sie kennen das Unternehmen und seine Belange sehr genau. Und wenn es an Kapital mangelt, um die Nachfolge anzutreten, „können öffentliche Fördermittel und Ausfallbürgschaften Finanzierungen ermöglichen“, sagt Kinstle.
- Steuerberater/-in oder Wirtschaftsprüfer/-in: Auch sie haben tagtäglich mit vielen qualifizierten Menschen zu tun – vielleicht entpuppt sich einer von ihnen perfekt für die Nachfolge.
- Zulieferer oder befreundete Mitbewerber/-innen: Sie kennen Ihr Unternehmen unter Umständen schon seit vielen Jahren – und können so einschätzen, ob sie vielleicht Personen kennen, die an einer Übernahme interessiert wären.
- Handwerkskammer/IHK: Je nach Branche ist es sinnvoll, sich auch an diese Einrichtungen zu wenden und Ihr Anliegen zu thematisieren. Werfen Sie einfach mal einen Blick auf die Internetseite der für Sie zuständigen Handwerks- oder Handelskammer.
Apropos Internet: Die Unternehmensnachfolge-Börse „nexxt“ ist eine gute Anlaufstelle für die Nachfolgesuche. Firmeninhaber/-innen, die auf der Suche nach der Unternehmensnachfolge sind, finden dort ebenso Angebote wie Existenzgründer/-innen in spe, die vorhaben, ein Unternehmen zu übernehmen.
Die richtige Wahl für die Unternehmensnachfolge treffen
Eine Interessentin oder ein Interessent meldet sich bei Ihnen? Jetzt geht es darum auszuloten, ob sie oder er tatsächlich die richtige Wahl wäre. Herausfinden lässt sich das vor allem über intensive Gespräche.
Stimmt die Chemie zwischen beiden Seiten und passen auch die fachlichen wie persönlichen Voraussetzungen des Kandidaten oder der Kandidatin, geht’s ans Eingemachte. Sprich: Sie geben Geschäftsdaten preis, damit sich Interessent*innen ein realistisches Bild von Ihrem Unternehmen machen können.
- Wichtig: „Lassen Sie Interessenten und Interessentinnen im Vorfeld unbedingt eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen“, rät Kinstle. Achten Sie darauf, dass das Dokument für den Fall der Nichtbeachtung der Vertraulichkeit ein Strafgeld und Schadenersatzzahlungen vorsieht.
Den Wert Ihres Unternehmens für die Nachfolge ermitteln
Binden Sie bei der Unternehmensnachfolge frühzeitig Profis ein. Steuerberatungen und Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen helfen Ihnen dabei herauszufinden, welchen Wert Ihr Betrieb hat. Dafür gibt es zwei mathematische Verfahren.
- Ertragswertverfahren: Bemessungsgrundlage für den Wert des Unternehmens ist der Verdienst, den Käufer/-innen mit dem Betrieb erzielen können. Dies lässt sich unter anderem mit dem Durchschnitt der Erträge vor Steuern der letzten drei Jahre und der geschätzten Erträge der kommenden drei Jahre berechnen.
- Substanzwertverfahren: Bei diesem Verfahren berechnen Sie unter anderem einzelne Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Auch stille Reserven sowie Patente gilt es richtig zu berechnen.
Im letzten Schritt geht es darum, den Kaufvertrag zu unterzeichnen. In vielen Fällen muss er notariell beurkundet werden.
Ideal ist es, wenn dann beide Seiten eine Zeitlang Hand in Hand arbeiten – so kann der/die neue Besitzer/-in den Betrieb in Ruhe kennenlernen und hat bei allen Fragen eine kompetente Ansprechperson an der Seite.