Chart of the Week | 29.03.2018

Sind Sie ein Co-Holder?

3 min Lesedauer 29.03.2018

Im Rahmen einer Umfrage der ING-DiBa in 13 europäischen Ländern sowie Australien und den USA stellte sich kürzlich heraus, dass rund ein Viertel der Befragten über keinerlei Ersparnisse verfügt. In Deutschland, dem selbstverstandenen „Land der Sparer“, lag dieser Wert sogar bei über 27 Prozent und war der zweithöchste der europäischen Umfrageländer. Andererseits achten deutsche Konsumenten auch sehr auf ihre persönliche Verschuldung: Fast 55 Prozent geben an, keine Schulden zu haben (Immobilienkredite ausgenommen); auch das ist der zweithöchste Wert und deutlich über dem europäischen Durchschnitt von rund 48 Prozent.

Deutschland- wie europaweit gibt es aber auch diejenigen Verbraucher, die sowohl über Ersparnisse verfügen als auch Kreditverpflichtungen haben. Dieses Nebeneinander, auch bekannt als „Co-Holding“, erscheint auf den ersten Blick wenig sinnvoll. Denn mit Ausnahme weniger, bereits lange laufender Sparkonten dürften die Zinssätze auf angespartes Guthaben deutlich unter denen liegen, die für die in Anspruch genommenen Kredite zu zahlen sind. Auch Kredite mit fester Laufzeit bieten oft die Möglichkeit, den vollen Darlehensbetrag oder einen Teil davon vorzeitig zurückzuzahlen – für Kreditkartenschulden oder Dispositionskredite gilt das ohnehin. Diese Konsumenten könnten also ihr Guthaben verwenden, um ihre Kredite zumindest teilweise abzulösen. Dann müssten sie zwar auf die Sparzinsen verzichten, aber gleichzeitig für den abbezahlten Betrag auch keine – höheren – Kreditzinsen mehr zahlen, und würden sich so unter dem Strich besser stellen.

Co-Holding

Unser Chart der Woche zeigt für den Durchschnitt der europäischen Umfrageländer sowie für Deutschland den Anteil der Verbraucher, die sowohl Sparguthaben als auch Schulden zu Buche stehen haben. In Deutschland sind das etwas über 22, europaweit etwa 30 Prozent. Wenig verwunderlich: Wer über hohe Ersparnisse verfügt, hat, wenn überhaupt, eher geringe bis mittlere Schulden – und umgekehrt. Die stärkste Konzentration zeigt sich bei denjenigen Konsumenten, deren Ersparnisse sich in der Größenordnung von einem bis drei monatlichen Nettogehältern bewegen – diese haben oft Schulden in ähnlicher Höhe.

Dies ist ein Hinweis auf einen durchaus sinnvollen Grund, „Co-Holding“ zu betreiben: das Vorhalten einer schnell verfügbaren Reserve. Als Faustregel dafür gelten gemeinhin rund drei Monatsnettoeinkommen. Durch die Ablösung von Krediten könnten diese Verbraucher zwar vermutlich aufgrund der Zinsdifferenz Geld sparen – sie hätten dann aber womöglich nicht mehr die Mittel, flexibel auf unvorhergesehene Ausgaben zu reagieren. Hier könnte es sinnvoll sein, die Notfallreserve anstatt als Guthaben in Form eines Kreditrahmens vorzuhalten, auf den man im Fall der Fälle zurückgreifen kann.

Aber auch Konsumenten mit vier und mehr Nettogehältern auf der hohen Kante geben durchaus an, parallel zu ihrem Sparguthaben auch Schulden zu haben – deutschlandweit sind dies etwa 10, europaweit knapp 12 Prozent der Bevölkerung. Wenn auch Sie zu den „Co-Holdern“ gehören sollten: Fragen Sie sich doch einmal, ob das in Ihrem Fall sinnvoll ist – oder ob nur Bequemlichkeit Sie davon abhält, bares Geld zu sparen. Eine bessere Geldanlage als das Abzahlen von Krediten dürfte im derzeitigen Zinsumfeld schwer zu finden sein.

 

Hohe Kante außer Reichweite: Mehr als ein Viertel der Deutschen ohne Ersparnisse