Chart of the Week | 18.05.2018

Mit einer 14.000%igen Inflation in vorgezogene Neuwahlen in Venezuela

4 min Lesedauer 18.05.2018

Eine stockende Öl-Produktion in Venezuela, eine gestiegene Nachfrage und nicht zuletzt die Aufkündigung des Iran-Deals seitens Trump letzte Woche haben die Ölpreise seit Mitte 2017 wieder nach und nach ansteigen lassen. Erstmals seit dreieinhalb Jahren ist der Preis für die Ölsorte Brent diese Woche wieder über das Niveau von 80 Dollar pro Barrel Öl geklettert.

Während sich hierzulande die Preissteigerung an der Tankstelle und beim Heizöl bemerkbar macht und dauerhaft höhere Ölpreise mittelfristig einen dämpfenden Effekt auf den heimischen Konsum und letztlich auch auf das Wachstum haben könnten, kommt der steigende Ölpreis zumindest den ölproduzierenden Staaten nicht ganz ungelegen.

 

Die starke Abhängigkeit vom Öl und die Wirtschaftsstruktur haben dem Land zugesetzt

Allen voran hat dabei Venezuela, das über die größten bekannten Ölreserven der Welt verfügt, unter dem 2014 einsetzenden Ölpreisverfall gelitten. Die starke Abhängigkeit vom Öl kombiniert mit einem hohen Grad an staatlicher Regulierung wie der Verstaatlichung des Ölkonzerns PDVSA, von Industriebetrieben, der Nahrungsmittelversorgung, einem großen staatlichen Ausgaben- und Sozialprogramm, aber auch Korruption, haben der Wirtschaft des Landes erheblich zugesetzt. Solange die Öleinnahmen sprudelten, konnte diese Struktur aufrecht erhalten werden. Doch mit dem Einsetzen des Ölpreisverfalls  wurden die Schwächen des Systems endgültig sichtbar.

 

Der Abwärtsrausch des venezolanischen Bolivar

Der Ölpreisverfall hat die Situation des Landes massiv verschlechtert, das schon vorher mit einer hohen Inflation von deutlich über 20 Prozent zu kämpfen hatte. Die Staatseinnahmen sind aufgrund fehlender Devisen, die durch die Ölexporte ins Land kamen und mit denen Produkte aus dem Ausland bezahlt werden, eingebrochen. Zunehmende Restriktionen und Kapitalkontrollen seitens der Regierung, sowie das Betätigen der Notenpresse haben diesen Prozess nicht aufhalten können, sondern vielmehr verschlimmert. Verstärkt wird das Ganze durch Wirtschafts- und Finanzsanktionen seitens der USA aufgrund von Korruptionsvorwürfen sowie durch den Ausschluss Venezuelas aus dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur.

 

Bolivar im Abwärtsrausch

War die Währung schon lange überbewertet und wurde rege auf dem Schwarzmarkt gehandelt, so hat sich über die letzten Jahre ein unglaublicher Währungsverfall eingestellt, wie unser Chart der Woche zeigt. Dem offiziellen Kurs von mittlerweile 69.913 Bolivar pro Dollar steht ein inoffizieller Kurs von 731.455 Bolivar gegenüber (2014 lag der offizielle Kurs bei 6 Bolivar, der Schwarzmarktkurs bei 64 Bolivar). Die Regierung hat die Währung mehrmals abgewertet, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Geholfen hat es nicht. Zum 4. Juni sollen zwar drei Nullen gestrichen werden, dabei handelt es sich aber ohne Verbindung mit einer Währungsreform nur um eine kosmetische Maßnahme. Um den offiziellen Kurs zu unterstützen und damit die Inflationsrate nicht noch weiter explodiert, müsste die Zentralbank eigentlich Dollar gegen Bolivar tauschen. Doch die Devisenreserven (ohne Gold) sind mit 17,6 Milliarden US-Dollar erschöpft. Auch die Einführung einer staatseigenen Kryptowährung „Petro“, die mit jeweils einem Barrel der Rohöl-Reserven des Landes besichert sein soll, hat noch nicht den gewünschten Befreiungsschlag gebracht. Vorerst wird der Schwarzmarkt aufgrund der Flucht in einen sicheren Hafen auch weiterhin boomen, da die hohe Inflation, die vom IWF für dieses Jahr auf fast 14.000 Prozent geschätzt wird, und die große wirtschaftliche und politische Unsicherheit die Nachfrage nach einer stabilen Währung anheizt. Ebenso boomen in Venezuela dezentrale Kryptowährungen wie Bitcoin, da sie sich der staatlichen Kontrolle entziehen und einen wirksameren Inflationsschutz bieten. 

 

Im Falle Venezuelas kommt der gestiegene Ölpreis zu spät

Am Sonntag finden in dem stark gebeutelten Land vorgezogene Präsidentschaftswahlen statt. Die Wiederwahl des seit 2013 amtierenden Präsidenten Nicolas Maduro scheint wahrscheinlich, ebenso weitere Sanktionen seitens der USA, die dieses Mal direkt auf Venezuelas Ölindustrie abzielen könnten, indem es US-Raffinerien verboten wird, venezolanisches Rohöl zu kaufen. Doch selbst wenn ein politischer Neuanfang gelingen sollte und das Land seine Ölproduktion, die gegenüber 2014 um 40 Prozent gefallen ist, wieder ankurbelt, sind damit die tiefgreifenden wirtschaftlichen Probleme, wie die Hyperinflation, die Miss- und Mangelwirtschaft, die sich über Jahre gebildet haben, nicht gelöst. Auch wenn der gestiegene Ölpreis ölproduzierenden Ländern hilft, kommt er im Falle Venezuelas zu spät.

 

Ganz anders sieht es mit der Inflationserwartung in der Eurozone aus