Chart of the Week | 29.06.2018

Die Geldrangliste in der Gruppenphase

4 min Lesedauer 29.06.2018

Nun ist es also soweit. Kein Autokorso, keine Feier auf der Berliner Fanmeile – stattdessen Ratlosigkeit und eine ungewisse Zukunft: Zum ersten Mal in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft fährt die deutsche Nationalmannschaft schon zum Ende der Gruppenphase nach Hause. Als Ökonomen interessiert uns bei aller Enttäuschung und Stoff für etliche Parallelen mit der deutschen Konjunktur und Politik natürlich auch die effiziente Mittelverwendung. Im Fußballkontext heißt das für uns: Wie verhält sich der Erfolg eines Teams zum Transfermarktwert der aufgebotenen Spieler? 

 

Auch in dieser Hinsicht machte das Team von Jogi Löw keine gute Figur. Denn gemessen am vierthöchsten Kaderwert des Turniers konnte man sich deutlich mehr erwarten. Der Transfermarktwert des deutschen Kaders lag rund zweieinhalb Mal so hoch wie der aller drei Gruppengegner zusammen. Nur die teuerste Mannschaft des Turniers aus Frankreich hatte auf dem Papier leichteres Spiel mit der Konkurrenz in der Gruppenphase – „Les Bleus“ wurden der Erwartungshaltung aber auch gerecht und fuhren weitgehend ungefährdet den Sieg in der Gruppe C ein.

 

Auch die anderen Gruppen hatten die eine oder andere Überraschung zu bieten – beispielsweise das schwache Abschneiden der Argentinier, die mit ziemlich genau dem doppelten Kaderwert ihrer kroatischen Kontrahenten nur mit Ach und Krach den zweiten Gruppenplatz und damit das Achtelfinale erreichten. Oder das Weiterkommen der Japaner, die in der Gruppe H deutlich günstiger bewertet waren als ihre drei Gegner. Aber nirgendwo ist das teuerste Team so unter die Räder gekommen wie in der deutschen Gruppe F. Das führte auch zu einem anderen Kuriosum – nämlich dem, dass der durchschnittliche Transfermarktwert der Gruppenletzten fast doppelt so hoch ist wie derjenige der Drittplatzierten. Ohne die Gruppe F hätte sich die „Geldrangliste“ zumindest im Durchschnitt in den Endplatzierungen wiedergespiegelt.

 

Transfermarktwert der Teams bei der Fußball-WM nach Platzierung in der Gruppenphase (in Mio. €)

Cup-o-nomics Gruppenphase
Quelle: transfermarkt.com, ING Economic & Financial Analysis

Für unseren „Preis-Leistungs-Geheimfavoriten“ Peru hingegen blieb die große Überraschung leider aus: Die günstig bewerteten Andenkicker konnten sich trotz Platz 11 in der FIFA-Weltrangliste nur gegen Australien durchsetzen und verpassten als Dritter der Gruppe C das Achtelfinale. Gruppe H war die einzige, in der die beiden teuersten Teams ausschieden – der Bewertungsunterschied der Polen und Senegalesen zum Gruppensieger Kolumbien war aber minimal. Den größten Abstand zwischen den beiden teuersten und den beiden günstigsten Teams gab es in der Gruppe G – Belgien und England konnten der Erwartungshaltung gerecht werden und standen schon vor dem letzten Gruppenspieltag als Achtelfinalteilnehmer fest. 

 

Enttäuschung hingegen in Ägypten: Die zweitteuerste Mannschaft der Gruppe A verlor sang- und klanglos alle drei Partien und blieb als eines von nur zwei Teams in der Gruppenphase ohne Punkt. Auch im letzten Gruppenspiel musste man sich trotz eines mehr als zehnmal höheren Kaderwerts den Saudis geschlagen geben. Vielleicht waren die knapp 200 Millionen Euro einfach ungünstig verteilt, denn alleine 150 davon machte der Liverpooler Mohammed Salah aus – der höchste Anteil, den bei diesem Turnier ein einzelner Spieler am Gesamtwert seines Teams einnahm.

 

Dennoch – beim Blick auf die Endergebnisse der Gruppenphase bleibt festzuhalten, dass sechs der acht teuersten Teams ihrer jeweiligen Gruppe das Achtelfinale erreichten, vier davon auf Platz 1. Unter den Teams mit dem geringsten Kaderwert ihrer Gruppe ist hingegen Japan das einzige, das einen Platz unter den letzten 16 Mannschaften ergattern konnte. Es scheint fast so, als würde Geld doch Tore schießen. Nur für das deutsche Team nicht – jedenfalls nicht in den letzten zwei Wochen. Zwar schoss die deutsche Mannschaft öfter auf das Tor des Gegners als jede andere Mannschaft, erzielte in drei Spielen mit zwei Treffern aber auch nicht mehr Tore als Panama. Da war sie wieder, die (mangelnde) Effizienz.