Reparieren oder neu kaufen?
Chart of the Week
Ökologische Nachhaltigkeit geht auf Kosten des Wirtschaftswachstums – oder umgekehrt. So zumindest die traditionelle Sichtweise. Die Idee der Kreislaufwirtschaft oder „Circular Economy“ soll helfen, sich aus diesem Dilemma zu befreien: Das Wachstum soll vom Ressourcenverbrauch so weit wie möglich abgekoppelt werden. Dabei sollen die „3R-Prinzipien“ helfen: reduce, reuse, recycle – Verbrauch reduzieren, Produkte wiederverwenden, Rohstoffe recyceln. Unter den Punkt der Wiederverwendung fällt auch die Reparatur defekter Gegenstände, die üblicherweise ressourcenschonender ausfällt als eine Neuanschaffung – und oft auch Geld spart. Doch selbst bei einer deutlichen Preisersparnis gegenüber einem Neukauf würden viele Verbraucher von einer Reparatur Abstand nehmen. Das zeigte sich im Rahmen einer ING-Umfrage in 13 europäischen Ländern sowie Australien und den USA.
Im Rahmen der Umfrage sollten die Teilnehmer unter anderem angeben, ob sie einen defekten Kühlschrank reparieren (lassen) oder durch ein neues Gerät ersetzen würden. Jeweils einem Viertel der Befragten wurde dabei vorgegeben, dass die Reparaturkosten bei 20, 40, 60 oder 80 Prozent der Anschaffungskosten eines vergleichbaren neuen Kühlschranks liegen würden. Unser Chart der Woche zeigt die Ergebnisse für Deutschland und den Durchschnitt der europäischen Umfrageländer.
Entscheidung für Reparatur eines defekten Kühlschranks oder Neuanschaffung in Abhängigkeit von den Reparaturkosten
Bei Reparaturkosten von 20 Prozent des Preises eines Neugeräts würde sich lediglich in Rumänien eine Mehrheit gegen die Reparatur und für eine Neuanschaffung entscheiden. Schon bei 40 Prozent zeigt sich aber im europäischen Durchschnitt eine klare Mehrheit für den Austausch durch ein Neugerät, während deutsche Verbraucher noch mehrheitlich die Reparatur vorziehen würden. Das trifft auch auf Österreich und Frankreich zu. In allen drei Ländern beträgt die Mehrheit für die Reparaturoption aber nur wenige Prozentpunkte. Betragen die Reparaturkosten im fiktiven Beispiel 60 Prozent der Kosten eines neuen Kühlschranks, gibt es in keinem Land der Umfrage noch eine Mehrheit für die Reparatur.
In Schweden gilt seit 2018 ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Reparaturen von Gebrauchsgegenständen. Verbraucher sollen so motiviert werden, nicht jedes defekte Gerät oder Kleidungsstück gleich durch ein neues zu ersetzen. Wenn aber selbst eine Preisdifferenz von 40 Prozent weniger als ein Drittel der Verbraucher in Europa von einer Neuanschaffung abhält, erscheint fraglich, ob das Drehen an einer vergleichsweise kleinen Stellschraube wie der Mehrwertsteuer ausreicht, um Menschen auf breiter Basis von der Kreislaufwirtschaft zu überzeugen.