Elektrisierende Preisentwicklung

Chart of the Week

4 min Lesedauer 01.10.2021

Was ist in der Regel unsichtbar, aber allgegenwärtig und in den vergangenen Monaten vor allem durch starke Preissteigerungen aufgefallen? Richtig – die Energie. Insbesondere Erdgas ist in den vergangenen Monaten knapp und teuer geworden, sodass es manch einen fröstelt, wenn an die bevorstehenden kalten Monate gedacht wird. Auch der Strompreis bleibt von der aktuellen „Gasflation“ nicht unberührt – dabei ist dieser in Deutschland bereits höher als in den anderen Ländern der Eurozone.

Im September des letzten Jahres lag der Spotpreis für eine Megawattstunde Strom an der Strombörse EPEX für Deutschland bei durchschnittlich rund 44 Euro. Zu diesem Preis wurden Stromlieferungen für den jeweiligen Folgetag gehandelt. Im September dieses Jahres lag der Preis zuletzt bei knapp 127 Euro pro Megawattstunde, die Preise haben sich innerhalb eines Jahres also fast verdreifacht. Doch wie lässt sich dieser enorme Preisanstieg erklären? Tatsächlich gibt es verschiedene Gründe, die das In-die-Höhe-Schnellen der Stromkontrakte erklären können. Zum einen ist durch die Wiedereröffnung der Wirtschaft eine starke Nachfrage entstanden, der ein knappes Angebot entgegensteht. Zum anderen war das Jahr 2021 bisher verhältnismäßig windstill, was dazu geführt hat, dass ein Mangel an erneuerbarer Energie entstanden ist.

Hinzu kommt die „Gasflation“, die die Strompreise ebenfalls nicht unberührt lässt. Die Preise für Erdgas haben sich sowohl im europäischen Durchschnitt als auch in Deutschland seit Jahresmitte ebenfalls beinahe verdreifacht. Der Grund für die Preisentwicklung ist auch hier eine hohe Nachfrage, auch aus anderen Teilen der Welt. Hinzu kommt, dass die Speicher aufgrund des langen Winters in diesem Jahr nicht so stark gefüllt sind, wie es normalerweise zu dieser Zeit der Fall ist. Die gestiegenen Gaspreise sorgen nun dafür, dass sich die Erzeugung von Strom in den Gaskraftwerken verteuert – und die gestiegenen Erzeugerpreise geben die Anbieter an die Endkunden weiter.

Einige Preisvergleichsseiten berichten bereits von Preiserhöhungen von durchschnittlich 3,7 Prozent bei den Grundversorgern. Unser Chart of the Week zeigt, dass die Strompreise in Deutschland bereits im letzten Jahr wesentlich höher lagen, als es in anderen Ländern der Fall war.

Durchschnittspreis für Strom (in Euro pro kWh) für den Haushaltsverbrauch im Jahr 2020

Der Chart zeigt den Durchschnittspreis für Strom (in Euro pro kWh) in verschiedenen Ländern der Eurozone für den Haushaltsverbrauch im Jahr 2020
Quelle: Eurostat

Rund 30 Cent pro Kilowattstunde zahlte ein mittelgroßer Haushalt in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich für Strom. Bei den niederländischen Nachbarn floss die Energie für weniger als die Hälfte aus den heimischen Steckdosen. Der aktuelle Anstieg der Großhandelspreise von Strom und Erdgas könnte nun dafür sorgen, dass die Verbraucher im kommenden Jahr noch etwas tiefer in die Tasche greifen müssen.

Der Strompreis für den Endverbraucher setzt sich in Deutschland aus verschiedenen Komponenten zusammen. Etwas mehr als 50 Prozent entfielen laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zuletzt auf staatlich veranlasste Steuern, Abgaben und Umlagen. Bei einem für 2021 durchschnittlich ermitteltem Strompreis von 31,89 Cent pro Kilowattstunde entspricht das einem Anteil von etwa 16,4 Cent. Weitere 24,5 Prozent, oder 7,8 Cent, fallen für die Nutzung der Stromnetze an. Zu guter Letzt entfällt ein Anteil von rund 24 Prozent auf die Stromerzeugung bzw. den Vertrieb des Stroms – dies ist der Anteil, den der Stromanbieter erhält. Unter diesen letzten Punkt fallen auch die Beschaffungskosten des Stroms, welche zuletzt aufgrund höherer Strompreise an der Börse und gestiegener Gaspreise deutlich zugelegt haben.

In welchem Umfang sich die gestiegenen Erzeugerpreise auf die Verbraucherpreise niederschlagen werden, bleibt weiterhin abzuwarten. Die angekündigte Senkung der EEG-Umlage, welche aktuell rund 20 Prozent des Strompreises ausmacht, dürfte den Anstieg im nächsten Jahr zumindest leicht begrenzen. Fest steht allerdings, dass die aktuelle Entwicklung die Notwendigkeit einer schnelleren Energiewende, nicht nur in Deutschland, verdeutlicht.  

Autor: Franziska Biehl