Alle Klimaziele führen nach Glasgow
Chart of the Week
Am vergangenen Sonntag startete in Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz (COP26). Sie gilt als die wichtigste seit 2015, denn es geht um nicht weniger als das Nachjustieren der auf der Pariser Klimakonferenz beschlossen Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Klimaerwärmung. Um sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Kosten des Klimawandels so gering wie möglich zu halten, bedarf es schneller Handlungen – besonders in der Energiewende.
Im Jahr 2015 einigte man sich auf der 21. UN-Klimakonferenz in Paris darauf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2 bzw. auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Mit dem so erzielten Pariser Abkommen wurde die erste verbindliche Klimaschutzvereinbarung getroffen, an der sich Stand heute beinahe 190 Vertragspartner beteiligen. Um das sogenannte 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, legten die Länder nationale Pläne vor, aus denen hervorging, wie die Reduzierung der Emissionen erfolgreich umgesetzt werden solle. Häufig kritisiert wird, dass die in den vorgelegten Plänen beschriebenen Maßnahmen nicht ausreichen, um das Ziel tatsächlich zu erreichen. Und genau aus diesem Grund ist die diesjährige Klimakonferenz, die eigentlich bereits für das vergangene Jahr angesetzt war, eine der relevantesten Zusammenkünfte seit langem. Denn alle fünf Jahre wird der Erfolg der ergriffenen Maßnahmen bewertet. Mit der COP26 passiert das nun zum ersten Mal seit der Ratifizierung des Pariser Abkommens.
Deutschland steht bei der Erreichung des jüngsten Klimaziels, die Treibhausgasemission bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, nicht so schlecht dar, wie oftmals kritisiert wird. Unser Chart of the Week zeigt, dass dieses Ziel sogar leicht übertroffen wurde. Während im Jahr 1990 rund 1,2 Millionen Kilotonnen CO2 ausgestoßen wurden, waren es im Jahr 2020 noch rund 740 Tausend Kilotonnen, was einer Reduktion um 41 Prozent entspricht. Um das nächste Ziel, nämlich die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern, müssten die Emissionen jährlich um durchschnittlich 30.249 Kilotonnen reduziert werden. In den vergangenen zehn Jahren wurden sie jährlich um durchschnittlich 15.381 Kilotonnen reduziert, in etwa die Hälfte dessen.
Treibhausgasemissionen seit 1990 pro Sektor des Klimaschutzgesetzes
Der größte Anteil der CO2-Emissionen wird von der Energiewirtschaft ausgestoßen. Im Jahr 2020 gingen 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen auf das Konto dieses Sektors, im Jahr 1990 waren es allerdings noch 37 Prozent – der Ausbau der erneuerbaren Energien mag langsam vorangehen, jedoch ist er merklich. Zugenommen hat dafür der Anteil des durch den Verkehr ausgestoßenen CO2. Im Jahr 1990 machte der Sektor noch 13 Prozent aller Emissionen aus, im Jahr 2020 waren es 20 Prozent. Hier könnte die staatliche Förderung der Elektromobilität den entscheidenden Unterschied machen – im September dieses Jahres wurden rund 60 Prozent mehr Elektrofahrzeuge neu zugelassen, als es im Vorjahresmonat der Fall war, während die Neuzulassungen von Diesel- bzw. Benzin-Fahrzeugen um 54 bzw. 41 Prozent abnahmen.
Doch nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht ist der Kampf gegen den Klimawandel und insbesondere die Energiewende ein spannendes Thema. Dass es teuer werden kann, wenn der Klimawandel nicht bekämpft wird, zeigten zuletzt Klimaökonomen des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA). Ihren Berechnungen zufolge würde das globale BIP auch bei einem mittleren Erwärmungsszenario am Ende des Jahrhunderts um 37 Prozent niedriger liegen als in einem Szenario ohne menschgemachte Erderwärmung. Eine Untersuchung des Deloitte Economics Institute kommt zu dem Ergebnis, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden 50 Jahren Schäden in Höhe von 730 Milliarden Euro und einen Verlust von 470.000 Arbeitsplätzen erleiden würde, wenn der Klimawandel nicht rechtzeitig bekämpft würde. Aber auch der Kampf gegen den Klimawandel könnte Einfluss auf makroökonomische Variablen nehmen – die Inflation könnte beispielsweise in den vor uns liegenden Jahren höher liegen. Denn um die Klimaziele zu erreichen sind weitere Investitionen nötig – ob in der Produktion, im Verkehr oder in der Energieerzeugung, es müssen neue Verfahren entwickelt und etabliert werden. Im Umkehrschluss bedeutet das: sowohl Steuern als auch Erzeugerpreise könnten steigen – und somit möglicherweise auch die Verbraucherpreise. Der Kampf gegen den Klimawandel könnte sich in den nächsten Jahren also gut als struktureller Inflationstreiber herausstellen.
Die Kosten des Klimawandels lägen allerdings vermutlich deutlich höher als die der Energiewende. Der 26. UN-Klimagipfel wird noch bis zum 12. November andauern und es bleibt abzuwarten, welche weiteren gemeinsamen Ziele besprochen oder vertraglich festgehalten werden. Fest steht, dass den Plänen Taten folgen müssen, um sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Kosten so gering wie möglich zu halten.