Die Hauspreiskorrektur nimmt Fahrt auf
Chart of the Week
Die Preise für Wohnimmobilien sind im 4. Quartal 2022 im Vergleich zum Vorquartal um 5 Prozent gefallen und waren somit zwei Quartale in Folge rückläufig. Doch nicht alle Verkäufer mussten Ihre Preisvorstellungen in gleichem Umfang nach unten korrigieren. Im Neubausegment sind die Preise weniger stark gefallen. Auch in Zukunft wird die Preiskorrektur am Wohnimmobilienmarkt in den Segmenten unterschiedlich stark ausfallen.
In den vergangenen Jahren kannten die Immobilienpreise in Deutschland nur eine Richtung: aufwärts. Im Vergleich zu 2015 stiegen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland bis zum Jahr 2021 insgesamt um knapp 55 Prozent. Doch nach Jahren des ungebrochenen Aufschwungs hat die Zinswende auch am Immobilienmarkt ihre Spuren hinterlassen. Aufgrund des Anstiegs der Zinsen für Wohnbaukredite von rund 1 Prozent zu Beginn des Jahres 2022 auf zuletzt fast 4 Prozent fiel die Nachfrage von Haushalten nach Krediten für den Immobilienkauf. In den letzten beiden Bank Lending Surveys der EZB berichtete die Mehrheit deutscher Banken von einer gesunkenen Nachfrage nach Wohnbaukrediten.
Und was ist der effektivste Hebel, um Angebot und Nachfrage zusammenzubringen? Richtig, der Preis. Es ist also wenig verwunderlich, dass Verkäufer bereits im dritten Quartal 2022 ihre Preisvorstellungen nach unten revidierten und die Immobilienpreise insgesamt um 1 Prozent niedriger lagen als noch im zweiten Quartal. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres zog die Preiskorrektur an, sodass das Minus bei 5 Prozent lag. Allerdings haben die Immobilienpreise in der zweiten Jahreshälfte 2022 nicht für alle Segmente gleichermaßen nachgegeben. Unser Chart of the Week zeigt, dass die Preiskorrektur am Wohnimmobilienmarkt hauptsächlich durch den Rückgang der Preise für Bestandsimmobilien getrieben ist.
Wohnimmobilienpreisentwicklung in Deutschland
Die Preise für Bestandsimmobilien sind im Vergleich zum Vorquartal, wie die heute veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, im vierten Quartal 2022 um 5,7 Prozent gefallen. Für Neubauten hingegen fielen sie um 0,5 Prozent, nachdem sie im dritten Quartal 2022 noch um 1,1 Prozent gestiegen waren. Auch in den kommenden Quartalen ist davon auszugehen, dass die Kluft zwischen Neubau- und Bestandspreisentwicklung weiter bestehen bleibt. Sie dürfte sich sogar noch ausweiten, was durch zwei verschiedene Treiber bedingt wird. Zum einen sind da die hohen Baukosten, die sich in den Verkaufspreisen für neue Wohnimmobilien niederschlagen. Sowohl Material- als auch Arbeitskosten sind in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen, sodass der Baukostenindex im vierten Quartal 2022 um 25 Prozent höher lag als vor der Pandemie. Zudem gab im Jahr 2022 durchschnittlich ein Drittel der Bauunternehmen an, dass ein Mangel an Arbeitskraft die Aktivität limitiere – zwischen 2015 und 2019 lag der durchschnittliche Anteil bei gerade einmal 10 Prozent der Bauunternehmen. Der Bau eines Hauses ist also nicht nur kostspieliger geworden, es gibt auch nicht genügend Personal dazu. Wir berichteten bereits im Jahr 2021 davon, dass all dies zu höheren Preisen im Neubausegment führen würde.
Im Bestand hingegen wird sich weiterhin die gesunkene Leistbarkeit von Wohnimmobilien niederschlagen. Hinzu kommt, dass für Wohnimmobilien mit schlechter Energieeffizienz mit noch größeren Preisabschlägen zu rechnen ist, als das neue Marktumfeld sowieso schon nahelegt. Einer Studie von Immobilienscout24 zufolge wurden für energieeffiziente Häuser im vergangenen Jahr um bis zu 35 Prozent höhere Preise erzielt als für unsanierte Objekte. Mehr als 80 Prozent des deutschen Wohnimmobilienbestands wurde allerdings vor 1990 errichtet. Die Kriterien für die Energieeffizienzklassen A, A+ und B erfüllen die wenigsten Immobilien dieser Baujahre. Deutsche Bestandsimmobilien dürften also weiter an Attraktivität und somit an Preissteigerungsmöglichkeiten einbüßen.
Während die Immobilienpreise im vergangenen Jahr insgesamt noch um 5,3 Prozent gestiegen sind, gehen wir in diesem Jahr davon aus, dass sie um durchschnittlich 7 Prozent fallen werden – das Wörtchen durchschnittlich spielt hierbei eine tragende Rolle. Es wird weiterhin deutliche Unterschiede zwischen der Preisentwicklung von Neu- und Bestandsbauten geben.