Schwache Investitionsaussichten trotz Transformationsbemühungen

Chart of the Week

3 min Lesedauer 28.07.2023

Was die Kreditnachfrage von Unternehmen betrifft, haben die Banken in der Eurozone seit Ende letzten Jahres nur wenig Positives zu vermelden. Zwar gibt es am Horizont einen zarten, grünen, Hoffnungsschimmer in Form von Finanzierungsbedarf für nachhaltige Investitionen, doch dieser leuchtet nicht hell genug, um für die schwierigen Rahmenbedingungen zu kompensieren.

Insbesondere seit die Europäische Zentralbank vor ziemlich genau einem Jahr den aggressivsten Zinserhöhungszyklus seit Beginn der Währungsunion eingeläutet und die Leitzinsen um inzwischen 425 Basispunkte angehoben hat, wird mit Spannung auf die Ergebnisse der quartalsweise erscheinende Bank Lending Survey, ebenfalls durchgeführt von der EZB, geschaut. Diese geben unter anderem Aufschluss über die Kreditnachfrage von Unternehmen im jeweils vergangenen Quartal sowie über die Erwartungen an die Entwicklung derselbigen in den kommenden drei Monaten.

In dieser Runde wollte die EZB von den Eurozone-Banken außerdem wissen, ob der Kampf gegen den Klimawandel oder klimabezogene Risiken, isoliert betrachtet, in den vergangenen 12 Monaten eine Änderung in der Nachfrage nach Unternehmenskrediten bewirkt haben. Unser Chart of the Week zeigt, dass die Kreditnachfrage klimafreundlicher Unternehmen oder solcher, die sich auf dem Weg zur Klimafreundlichkeit befinden, aufgrund von Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel angestiegen war.  

Auswirkungen klimabezogener Risiken und Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels auf die Kreditnachfrage von Unternehmen (Nettoanteil in %)

Der Chart zeigt die Auswirkungen klimabezogener Risiken und Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels auf die Kreditnachfrage von Unternehmen (Nettoanteil in %)
Quelle: ECB Bank Lending Survey Q2 2023

Der Bedarf nach Anlageinvestitionen und Unternehmensumstrukturierungen in Zusammenhang mit dem Klimawandel war, wie die befragten Banken der Eurozone angaben, einer der Hauptreiber für den Anstieg der durch Klimaziele motivierten Nachfrage nach Unternehmenskrediten zwischen dem 3. Quartal 2022 und dem 2. Quartal 2023. In den kommenden zwölf Monaten erwarten die befragten Banken, dass sich der durch Klimaschutzmaßnahmen getriebene Nachfrageanstieg nach Unternehmenskrediten für klimafreundliche Unternehmen fortsetzen wird. Weniger klimafreundliche Unternehmen hingegen fragten aufgrund von Klimarisiken bereits in den letzten 12 Monaten weniger Kredite nach und die Banken im Euroraum gehen davon aus, dass dies auch in den kommenden 12 Monaten der Fall sein wird.

Die übrigen Ergebnisse der Bank Lending Survey zeigen allerdings, dass der, für sich betrachtet, insgesamt stimulierende Effekt der Klimaschutzmaßnahmen auf die Kreditnachfrage von Unternehmen nicht groß genug war, um die ansonsten schwierigen Rahmenbedingungen zu kompensieren. Zu schwer wirken das hohe Zinsniveau und ein geringer Bedarf nach Anlageinvestitionen. Rückblickend auf das zweite Quartal gaben mehr Banken als jemals seit Beginn der Umfrage im Jahr 2003 an, dass die Kreditnachfrage von Unternehmen insgesamt rückläufig war. Der negative Trend, der bereits im vierten Quartal 2022 eingesetzt hatte, setzte sich somit nicht nur fort sondern beschleunigte sich deutlich. Besonders stark sank erneut die Nachfrage nach langfristigen Krediten, was für die Investitionsaktivität der Zukunft nichts Gutes verspricht.

Die Ergebnisse der aktuellen Bank Lending Survey zeigen, dass die Transformation der Wirtschaft viel Investitionspotenzial bietet. Was sie allerdings noch deutlicher zeigen, ist, dass die geldpolitische Transmission bereits signifikant auf den Kreditkanal zu wirken scheint, was im weiteren Jahresverlauf in insgesamt schwächerer Investitionsaktivität resultieren dürfte. Die ohnehin bereits stagnierende Eurozone-Wirtschaft wird dadurch noch zusätzlich geschwächt werden.  

Autor: Franziska Biehl