Was hoch steigt, wird tief fallen

Chart of the Week

3 min Lesedauer 25.08.2023

Die Preise sinken! Wovon die Verbraucher spätestens seit Ende 2021 träumen, ist für die Einkäufer gewerblicher Produkte nun Realität: Um 6 Prozent sanken die Erzeugerpreise in Deutschland um Juli 2023, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Allerdings waren zuvor auch deutlich höhere Preissteigerungsraten verzeichnet worden als bei den Verbraucherpreisen: Fast 46 Prozent waren es im August und September letzten Jahres gewesen. Wenig später erreichte dann auch die Verbraucherpreisinflation ihre Höchstwerte von je 8,8 Prozent im Oktober und November gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat.

Der Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte stellt die Preisentwicklung „ab Fabriktor“ für Produkte aus Bergbau, Verarbeitendem Gewerbe sowie Energie- und Wasserwirtschaft dar. Üblicherweise schwanken diese Preise stärker als diejenigen, die die Verbraucher beim Einkauf zahlen – unter anderem deshalb, weil der Einzelhandel bemüht ist, Schwankungen der Erzeugerpreise in seiner Kalkulation auszugleichen, um den Endkunden stabilere Preise präsentieren zu können. Auch negative Steigerungsraten, die beim Verbraucherpreisindex nur selten vorkommen, sind bei den Erzeugerpreisen keine Rarität.

Da die Erzeugerpreise die Preisentwicklung in einem frühen Stadium des Produktionsprozesses darstellen, gelten sie außerdem als Vorbote für die Verbraucherpreisinflation. Das ist auch an unserem Chart der Woche abzulesen, der den Verlauf der Veränderungsrate zum Vorjahresmonat sowohl für Verbraucher- wie auch für Erzeugerpreise zeigt.

Verbraucher- und Erzeugerpreise seit Anfang 2021 (Veränderung zum Vorjahresmonat in Prozent)

Der Chart zeigt für jeden Monat seit Anfang 2021 die Entwicklung von Verbraucher- und Erzeugerpreisindex im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat.
Quelle: Statistisches Bundesamt

Bereits seit Anfang 2021 waren Erzeuger- und Verbraucherpreise im Gleichschritt angestiegen – so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Wie aber an den Achsenbeschriftungen zu erkennen ist, kletterten die Erzeugerpreise im Zeitraum bis Mitte 2022 tatsächlich rund fünfmal so schnell wie die Verbraucherpreise. Deren Entwicklung von unter auf knapp über 2 Prozent war bis Mitte 2021 weithin noch als Normalisierung nach einer langen Phase niedriger Inflation gesehen worden.

Bereits seit dem Herbst letzten Jahres hat sich allerdings der Anstieg der Erzeugerpreise rapide verlangsamt, bis jetzt sogar der negative Bereich erreicht wurde und die Erzeugerpreise wieder sanken. Dafür waren insbesondere Preisrückgänge im Bereich Energie verantwortlich – vor allem gestiegene Energiepreise im Nachgang des russischen Angriffs auf die Ukraine hatten umgekehrt auch den vorherigen Anstieg befeuert.

Die Verbraucherpreisinflation erwies sich als hartnäckiger und begann erst Anfang 2023 zurückzugehen. Dieser Rückgang hat derzeit außerdem eine Pause eingelegt: Unter anderem weil Mobilität im Sommer 2022 durch Tankrabatt und 9-Euro-Ticket künstlich verbilligt wurde, geht die Preissteigerung nun langsamer zurück, als wenn man den Vergleich zu dem höheren Preisniveau ziehen würde, das letztes Jahr ohne diese Maßnahmen geherrscht hätte. Angesichts der aktuellen Entwicklung bei den Erzeugerpreisen sollte die Verbraucherpreisinflation aber nach dem Auslaufen dieses Basiseffekts wieder Tempo nach unten aufnehmen.

Autor: Sebastian Franke