Geballte Wirtschaftskraft aus Asien-Pazifik

Chart of the Week

4 min Lesedauer 10.11.2023

Der 30. Geburtstag ist etwas ganz Besonderes, markiert er den Umbruch zwischen Jung und Alt. Während sich die einen vor dem Meilensteinjahr fürchten, freuen sich die anderen auf den Eintritt in ein weises, verantwortungsbewusstes und reifes Leben. Nächste Woche wird auf der internationalen Bühne dieser Meilenstein in San Francisco gefeiert, steht doch das 30. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft, APEC (Asia-Pacific Economic Cooperation), an. Ein wenig Kopfzerbrechen dürfte der Jahrestag der APEC angesichts der zahlreichen Krisenherde – auch unter den eigenen Mitgliedern – jedoch schon bereiten, auch wenn die Wirtschaftsgemeinschaft seit ihrer Gründung beeindruckende Zahlen vorweisen kann.

Gegründet 1989 in Canberra von 12 Ländern des asiatisch-pazifischen Raums (u.a. Australien, Indonesien, Japan, Südkorea, Kanada, USA), ist das Wirtschaftsforum mit u.a. China, Mexiko, Russland und Vietnam mittlerweile auf 21 Mitglieder angewachsen. Ziel der APEC ist es, die Wirtschaftspolitik im asiatisch-pazifischen Raum voranzutreiben und freien Handel und Investitionen zu fördern. Und das auf Grundlage von offenen Dialogen, Verpflichtungen auf freiwilliger Basis und Konsensentscheidungen. So lag die Summe der seit 1990 unterzeichneten und in Kraft getretenen Handelsabkommen innerhalb der APEC im Jahr 2020 bei 69 Stück. Zusammen entfallen 37 Prozent der Weltbevölkerung, 49 Prozent des Welthandels und 61 Prozent des BIP auf die 21 Mitglieder. Im Vergleich zu 1998, der letztmaligen Aufnahme neuer Mitglieder, eine Steigerung des Anteils am Welthandel um 4,6 Prozentpunkte und des BIP-Anteils um 5,4 Prozentpunkte.

Vor allem dient das Forum aber mittlerweile als Bühne der wirtschaftlichen Schwergewichte USA und China. US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jingping treffen das erste Mal seit einem Jahr wieder in Person aufeinander. Genug Gesprächsstoff wird es aufgrund der anhaltenden Spannungen und gegenseiteigen Wirtschafts- und Handelsrestriktionen der beiden Länder geben. Aber die USA haben auch ein Interesse daran, die anderen APEC-Mitglieder zu hofieren, ist es doch Ziel der USA, die Unabhängigkeit des asiatischen Wirtschaftsraums von China voranzutreiben (und gleichzeitig die engere Bindung an die USA). Denn das China für zahlreiche Staaten im asiatisch-pazifischen Raum einer der wichtigsten Handelspartner ist, zeigt unser Chart der Woche.

Handelsbeziehungen der APEC-Mitglieder zu APEC-Mitglied China

Import- und Exportanteil in % der jeweiligen gesamten Im- und Exporte (2022)

Der Chart zeigt die Handelsbeziehungen der APEC-Mitglieder zu China
Quelle: LSEG Datastream, ING Economic & Financial Analysis. Keine Daten zu Taiwan verfügbar

Der Großteil der APEC-Mitglieder bezieht mehr als 20% seiner Importe aus China. Bis auf Mexiko, die USA und Kanada gehen auch deutlich mehr als 10% der weltweiten Exporte der jeweiligen Staaten ins Reich der Mitte. Auch wenn von zahlreichen westlichen Stimmen mehr Entflechtung gewünscht wird: die Realität sieht (noch) anders aus.

Unter anderem soll ein neues Handelsabkommen, das IPEF (Indo-Pacific Economic Framework), zwischen den USA und 12 APEC-Mitgliedern plus Indien und Fiji, Abhilfe schaffen. Statt Zollsenkungen und verbesserten Marktzugängen sollen gemeinsame Lieferketten, nachhaltige Energie als auch bessere Arbeits-, Umwelt-, regulatorische Standards sowie eine stärkere Digitalisierung die Wirtschaftsnationen zusammenbringen. Doch ein fertiges Abkommen bis zur gesetzten Deadline, dem APEC-Treffen nächste Woche, zu erzielen, wird noch ein gutes Stück Arbeit. Zumindest ist dieses Handelsabkommen noch nicht gescheitert. Im Gegensatz zu verschiedenen Handelsgesprächen der EU. Denn vor dem Hintergrund globaler Spannungen und einer potenziellen Neuausrichtung internationaler Handelsbeziehungen glänzt Europa gerade nicht damit, dass in den vergangenen Wochen Handelsgespräche mit gleich zwei APEC-Mitgliedern gescheitert sind: einmal ein Handelsabkommen zwischen der EU und Australien und zwischen der EU und den USA über die Aussetzung der amerikanischen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium.

Ob die APEC da nächste Woche besser abschneidet? Die Zusammensetzung des Forums mit u.a. den USA, China, Russland, Hongkong und Taiwan macht es nicht gerade einfach, greifbare Ergebnisse beim gleichzeitigen Wunsch nach Konsensentscheidungen zu erzielen. In Erinnerung bleibt ein 30. Geburtstag in der Regel aber schon. Fragt sich nur ob als episches Ereignis oder verkatertes Erwachen.  

Autor: Inga Fechner