Wechsel an der Spitze: China ist nicht mehr Deutschlands wichtigster Handelspartner

Chart of the Week

3 min Lesedauer 24.05.2024

Die USA haben China als Deutschlands wichtigsten Handelspartner abgelöst, und das auf Quartalsbasis gesehen schon das dritte Mal in Folge. Seit dem dritten Quartal 2023 liegt der Außenhandel – die gesamten Exporte und Importe – mit den USA leicht über dem Gesamthandel mit China. Auf das Gesamtjahr 2023 gesehen war China noch Deutschlands wichtigster Handelspartner, wenn auch der Abstand zu den USA nur noch 1,9 Milliarden Euro betrug. Im Jahr davor waren es noch 50 Milliarden Euro. Quartalsweiser Einbruch oder neuer Trend?

2015 ist China erstmalig Deutschlands wichtigster Handelspartner geworden und hat diesen Platz seitdem gegen die USA, die Niederlande und Frankreich verteidigt, wie unser Chart der Woche zeigt. Dass der Außenhandel mit China nun schwächelt, ist einerseits zyklisch bedingt, andererseits aber auch strukturell. Die nach wie vor schwache Binnennachfrage führt zu weniger Importen aus China, während gleichzeitig der durch Handelsstreitigkeiten, Corona, und Geopolitik verstärkte Diversifizierungsprozess dazu führt, dass China weniger Waren aus Deutschland nachfragt.

Entwicklung des Außenhandels (Summe der Exporte und Importe) mit Deutschlands wichtigsten Handelspartnern

Quartalsdaten, Milliarden Euro

Der Chart zeigt die Entwicklung des Außenhandels (Summe der Exporte und Importe) mit Deutschlands wichtigsten Handelspartnern
Quelle: LSEG Datastream, ING

Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Denn die Volksrepublik China bleibt immens wichtig für Deutschlands Wirtschaft. Der elementare Unterschied zwischen dem Handelsprofil Deutschlands mit den USA und China ist, dass die USA Deutschlands wichtigstes Abnehmerland sind, während China Deutschlands wichtigster Importpartner ist. So wies Deutschlands Außenhandel im Jahr 2023 mit den USA einen Exportüberschuss in Höhe von 63 Milliarden Euro aus, während mit China ein Importüberschuss von in Höhe von 60 Milliarden Euro anfiel. Und gerade in einigen wichtigen Bereichen, die für die Energiewende entscheidend sind, kommt der Löwenanteil aus dem Reich der Mitte, wie das Statistische Bundesamt ausweist. So stammen wertmäßig z.B. 85,4 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaik-Anlagen und 45,4 Prozent der Lithium-Ionen-Akkus aus China. Als Abnehmerland ist China wiederum vor allem für den deutschen Fahrzeugbau wichtig.  

Und hier lässt das angespannte Verhältnis zwischen den USA und China, aber auch zwischen der EU und China, die Aussichten auf ein entspanntes Handelsverhältnis in den nächsten Jahren schrumpfen. Während die USA bereits eine neue Zollrunde mit China eingeläutet haben, in der die ersten Zollerhöhungen unter anderem auf chinesische Elektroautos von 25 Prozent auf 100 Prozent ab dem 1. August in Kraft treten, steht die Untersuchung der EU bezüglich möglicher Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Elektroautos noch aus. China hat wiederum verlauten lassen, dass im Fall von Zöllen seitens der EU ebenfalls Zölle auf importierte Fahrzeuge aus der EU nach China erhoben werden. Für das deutsche Wirtschaftswachstum, das im 1. Quartal dieses Jahres mit einem Plus von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal die anhaltende Stagnationsphase endlich hinter sich gelassen hat, auch dank eines positiven Impulses vom Außenhandel, sind das keine guten Aussichten. Denn die am Handelsstreit direkt beteiligten Parteien profitieren in der kurzen Frist nicht von gegenseitigen Zollerhöhungen. Angesichts der nach wie vor langen Liste an hausgemachten und externen Problemen wird der Aufschwung gedämpft bleiben, sodass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr um 0,3 Prozent wachsen dürfte.

 

Um aktuelle Handelsverflechtungen geht's auch in unserem Podcast: Handel im Wandel – Deutschlands Außenhandel auf dem Prüfstand

 

Autor: Inga Fechner