Weniger Russland, Brasilien und China, dafür mehr Großbritannien, Indien und USA

Chart of the Week

2 min Lesedauer 26.07.2024

Die jüngsten Überprüfungen geltender Zölle auf unterschiedlichste Importprodukte auf der Welt und die bereits bekannt gegebenen Erhöhungen beispielsweise seitens der USA auf chinesische Elektroautos fachen die Debatte über eine De-Globalisierung der Weltwirtschaft wieder an. Auch der Präsidentschaftswahlkampf in den USA trägt nicht zur Entspannung an der Handelsfront bei. Doch trotz all der Veränderungen und dem verstärkten Fokus zahlreicher Länder auf Selbstversorgungsmöglichkeiten in kritischen Bereichen, sprechen die Fakten nicht für eine De-Globalisierung, sondern für sich ständig verändernden Lieferketten.

Dass sich Handelsbeziehungen stetig verändern, zeigt unser Chart der Woche: So sank die Handelsabhängigkeit Russlands, Brasiliens und Chinas von der EU im letzten Jahr laut UNCTAD-Daten und stieg dagegen in Großbritannien, Indien und den USA. China wiederum scheint die sinkende Handelsabhängigkeit Russlands und Brasiliens von der EU zumindest teilweise aufgefangen zu haben, stieg doch im gleichen Zeitraum die Abhängigkeit dieser beider Länder mit China, aber auch diejenige Vietnams und Indiens. Dagegen sank sie in den Philippinen, den USA und Südkorea. Weniger abhängig von den USA wiederum waren 2023 gegenüber 2022 Brasilien und China, dafür stieg die Abhängigkeit von den USA in Japan, Korea und Malaysien.

Globale Verflechtungstrends - zunehmende und abnehmende Handelsabhängigkeiten

(%-Veränderung ggü. dem Vorjahr)

Globale Verflechtungstrends - zunehmende und abnehmende Handelsabhängigkeiten
Quelle: UNCTAD-Schätzungen auf der Grundlage nationaler Statistiken, ING

Die Abhängigkeit einer Volkswirtschaft von einer anderen wird dabei als das Verhältnis zwischen ihrem bilateralen Handel und dem gesamten Handel der abhängigen Volkswirtschaft berechnet.

Lieferketten verändern sich ständig. Obwohl die jüngsten globalen Ereignisse den Wunsch nach mehr Autarkie, den Trend zum „Friendshoring“ und das Überdenken von Geschäftsbeziehungen zeitweise gefördert haben, wurden Handelsströme umgelenkt, aber nicht zerstört. Zugegebenermaßen sind die Aussichten auf eine Entspannung globaler Handelspraktiken in den nächsten Jahren zwar nicht rosig. So besteht beispielsweise das Risiko, dass die USA nach einem Wahlsieg Trumps höhere pauschale Zölle in Höhe von 10 %, bzw. 60 % auf chinesische Waren, erheben. Profiteure wird es aber auch hier geben. Und Handelsströme einmal mehr neue Wege finden.

Autor: Inga Fechner