Handelspolitik unter Trump: Wie schnell kommen die Zollerhöhungen?
Chart of the Week
Die wohl spannendste und am meisten erwartete Woche des Jahres geht zu Ende und das mit einem ordentlichen Knall. Nicht nur ist Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA gewählt worden und wird am 20. Januar für die nächsten vier Jahre ins Weiße Haus einziehen. Sondern auch die Ampel-Koalition ist Geschichte, vorgezogene Wahlen im nächsten Jahr sind damit sehr wahrscheinlich. Doch die politische Unsicherheit in Deutschland kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn mit Präsident Trump im Weißen Haus dürfte es an der Handels- und Zollfront ungemütlich werden. Etwas Zeit bleibt der deutschen Politiklandschaft jedoch noch, sich wieder zusammenzufinden. Denn ganz so schnell treten Zolländerungen dann doch nicht in Kraft.
Zolländerungen: Warum die Umsetzung Zeit braucht
Zumindest zeigt sich beim Blick auf die Zollerhebungen der letzten Jahre, dass wir uns nicht von heute auf morgen mit höheren Zöllen auseinandersetzen müssen. Zwar könnte Präsident Trump theoretisch direkt am Tag seiner Amtseinführung neue Zölle ankündigen, zwischen Beschwerde/offiziellem Antrag und tatsächlichem Inkrafttreten der Zölle dürfte aber in etwa ein Jahr vergehen. Denn auch ein Präsident Trump hat sich an den offiziellen Prozess zu halten, der beinhaltet, dass der Handelsbeauftragte der USA (USTR) eine Untersuchung durchführt, um festzustellen, ob die Handelspraktiken eines Landes unlauter sind, den US-Handel belasten oder einschränken. Und so eine Untersuchung dauert dann doch ein paar Monate, da sie
- Das Sammeln von Beweisen,
- Konsultationen, öffentliche Stellungnahmen und Anhörungen,
- sowie Analyse und Feststellung
beinhaltet. Ein Verfahren kann dabei durch eine Petition oder vom Handelsbüro selbst eingeleitet werden. Bei den „Section 301“-Zöllen, die unter anderem gegen chinesische Einfuhren erhoben wurden, prüft die Behörde innerhalb von 45 Tagen nach Antragseingang die Vorwürfe und entscheidet, ob eine Untersuchung eingeleitet wird. Nach Einleitung der Untersuchung muss der USTR Konsultationen mit der ausländischen Regierung beantragen. Betrifft die Untersuchung ein Handelsabkommen und wird keine einvernehmliche Lösung erreicht, muss der USTR ein förmliches Streitbeilegungsverfahren im Rahmen des geltenden Handelsabkommens (WTO oder ein potenzielles Freihandelsabkommen der USA) einleiten. Findet der USTR Beweise für unlautere Handelspraktiken, entscheidet der USTR, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden (gegebenenfalls auf Anweisung des Präsidenten). In Fällen, die keine Handelsabkommen betreffen, muss der USTR seine Feststellungen innerhalb von 12 Monaten nach Beginn der Untersuchung treffen. Werden Vergeltungsmaßnahmen beschlossen, müssen diese dann innerhalb von 30 Tagen umgesetzt werden, wobei Ausnahmen möglich sind.
Etwa ein Jahr bis zur Umsetzung
So dauerte es bei der Umsetzung der Zölle unter Trump etwa ein Jahr, bis die neuen Zölle in Kraft traten:
- Abschnitt 201 Zölle: April 2017 bis Februar 2018
- Abschnitt 232 Zölle: April 2017 bis März 2018
- Abschnitt 301 Zölle: August 2017 bis Juli 2018
Unter Abschnitt 122 und Abschnitt 338 könnten Zölle zwar theoretisch ziemlich direkt eingeführt werden, dann jedoch nur für 150 Tage, bzw. nur auf Produkte, die die USA zugunsten eines anderen Landes diskriminieren – was bei WTO-Mitgliedern, die 98% des Welthandels umfassen, nicht der Fall sein sollte.
Frontloading als Reaktion auf drohende Zollerhöhungen: Ein Blick auf die Handelsdynamik 2025 und 2026
Dass Trump vorhat, zusätzliche Zölle zu erheben, sollte jedem klar sein. Übrigens wurden die Zölle, die 2018 unter Präsident Trump eingeführt wurden, unter Präsident Biden beibehalten und sogar ausgeweitet. Unter Präsident Trump dürften zumindest Untersuchungen auf weitere chinesische Importe und generell auf Importe eingeleitet werden – auch wenn es je nach Verhandlungsmaße der Gegenseite dann letztlich doch auch Spielraum gibt, was die zahlreichen Ausnahmen von den Zöllen der letzten Jahre belegen. In jedem Fall gehen wir davon aus, dass weiteres Frontloading, d.h. frühzeitiges, bzw. vorgezogenes Bestellen von Waren, mindestens bis zum Ende des ersten Quartals 2025 praktiziert wird und sich so lange fortsetzt, bis die Zölle in Kraft treten. Somit könnte der globale Warenhandel im Jahr 2025 besser abschneiden als im Jahr 2026, da Vorzieh-Effekte die Zahlen für 2025 in die Höhe treiben dürften. Die Eskalation in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China Ende 2018 und im Jahr 2019 hat den Warenhandel zwar stark beeinträchtigt, die Auswirkungen in den Welthandels-Zahlen machten sich jedoch erst richtig im Jahr 2019 bemerkbar, wie unser Chart der Woche zeigt. Zu diesem Zeitpunkt stiegen die Zölle auf chinesische Ausfuhren in die USA im Wert von 200 Mrd. Dollar von 10% auf 25%. Ab September 2019 wurden zusätzlich noch Waren im Wert von 112 Mrd. Dollar mit einem 15%igen Zoll belegt und China antwortete mit Gegenmaßnahmen.
Entwicklung des Welthandels durch den Handelsstreit zwischen den USA und China
(%-Veränderung ggü. dem Vorjahr)
Wenn wir dieses Mal von einer ähnlichen Entwicklung ausgehen, d.h. die angekündigten Zollerhöhungen treten im 4. Quartal 2025 oder im 1. Quartal 2026 in Kraft, bedeutet das, dass wir 2025 eine relativ starke Performance im globalen Warenhandel sehen dürften, die dann aber 2026 in einem heftigen Rückgang mündet, da die betroffenen Länder auf breiter Front Gegenmaßnahmen ergreifen werden.
Ungeachtet der spezifischen Zölle bedeutet das, dass die weltweite Verschärfung handelspolitischer und protektionistischer Maßnahmen das globale Handelsklima weiter belasten wird.