Kann die „Weihnachtsmannflation“ das Weihnachtsgeschäft retten?

Chart of the Week

5 min Lesedauer 20.12.2024

Genug der muffligen Weihnachtsgrüße, in diesem Jahr ist es endlich mal wieder Zeit für gute Stimmung unterm Weihnachtsbaum! It’s the most wonderful time of the year, und das dürfte auch der Weihnachtsmann selbst in diesem Jahr mal wieder so sehen. Diese Weihnachten muss er nämlich weniger tief in die Taschen greifen, um den Geschenkesack voll zu machen, als vergangenes Jahr. Doch wo die einen fröhliche Weihnachtslieder anstimmen, ist ein gewisser grüner Griesgram, der Weihnachten zu stehlen versucht, nicht weit – kann die „Weihnachtsmannflation“ in diesem Jahr dennoch das Weihnachtsgeschäft retten?  

In jedem Monat schätzen die statistischen Ämter die durchschnittliche Preisentwicklung eines Warenkorbs, der verschiedene von Haushalten gekaufte Güter oder in Anspruch genommene Dienstleistungen beinhaltet. Je nachdem welcher durchschnittliche Anteil der gesamten Konsumausgaben auf ein Gut oder eine Dienstleistung entfällt, liegt das entsprechende Gewicht im Warenkorb höher oder weniger hoch. Dabei kann die persönliche Inflation eines jeden einzelnen allerdings ganz unterschiedlich ausfallen – denn nicht in jedem Haushalt entfallen monatlich knapp 12 Prozent der Konsumausgaben auf Lebensmittel, rund 5 Prozent auf Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen oder 7 Prozent auf Möbel und Haushaltszubehör.

Insbesondere für einen bestimmten Haushalt dürfte der Warenkorb, an dem die deutsche Gesamtinflation berechnet wird, nicht sonderlich repräsentativ sein. Bei Familie Claus wird nämlich nur einmal im Jahr Geld ausgegeben – dann aber so richtig. Und ho, ho, ho, es gibt gute Neuigkeiten zum Fest! Unser Chart of the Week zeigt, dass die „Weihnachtsmannflation“, also die jährliche Preissteigerung des Warenkorbs des Weihnachtsmannes, der sich in jedem Jahr aus den prozentualen Ausgaben pro Geschenkkategorie am gesamten Weihnachtsbudget zusammensetzt, in diesem Jahr nicht nur niedriger als die deutsche Gesamtinflation, sondern sogar negativ ausfällt. Für Familie Claus wird es in diesem Jahr also günstiger, den Schlitten mit Geschenken zu beladen, als noch im vergangenen Jahr.

„Weihnachtsmannflation“ und Gesamtinflation

(Preisentwicklung Durchschnitt Oktober/November im Vergleich zum Vorjahr)

Der Chart zeigt die „Weihnachtsmannflation“ und die Gesamtinflation, gemessen an der durchschnittlichen Preisentwicklung im Oktober/November im Vergleich zum Vorjahr
Quelle: Destatis; EY; ING-Berechnungen

Im Durchschnitt planen die Deutschen in diesem Jahr 265 Euro für Weihnachtsgeschenke auszugeben. Das sind zwar 15 Euro mehr als noch im vergangenen Jahr, von den rund 280 Euro, die zwischen 2018 und 2020 ihren Weg unter den Weihnachtsbaum gefunden haben, sind wir allerdings trotzdem noch weit entfernt. Was sich über die Zeit auch verändert hat, ist die Höhe der Ausgaben für einzelne Geschenkkategorien. Entfielen im Jahr 2016 noch rund 26 Prozent des Geschenkebudgets von damals 266 Euro auf Gutscheine und Geldgeschenke, sind es der Weihnachts-Umfrage von EY zufolge in diesem Jahr nur noch 22 Prozent. Der durchschnittliche Schenker scheint wohl in den vergangenen Jahren an Rationalität eingebüßt zu haben. Schließlich sind Geldgeschenke und Gutscheine bekanntermaßen die einzigen ökonomisch einigermaßen sinnvollen Geschenke. Naja, sei’s drum, es geht in diesem Jahr schließlich um gute Stimmung unterm Baum. Deutlich gestiegen ist der Anteil, der durchschnittlich für Spielwaren ausgegeben wird. In diesem Jahr planen die Deutschen durchschnittlich 36 Euro bzw. 14 Prozent für diese Kategorie auszugeben, nach noch 9 Prozent im Jahr 2016. Außerdem landen im weihnachtlichen Warenkorb noch Lebensmittel, Kleidung, Bücher, Schmuck, Kosmetika, Reisen, Veranstaltungsbesuche sowie die verschiedensten elektronischen Geräte und Applikationen.

Der Blick auf den Durchschnitt der entsprechenden Verbraucherpreisindizes der Monate Oktober und November, dem Zeitpunkt, zu dem immerhin rund 30 Prozent der Deutschen ihre Weihnachtseinkäufe erledigen, ermöglicht es zu beurteilen, ob der Weihnachtsmann in einem Jahr tiefer in die Taschen greifen muss, um die Weihnachtswünsche zu erfüllen, oder ob mit dem zur Verfügung gestellten Budget mehr Geschenke drin sind als im Vorjahr.

Und tatsächlich liegt die „Weihnachtsmannflation“ in diesem Jahr bei -1,4 Prozent, während die Gesamtinflation im gleichen Zeitraum bei 2,1 Prozent lag. Dass es zwischen Gesamt- und „Weihnachtsmannflation“ in den vergangenen Jahren einen so großen Unterschied gab, liegt zum einen an der Zusammensetzung des Warenkorbs, zum anderen daran, was auf den Wunschzetteln landet. Energie gehört zum Beispiel zwar nicht zu den Top-Weihnachtsgeschenken, war zeitgleich aber ein großer Treiber der Gesamtinflation der vergangenen 4 Jahre. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung.

Trotz negativer „Weihnachtsmannflation“ sowie höherem Geschenkebudget bleiben die Aussichten fürs Weihnachtsgeschäft allerdings relativ moderat. Der Handelsverband Deutschland rechnet für die Monate November und Dezember mit einem nominalen Umsatzplus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Grund für die anhaltende Kaufzurückhaltung sind Unsicherheit und Dauerkrise. Auch wenn wir uns wirklich bemühen, es sind einfach schwierige Zeiten, um den Grinch komplett loszuwerden.

Ein Grund mehr, um sich in den vor uns liegenden Tagen darauf zu besinnen, was wirklich zählt. Nicht die Geschenke unterm Baum, sondern wer mit unterm Baum oder rund um den Tisch sitzt. Auch wir lassen für die kommenden zwei Wochen Volkswirtschaftslehre Volkswirtschaftslehre sein und konzentrieren uns auf den wahren Zauber von Weihnachten. Und selbst für uns Ökonomen hat der weniger mit „Weihnachtsmannflation“ oder sonstigen Daten, Zahlen und Fakten zu tun, als man vermuten könnte.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Liebsten erholsame Feiertage und hoffen, dass Sie gut in das Jahr 2025 starten werden.

Autor: Franziska Biehl