Die Uhr tickt für die Schifffahrtsindustrie
Chart of the Week
Fahrverbote, das Umschwenken auf Elektroautos, bröckelnder Absatz in China – um die Automobilindustrie könnte es derzeit besser bestellt sein. Doch wer denkt, der Autoindustrie stehen harte Zeiten bevor, der sollte einmal einen Blick auf die Schifffahrtsindustrie werfen.
Denn hier geht es bereits ab dem 01. Januar 2020 rund: Ab diesem Datum dürfen Schiffe – große ebenso wie kleine, die außerhalb von Emissions-Kontrollzonen operieren – nur noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von maximal 0,5 Prozent verwenden. Bis dato ist ein maximaler Schwefelgehalt von 3,5 Prozent erlaubt, der weltweite Durchschnitt liegt derzeit bei 2,5 Prozent. Diese Regulierung, die unter dem Namen „IMO2020“ (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) läuft, soll die durch die Schifffahrt verursachte Luft- und Meeresverschmutzung verringern. Schwefeloxide verursachen neben Atemwegsbeschwerden sauren Regen, der Wälder schädigt und zur Versauerung der Ozeane beiträgt. Für Schiffe, die in den Emissions-Kontrollzonen Nord- und Ostsee, nordamerikanische und US-karibische Küstenregion fahren, gelten bereits seit 01. Januar 2015 strikte Regeln, hier darf der Schwefelanteil im Schiffstreibstoff maximal 0,1 Prozent betragen.
Um die “IMO2020”-Vorschrift zu erfüllen, kann entweder der nachhaltigere, aber teurere Kraftstoff verbrannt, eine Abgasreinigungsanlage installiert oder Schiffe mit verflüssigten Erdgas- (LNG) Motoren nachgerüstet werden. Doch nicht bei jedem Schiff ist dies möglich. Bei Nichteinhaltung der neuen Vorschriften ist eine Sanktionsregelung jedoch jedem Mitgliedsstaat selbst überlassen.
Doch egal für welchen Weg sich Verlader und Reedereien entscheiden, es wird auf jeden Fall teurer. Schätzungen zufolge könnten sich die weltweiten Mehrkosten für Treibstoff in den ersten Jahren auf bis zu 60 Milliarden Dollar jährlich belaufen. Und das dürfte sich auch auf den internationalen Handel auswirken, werden laut IMO doch 90 Prozent aller Güter auf dem Seeweg transportiert.
Weltweites Handelsvolumen
Handelsspannungen zwischen China und den USA, Brexit und eine generellen Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums belastet bereits jetzt den weltweiten Handel, wie unser Chart der Woche zeigt. Zu erwartende höhere Transportkosten dürften dabei dem Abwärtstrend im Welthandelsvolumen nicht gerade entgegenwirken. Gerade für die deutsche Wirtschaft sind das keine rosigen Aussichten, die Kontraktion des Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal ist hauptsächlich auf schwache Exporte zurückzuführen. Zudem ist der maritime Sektor in Deutschland ein wichtiger Wirtschaftszweig, entfallen 20 Prozent der weltweiten Containerschifffahrtskapazität auf Deutschland und sind 400.000 Beschäftigte direkt oder indirekt von der maritimen Wirtschaft abhängig. Kommen zur Exportschwäche noch weitere Eskalationen im Handelsstreit und womöglich höhere Transportkosten hinzu, wird das Schrillen der Alarmglocken für die deutsche Wirtschaft unangenehm laut.