Deutsche investieren so viel in Aktien wie noch nie – gleichzeitig sind sie bei Spareinlagen seit Jahren im Zinsdilemma
- Aktien-Boom: Deutsche investieren 2020 mit 49 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr
- Fonds mit stärksten Zuflüssen seit 2001 (41 Milliarden Euro, 32 Prozent Steigerung zu 2019)
- Zinserträge aus Spareinlagen schrumpfen gegenüber 2008 um mehr als 90 Prozent; Volumen nimmt hingegen um gut 70 Prozent zu
- Deutschland mit 388 Milliarden Euro Europameister bei der Geldanlage; Europäer haben erstmals über 1 Billion Euro angelegt
- Europäer so reich wie nie: Privates Finanzvermögen steigt auf 27 Billionen Euro; in Deutschland auf knapp sieben Billionen Euro
Frankfurt am Main, 10. Mai 2021 - Das Jahr 2020 hatte erhebliche Auswirkungen auf das Anlageverhalten der Deutschen. Hierzulande wurden im Vorjahr 49 Milliarden Euro in Aktien investiert – so viel wie noch nie zuvor innerhalb eines Jahres. Auch Investitionen in Fonds, wie zum Beispiel ETF-, Aktien-, Geldmarkt- oder Immobilien-Fonds, haben deutlich angezogen. Das weitere Potenzial für eine Fortsetzung dieser Entwicklung ist groß angesichts der Zinssituation: Zinserträge aus Bankeinlagen befinden sich seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Sinkflug und haben von 2008 bis 2021 um 93 Prozent abgenommen. Gleichzeitig ist das Volumen im selben Zeitraum um 73 Prozent gestiegen. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer gemeinsamen Analyse der ING Deutschland und Barkow Consulting. Untersucht wurde das Spar- und Anlageverhalten der Europäerinnen und Europäer im Jahr 2020 anhand von Daten der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB).
„2020 war in Deutschland ganz klar das Jahr der Aktienanlage“, sagt Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen bei der ING Deutschland. „Chancenorientierte Anlegerinnen und Anleger haben gezielt auf diese Anlageklasse als sinnvolle Ergänzung zum klassischen Sparen gesetzt.“ Deutsche investierten Rekordmittel in Höhe von 49 Milliarden Euro neu in Aktien. Das Anlagevolumen hat sich dadurch mit einem Anstieg von 160 Prozent gegenüber 2019 deutlich mehr als verdoppelt. Damit sind Aktien beim Wachstum einsamer Spitzenreiter gegenüber anderen Anlageklassen.
Auch Investments in Fonds sind 2020 in Deutschland deutlich gestiegen. Sie vereinnahmten im vergangenen Jahr 41 Milliarden Euro und erfuhren damit einen Zuwachs von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Potenzial für Aktien und Fonds bleibt groß
„Der massive Zuwachs bei Aktien- und Fondsinvestments erklärt sich auch damit, dass Vermögensaufbau mit klassischem Sparen kaum noch möglich ist“, sagt Thomas Dwornitzak. Denn der Zinsertrag aus Spareinlagen in Deutschland ist in den vergangenen knapp 20 Jahren um 93 Prozent zurückgegangen. Lag der Ertrag 2003 noch bei 27,2 Milliarden Euro, beträgt der Wert 2021 gerade mal 2,8 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, als dass im gleichen Zeitraum das Volumen der in Spareinlagen angelegten Gelder deutlich auf knapp 2,6 Billionen Euro stieg. „Bei Spareinlagen herrscht offensichtlich ein immer größeres Missverhältnis aus investiertem Volumen und erzieltem Ertrag. Anlegerinnen und Anleger tun gut daran, künftig verstärkt die Chancen des Kapitalmarktes zu nutzen, natürlich ohne dabei mögliche Risiken auszublenden.“
2020 hat auch bei der ING Deutschland das Interesse an Wertpapieren enorm zugenommen. Die Anzahl der Wertpapiertransaktionen erreichte den Rekordwert von 26,9 Mio. (2019: 11,5 Mio.). Ähnlich dynamisch entwickelte sich die Anzahl der abgeschlossenen Wertpapiersparpläne, die um 60 Prozent auf 573.000 anstieg (2019: 352.000). Das Depotvolumen legte auf 57,3 Mrd. Euro zu (2019: 45,8 Mrd. Euro). Die Anzahl der Depots stieg um 287.000 auf 1,7 Mio. (2019: 1,4 Mio.).
„Viele Kundinnen und Kunden haben im vergangenen Jahr das zwischenzeitliche Kurstief als Einstiegsgelegenheit genutzt und Wertpapiere für sich entdeckt. Wir werden der gestiegenen Nachfrage gerecht, indem wir seit vergangenem Jahr Wertpapier-Sparpläne bereits ab einem Euro ermöglichen und seit April 2021 alle 800 ETF-Sparpläne ohne Kaufgebühr anbieten. Schon bald werden wir mit der ‚Komfort-Anlage‘ außerdem eine digitale Wertpapierberatung für Menschen einführen, die sich Unterstützung bei den ersten Schritten in den Kapitalmarkt wünschen. Wir wollen Menschen bestärken, ihre Geldangelegenheiten in die Hand zu nehmen und selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, um finanziell gesund zu bleiben“, erläutert Thomas Dwornitzak.
Bereits die im vergangenen Jahr veröffentlichte ING-Studie „Wie Krisen das Sparverhalten der Deutschen verändern“ hat gezeigt, dass das Anlageverhalten hierzulande seit jeher maßgeblich von Krisen beeinflusst wurde. „Die Corona-Pandemie im Zusammenhang mit dem Niedrigzinsumfeld reiht sich hier nahtlos in die Beobachtungen aus der Vergangenheit ein“, sagt Thomas Dwornitzak.
Deutschland Europameister bei der Geldanlage
Deutschland war 2020 mit einem Gesamtvolumen von 388 Milliarden Euro Europameister bei der privaten Geldanlage. Dies entspricht einem Zuwachs von 45 Prozent gegenüber 2019. Damit konnte bereits der achte Rekord in Folge erzielt werden. An zweiter Stelle folgt Frankreich (261 Milliarden Euro), dann Italien (123 Milliarden Euro) und Spanien, mit 78 Milliarden Euro Viertplatzierter. Analog dazu stieg das private Finanzvermögen in Deutschland auf nunmehr fast sieben Billionen Euro an.
Im gleichen Zusammenhang ist die Geldanlage pro Kopf bei den privaten Haushalten in Deutschland 2020 enorm gestiegen. Lag dieser Wert 2019 noch bei rund 3.200 Euro, hat er mit 4.671 Euro fast um ein Drittel zugenommen und liegt damit so hoch wie noch nie. Zum Vergleich: Noch 2013 lag der Wert lediglich bei rund 1.700 Euro.
Europäer so reich wie nie
Der im Untersuchungszeitraum größte jemals berichtete Vermögensrückgang von minus 3,2 Prozent im ersten Quartal 2020 wurde bereits unmittelbar im zweiten Quartal mit dem bislang zweithöchsten Vermögenszuwachs von 4,2 Prozent mehr als kompensiert. Auch das vierte Quartal hat das Jahr 2020 mit einem Wachstum von 2,9 Prozent abgeschlossen. Auf europäischer Ebene stieg das Finanzvermögen 2020 insgesamt um 1,23 Billionen Euro oder 4,7 Prozent auf 27,3 Billionen Euro.
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