72er-Regel: Faustformel für die Anlage
Wann sich Ihr Investment verdoppelt
Viele Sparende freut‘s: Tages- und Festgeld sind seit der Zinswende als Anlage wieder attraktiver geworden. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen seit Sommer 2022 mehrmals erhöht hat, erwirtschaften verzinste Geldanlagen wieder bessere Erträge. Für Bankkund*innen ist es daher lohnenswerter geworden, einen Teil ihres Kapitals zum Beispiel auf ein Tagesgeldkonto umzuschichten. Was meinen Sie, wie lange müssen Sie Ihr Geld auf diese Weise anlegen, bis es sich bei einem Zinssatz von 3,5% p.a. verdoppelt? Die richtige Antwort lautet: 20,6 Jahre – dank einer simplen Formel.
Einfache Regel hilft bei der Geldanlage
Mit der sogenannten 72er-Regel lässt sich ermitteln, wie schnell Ihr eingesetztes Kapital wächst und Ihnen dadurch einen größeren finanziellen Spielraum bringt. Sie überschlägt auch, wann sich Ihre Geldanlage verdoppelt hat. Daher heißt sie umgangssprachlich Reichmacher-Formel, was natürlich bei kleineren Beträgen zu dick aufgetragen ist.
So überschlagen Sie Ihren Kapitalzuwachs
Um den Zuwachs Ihrer Geldanlage zu bestimmen, müssen Sie nur eine bestimmte jährliche Rendite oder einen Zinssatz zugrunde legen. So einfach geht’s: Sie nehmen die Zahl 72 und teilen sie durch die zu erwartende Rendite oder den Zinssatz. Das Ergebnis dieser Division zeigt an, wann sich Ihr Kapital verdoppelt hat.
Beispiel: 72 geteilt durch 6 ergibt 12. Das bedeutet, dass Sie bei einer Rendite von 6% p.a. zwölf Jahre benötigen, bis Ihr Vermögen doppelt so hoch ist.
Rendite oder Zinssatz pro Jahr bestimmen
Die Formel beantwortet Ihnen umgekehrt zugleich, welcher Zinssatz oder welche Rendite nötig ist, um Ihr Kapital in der vorgegebenen Zeit zu verdoppeln. Angenommen, Sie möchten Ihr Geld bereits in neun Jahren verdoppeln. Dann rechnen Sie: 72 geteilt durch 9 – es sind also 8% p.a. nötig. Eine solch hohe Rendite erfordert es allerdings, dass Sie in etwas risikoreichere Anlagen wie zum Beispiel Aktien oder ETFs investieren.
Grenzen der Regel
Die 72er-Regel kann Ihnen bei der Schätzung zum Vermögensaufbau schnell und einfach helfen. Komplizierte Berechnungen entfallen bei ihr, doch sie hat ihre Grenzen:
- Sie kann nicht berücksichtigen, ob sich in allen Jahren die angedachten Renditen erzielen lassen. Vielmehr rechnet sie mit Durchschnittswerten. Wenn der Ertrag schwankt oder ausbleibt, ist die Regel eher ungenau.
- Dividenden oder andere Erträge bleiben bei der Berechnung außen vor.
- Überschreiten Sie den Sparerpauschbetrag, müssen Sie auf die Erträge noch Steuern zahlen. Diese werden bei der 72er-Regel ebenfalls nicht einbezogen.
Die Formel ermittelt also nur einen Richtwert, wie rasch Ihre Anlage wachsen kann. Bei durchschnittlichen Erträgen liefert sie recht präzise Ergebnisse, bei niedrigen oder deutlich zweistelligen Renditen sind die Näherungswerte weniger genau.
Tipp: Sie sollten die 72er-Regel nicht als alleiniges Entscheidungskriterium für eine Anlage nutzen. Sie ersetzt keine Anlagestrategie und keine Regeln, wie sich beispielsweise ein Depot diversifizieren lässt.
Zinseszins spielt wichtige Rolle
Auch wenn die Regel Anlegenden nur eine grobe Orientierung bietet, weist sie doch eine auf wichtige Erkenntnis hin: Wer klug anlegt und längerfristig investiert bleibt, hat die Zeit auf seiner Seite. Denn der Zinseszins wirkt sich während der Anlagedauer spürbar auf Ihre Geldanlage aus. Schon mit wenig Kapital lässt sich – allein durch die Verzinsung – bei genügend langer Laufzeit eine mittelgroße Geldsumme erzielen.
Beispiel: Ihre Anlage verzinst sich mit 5% pro Jahr. Dann sind aus 100 Euro nach einem Jahr 105 Euro geworden. Wenn dieser Betrag im zweiten Jahr ebenfalls verzinst wird, dann sind aus ihm nach einem weiteren Jahr bereits 110,25 Euro entstanden. Nach drei Jahren haben Sie 115,76 Euro. Die Zuwächse werden in absoluten Zahlen also immer größer, je länger Sie Ihr Geld anlegen.
Daher ist es angeraten, in Krisenzeiten nicht in Panik zu verfallen und vorschnell aus einer Anlage auszusteigen. Bedenken Sie zudem, dass schon eine Differenz von wenigen Prozentpunkten bei verschiedenen Anlagen spürbare Unterschiede in der Kapitalentwicklung bewirkt. Dazu ein Vergleich: Bei einem Zinssatz von 3,4% p.a. verdoppelt sich der Anlagebetrag nach 21,2 Jahren, bei einem Zinssatz von 3,7% p.a. schon nach 19,5 Jahren.
Faustformel bei Inflation anwenden
Die Regel unterstützt Sie übrigens auch bei Fragen, bei denen der Zinseszins nicht zum Tragen kommt. Beispiel: Wie lange dauert es, bis die Inflation die Hälfte Ihres angesparten Geldes auffrisst? Bei einer Inflation von 3,8% p.a. teilen Sie dazu 72 durch 3,8 – das Ergebnis ist 18,9 Jahre. Wer also zum Beispiel im Alter von 50 Jahren Geld ins Sparschwein steckt, kann sich mit knapp 69 Jahren nur noch halb so viel dafür leisten.