Ausfallgebühr beim Arzt?
Muss ich für einen verpassten Arzttermin zahlen?
Oft stimmen Patienten und Patientinnen einen Arztbesuch lange im Voraus ab. Das birgt nicht nur die Gefahr, den Termin zu vergessen sondern auch, dass der vereinbarte Termin Monate später nicht mehr mit den anderen Terminen zusammenpasst. Die Frage, ob Praxen ihre Patienten und Patientinnen für versäumte Arzttermine zur Kasse bitten dürfen, beschäftigt uns auch in Deutschland. Immer wieder fordern Ärzteverbande ein solches Ausfallhonorar. Eines vorweg: Eine einheitliche Regelung gibt es dazu bislang nicht – die verschiedenen Positionen im Überblick.
Befürworter von Ausfallgebühren bei Nichterscheinen
Immer wieder kommt es vor, dass Patienten ihre Arzttermine sausen lassen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) schwanke der Anteil von unentschuldigt nicht wahrgenommenen Terminen zwischen 5 und sogar 20%. Insbesondere bei versäumten Untersuchungen in Bestellpraxen, die nur feste Termine vergeben, entstehe den Praxen ein echter wirtschaftlicher Schaden, heißt es beim KBV. Vor diesem Hintergrund befürwortet es der Verband der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund), von den Patienten eine Ausfallgebühr zu erheben – man wolle damit auf deren Lernerfolg setzen.
Gegner von Strafen für versäumte Arzttermine
Ganz anders sehen das die gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Der Grund: In den Vereinbarungen über Ärztevergütungen seien Zeiten, in denen Patienten nicht erscheinen, bereits berücksichtigt. Das würde bedeuten, dass Ärzte durch Ausfallgebühren doppelt kassieren, sagt der GKV. Ähnliches vermeldet auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Patienten erhielten im Umkehrschluss auch keine Entschädigung für lange Wartezeiten trotz Terminvergabe. Zwar sei Termintreue natürlich wichtig – nur eben für alle Beteiligten.
Und was sagen Verbraucherschützer?
Auch bei der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht man Ausfallhonorare sehr kritisch: Ein versäumter Routinetermin führe im Normalfall nicht zu einem Schaden für die Praxis, da ein nächster Patient behandelt werden könne. Verlangt ein Arzt dennoch eine Gebühr für Nichterscheinen oder besonders kurzfristige Absagen, sollte er nach Ansicht der Verbraucherzentrale schon bei der Terminvereinbarung transparent darauf hinweisen – rechtlich bindend ist das aber nicht.
Tipp: Damit es im Nachhinein nicht zum Streit zwischen der Praxis und dem Patient bzw. der Patientin kommt, empfiehlt der Bundesverband der Verbraucherzentralen, Termine möglichst schriftlich abzusagen. So habe man als Patient einen Nachweis, dass es sich nicht um vergessene Termine handele.
Doch sind Ausfallgebühren überhaupt rechtlich zulässig?
Diese Frage ist derzeit weder gesetzlich geregelt, noch gibt es eine einheitliche juristische Linie, nach denen Gerichte in der Vergangenheit entschieden haben. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gibt es verschiedene Urteile zur Frage „Ausfallhonorar – ja oder nein?“.
Das Landgericht Berlin entschied im Jahr 2005 (55 S310/04), ein generelles Ausfallhonorar im Anmeldeformular einer Zahnarztpraxis sei nicht zulässig. In dem verhandelten Fall ging es um eine Gebühr von 75 Euro, die die Praxis erheben wollte, wenn ein Patient einen Termin nicht mindestens 24 Stunden vor dem Termin absage.
Anders sah dies das Amtsgericht Diepholz und urteilte 2011 (Az.: 2 C 92/11), dass eine Praxis für aufwendige Behandlungen bei Nichterscheinen oder zu kurzfristiger Absage in bestimmten Fällen ein Ausfallhonorar verlangen könne. Der Arzt müsse dabei jedoch den Schaden und damit das Honorar möglichst klein halten.
Das aktuellste Gerichtsurteil stammt vom Amtsgericht Bremen aus dem Jahr 2012. Das Gericht vertrat darin die Ansicht (9 C 0566/11), dass Patienten abgesprochene Termine jederzeit und vor allem folgenlos stornieren dürfen.
Die Lösungen im Konflikt
Was also tun in diesem derzeit unlösbaren Konflikt? Der GKV etwa meint, dass bei vielen modernen Praxen automatische Terminerinnerungen, zum Beispiel per SMS, längst zum Standard gehörten. Das verhindert das Risiko, Arzttermine zu vergessen. Und falls Patienten ihre Termine schlicht nicht wahrnehmen könnten, solle man diese laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rechtzeitig sowie schriftlich absagen – das gebiete die Fairness. Und es ermögliche den Praxen andere Patienten vorzuziehen oder die Termine neu zu vergeben.