Mobilitätswende zwingt Autozulieferer zum Umdenken
Wie sich das Geschäft für Zulieferer fundamental verändert
Eine Analyse von Philipp Steffens, RYZE Digital | Werbemitteilung
Digitalisierung, Elektrifizierung, Automatisierung: Gleich mehrere Trends führen die gesamte Automobilbranche in eine Transformation mit unklarem Ausgang. Während die Nachfrage nach Spezialtechnologie für autonomes Fahren und energieeffizienten Akkus steigt, müssen Zulieferer, die sich über Jahrzehnte auf dem Markt etabliert hatten, neue Geschäftsfelder suchen und sich gegenüber neuen Konkurrenten behaupten.
Bei Automobilzulieferern wie Mahle, Eberspächer und Schaeffler machen Komponenten für Verbrennungsmotoren immer noch einen signifikanten Teil ihres Umsatzes aus. Da das Ende dieser Antriebsform allerdings absehbar ist – spätestens 2035 sollen in der EU keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden –, stellt dies Unternehmen vor große Herausforderungen.
Besonders deutlich wird dieser Wandel bei Innovationen, die den Weg zum autonomen Fahren ebnen. Während völlig selbstfahrende Autos zwar noch Zukunftsmusik sind, spielt die dafür essenzielle Technologie bereits eine zentrale Rolle für Automobilunternehmen. Denn nicht nur für das autonome Fahren ist das Zusammenspiel von Sensor-, Kamera- und Radarsystemen wichtig, sondern auch für die stetig steigenden Sicherheitsanforderungen an neue Autos.
Mikrochips als Wegbereiter
Für Fahrsicherheitssysteme sind Mikrochips unerlässlich. Wie viele andere Branchen hat aber auch die Automobilindustrie mit Lieferengpässen und einem global steigenden Bedarf zu kämpfen. Laut Yoshifumi Kato, CTO des Zulieferers Denso, wird die Nachfrage bis 2025 um 33 Prozent steigen. Um diesem Bedarf nachzukommen, möchte das japanische Unternehmen mittel- bis langfristig zu einer stabilen Halbleiter-Versorgung im Sektor beitragen.
Passend dazu verkündete der Konzern Anfang 2022 die Beteiligung an einer Chipfabrik der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), die zu den weltweit größten Chipherstellern gehört. Der Erfolg von Denso zeigt sich auch an der Börse: In den vergangenen fünf Jahren legte der Aktienkurs von Denso um rund 50 Prozent zu und stieg von circa 40 Euro auf aktuell etwa 60 Euro, obwohl seit dem Krieg in der Ukraine keine russischen Kunden mehr beliefert werden.
Elektromobilität aus Deutschland
Ein traditioneller Chiplieferant im Automobilbereich ist Infineon. Das bayerische Unternehmen gehört zu den weltweit führenden Anbietern im Sektor und besitzt unter anderem dank der 2019 verkündeten Übernahme von Cypress Semiconductor mittel- bis langfristig Wachstumschancen.
Im Vergleich zum Vorjahr konnte Infineon 2022 seinen Umsatz um 29 Prozent auf über 14 Milliarden Euro steigern, in seiner Automotive-Sparte sogar um 35 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Entsprechend positiv entwickelte sich der Aktienkurs in den vergangenen fünf Jahren, auch wenn er angesichts der Krisenzeiten gewisse Schwankungen aufwies. Kürzlich hat der Konzern milliardenschwere Investitionen angekündigt und will die Produktion von wichtigen Siliziumkarbid-Halbleitern ausbauen, um den wachsenden Markt zu bedienen.
Mobilitätswende durch künstliche Intelligenz
Während manche Zulieferer mit Mikrochips neues Terrain betreten, haben andere Unternehmen schon umfassende Expertise auf diesem Gebiet gesammelt. Ein Beispiel dafür ist Nvidia, einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer, Server und Spielkonsolen. Das US-amerikanische Unternehmen – inzwischen Kooperationspartner von Mercedes-Benz und Audi – hat mit dem „Drive Thor“ kürzlich einen sogenannten Superchip entwickelt, der in Autos mehrere Controller und Prozessoren ersetzen soll.
Außerdem wird künstliche Intelligenz (KI) im Automobilbereich immer wichtiger – sowohl in der Entwicklung neuer Fahrzeuge als auch bei Steuerung, Sicherheit und Entertainment im Fahrzeug. Das schier grenzenlose Interesse an KI trieb den Börsenwert von Nvidia kürzlich erst auf über eine Billion US-Dollar, denn die US-Amerikaner sind bei speziellen Chips für die Berechnung von KI-Anwendungen führend. Seit 2018 stieg die Aktie des Unternehmens von circa 60 Euro auf rund 440 Euro um mehr als 700 Prozent. Und sollte die Nachfrage nach KI-Lösungen anhalten, dürfte Nvidia weiterhin Gewinne einfahren.
Batterien für die Mobilität der Zukunft
Der weitere Erfolg der Elektromobilität hängt derweil vor allem von der Reichweite der Akkus ab. Dem Statistikportal Statista zufolge soll der globale Bedarf pro Jahr von derzeit 667 bis 2030 auf fast 3.000 Gigawattstunden wachsen. Große Teile davon werden LG Energy Solution aus Südkorea und CATL aus China abdecken.
Im April 2023 kündigte CATL an, noch in diesem Jahr die Produktion einer Batterie mit 500 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) zu starten. Die Energiedichte wäre hoch genug für elektrische Flugzeuge und würde für E-Autos eine signifikante Gewichtsreduzierung bedeuten. 2022 konnte der Batteriegigant seinen Nettogewinn um fast 93 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf rund 3,9 Milliarden Euro erhöhen, während der globale Marktanteil von 33 Prozent auf 37 Prozent stieg.
LG Energy Solution ist ebenfalls auf Wachstumskurs. Zwar verlor das Unternehmen 2022 einige Marktanteile – von 19,7 Prozent im Jahr 2021 auf 13,6 Prozent 2022 –, aber das lag daran, dass chinesische Firmen insgesamt noch stärker zulegen konnten. Doch gleichzeitig konnte LG Energy Solution seinen Umsatz um rund 43 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro steigern und kündigte eine rund 2,6 Milliarden US-Dollar schwere Investition an, dank der in Tennessee die größte Akku-Fabrik der USA entstehen könnte. Dieses Jahr will LG Energy Solution, das unter anderem Tesla, Stellantis und General Motors beliefert, einen Umsatzzuwachs von 25 bis 30 Prozent erreichen und seine Investitionsausgaben um 50 Prozent erhöhen. Die sind auch nötig: Die Nachfrage nach Batterien übersteigt aktuell die Produktionskapazitäten.
Starke Performance an der Börse
An der Börse spiegelte sich das aufstrebende Batterie-Geschäft der beiden vergleichsweise „neuen“ Zulieferer in sehr positiven Trends wider. Der Kurs von LG Energy Solution, erst seit Januar 2022 an der südkoreanischen Börse gelistet, stieg bislang um rund 20 Prozent von circa 314 Euro auf 381 Euro. CATL konnte in knapp fünf Jahren seinen Börsenwert verfünffachen, er stieg von ungefähr 4,65 Euro auf rund 29 Euro.
Aber auch die Aktienkurse der Technologieunternehmen Denso, Infineon und Nvidia haben – auch dank zukunftsweisenden Investitionen und angepassten Geschäftsmodellen – an der Börse zuletzt verhältnismäßig stark zugelegt. So sind alle genannten Unternehmen zwar wahrlich keine Geheimtipps mehr, könnten aber als verlässliche Anlagen im Portfolio dienen.
Transformation mit ungewissem Ausgang
Für Anlegende birgt die Transformation innerhalb der Automobilbranche einige Chancen, da viele Zulieferer langfristige Verträge mit Autoherstellern abschließen. Gleichzeitig können die Kosten für Forschung und Entwicklung die Ergebnisse von Unternehmen über Jahre hinweg dämpfen – ebenso wie dringend benötigte Investitionen in den Ausbau von Produktionsstandorten. Daher ist auf diesem volatilen Markt unsicher, welche Unternehmen mittel- bis langfristig die richtige Strategie für die Mobilitätswende verfolgen.
Fortsetzen werden sich indes zwei Trends: Erstens werden Zulieferer durch die Digitalisierung neben dem Automobilmarkt auch andere Branchen bedienen und sich damit breiter aufstellen können. Zweitens wird der Markt für E-Autos in den kommenden Jahren weiter wachsen, sodass nicht nur mehr Batterien benötigt, sondern auch deutlich leistungsstärkere Modelle auf den Markt kommen werden.
Investment-Beispiele:
Name | ISIN |
Aktueller Kurs | KGV* (2023) |
Gewinn/Aktie (2023**) |
Dividende (2023**) |
Dividendenrendite (2023**) |
Infineon | DE0006231004 | 32,96 EUR |
12,25 |
2,61 EUR |
0,35 EUR |
1,09 % |
Nvidia | US67066G1040 | 449,75 EUR |
42,73 |
9,85 EUR |
0,15 EUR |
0,03 % |
Schaeffler | DE000SHA0159 | 5,55 EUR |
5,33 |
1,01 EUR |
0,45 EUR |
8,31 % |
Continental | DE0005439004 | 68,12 EUR |
8,96 |
7,52 EUR |
2,00 EUR |
2,96 % |
Tesla | US88160R1014 | 233,15 EUR |
69,97 |
3,41 EUR |
0,00 EUR |
0,00 % |
*KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis; ** Prognose; Fremdwährungen umgerechnet in Euro; Stand: 30.08.2023