Beschränkte Verlustverrechnung
Was Sie dazu wissen sollten
Wenn sich das eigene Kapitalvermögen vermehrt, ist das erfreulich. Doch was passiert steuerlich, wenn bei der Geldanlage Verluste entstehen? Grundsätzlich können Sie diese mit Gewinnen verrechnen, aber nur noch sehr eingeschränkt.
Was ist eine beschränkte Verlustverrechnung?
Der Begriff „beschränkte Verlustverrechnung“ deutet es bereits an: Privatanlegende können Verluste aus Kapitalvermögen nur mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgleichen (§ 20 Abs. 6, Satz 1 EStG) und nicht mit Einkünften aus weiteren Einkunftsarten, wie etwa nichtselbstständiger Tätigkeit oder Mieteinkünften. Die Verluste dürfen mit Gewinnen in Folgejahren verrechnet werden, ein Verlustrücktrag in Vorjahre ist jedoch ausgeschlossen.
Eine zusätzliche Beschränkung gilt für Verluste aus Aktienverkäufen. Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen. Dadurch sollen Nachteile für den Staatshaushalt vermieden werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich zu der Beschränkung bei Aktien bereits mit Beschluss vom 17.11.2020 (Az.: VIII R 11/18) geäußert: Er hält sie wegen des Verstoßes gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) für verfassungswidrig und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt (anhängig unter Az. 2 BvL 3/21). Geklagt hatte ein Ehepaar aus Schleswig-Holstein, das Kapitalerträge aus dem Jahr 2012 mit Verlusten aus der Veräußerung von Aktien im selben Jahr verrechnen wollte. Bestätigt das BVerfG die Auffassung des BFH, dürfen Verluste aus Aktien auch mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen wie etwa Dividenden und Zinsen verrechnet werden.
Termingeschäfte steuerlich stark reglementiert
Noch strikter sind die Vorgaben für Privatanlegende bei Termingeschäften – also Börsengeschäften, deren Erfüllung in der Zukunft liegt. Diese sind seit dem 1. Januar 2021 doppelt beschränkt: Verluste dürfen in einem Veranlagungsjahr
- nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EstG) verrechnet werden,
- und zwar maximal bis 20.000 EUR (§20 Abs. 6 Satz 5 EStG).
Nicht verrechenbare Verluste werden auf Folgejahre vorgetragen und können erneut nur bis 20.000 Euro verrechnet werden.
Folgen für Gewinne und Verluste in der Praxis
Die Neuregelung bedeutet, dass Gewinne aus Termingeschäften voll versteuert werden müssen, während Verluste nur noch begrenzt angerechnet werden. Ein Beispiel:
- Termingeschäfte bescheren Ihnen innerhalb eines Jahres 60.000 Euro Gewinn, weitere Termingeschäfte verursachen einen Verlust von 30.000 Euro. Bis einschließlich dem Steuerjahr 2020 konnten Sie den Verlust komplett mit dem Gewinn verrechnen:
60.000 Euro Gewinn – 30.000 Euro Verlust = 30.000 Euro zu versteuern.
Da Sie aktuell nur noch höchstens 20.000 Euro aus Verlusten verrechnen dürfen, müssen Sie einen deutlich höheren Betrag versteuern:
60.000 Euro Gewinn – 20.000 Euro Verlust = 40.000 Euro zu versteuern.
Ergeben sich in einem Steuerjahr aus Termingeschäften mehr Verluste als Gewinne, sind die steuerlichen Folgen seit der Neuregelung ebenfalls negativer als zuvor. Das zeigt ein Beispiel mit den umgekehrten Zahlen von oben:
- Sie haben einen Verlust von 60.000 Euro aus Termingeschäften und einen Gewinn von 30.000 Euro aus anderen Termingeschäften. Nach der alten Regelung hätten Sie nichts versteuern müssen, da insgesamt – also saldiert betrachtet – kein Gewinn anfiel. Der Verlust kann mit gleichartigen Gewinnen im Folgejahr gewinnmindernd verrechnet werden.
Aktuell aber müssen Sie 10.000 Euro von Ihrem Gewinn versteuern, da Sie höchstens 20.000 Euro Verlust verrechnen dürfen:
30.000 Gewinn – 20.000 Euro Verlust = 10.000 Euro zu versteuern.
Immerhin: Der nicht genutzte Verlust in Höhe von 40.000 Euro lässt sich zeitlich strecken: im Folgejahr 20.000 Euro und im nachfolgenden Jahr wiederum 20.000 Euro, falls Gewinne anfallen.
Umstrittene Regelung
Der BFH hält diese beschränkte Verlustverrechnung für Termingeschäfte ebenfalls für nicht verfassungsgemäß. Er sieht darin eine asymmetrische Besteuerung von Gewinnen und Verlusten. Das verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, wonach Gewinne und Verluste steuerlich gleich zu behandeln sind. In einem aktuellen Beschluss vom 7. Juni 2024 (Az. VIII B 113/23) heißt es, dass die Regelung eine doppelte Ungleichbehandlung der Steuerzahlenden darstelle, die mit dem Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei.
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert die Bundesregierung nun auf, „diese ungerechten Regelungen“ bei Termingeschäften und Kapitaleinkünften „umgehend“ zu überarbeiten.
Was es für Steuerzahlende bedeutet
Bis zu einer Entscheidung rät der BdSt Betroffenen, grundsätzlich Einspruch gegen einen Steuerbescheid einzulegen, bei dem die Verlustverrechnung nicht anerkannt wurde. Dafür haben Sie vier Wochen nach Erhalt Ihres Bescheids Zeit. Diesen kann das Finanzamt nach Gerichtsentscheid noch einmal ändern – bei einem rechtskräftigen Bescheid ist das nicht mehr möglich.