Billig-Lebensmittel

Können wir den Preiskampf stoppen?

Verbrauchertipps 4 min Lesedauer 19.05.2022
Billig-Lebensmittel

Viele Verbraucher freuen sich über Schnäppchen-Angebote im Supermarkt. Doch sind manche Preise nicht schlicht zu billig?

Eine Packung Kaffee für 3,33 Euro oder 700g Schweine-Kotelett für 2,99 Euro: Das sind die aktuellen Schnäppchen-Angebote eines Discounters. Die Kunden freuen sich über Angebote wie diese. Denn laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen sind Sonderangebote beim Einkaufen für fast zwei Drittel der Deutschen wichtig. Doch sind diese nicht zu günstig? Die Debatte um Billig-Lebensmittel ist hierzulande aktuell in vollem Gange. Doch wer hat eigentlich Schuld am Preiskampf und was kann man dagegen unternehmen?

So steht Deutschland im EU-Vergleich dar

Deutschland liegt im EU-Vergleich mit seinen Lebensmittelpreisen laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat sogar leicht über dem Durchschnitt. Doch beim Pro-Kopf-Vergleich schneiden wir etwas anders ab: Hierzulande geben die Bürger nur 12% ihrer Konsumausgaben für Lebensmittel aus – EU-weit sind es durchschnittlich 14,8%. Liegt das daran, dass die deutschen Verbraucher lieber günstig einkaufen? Nein – sagt Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. „Nicht, weil wir den Geiz so geil finden, sondern weil im deutschen Einzelhandel ein unvergleichlicher Preiskampf tobt und weil unser Wohlstandsniveau höher ist, kommt es zu solchen Werten. Mehr Einkommen, niedrigere Preise“, erklärt er auf der Seite der Essensretter.

Bauern sind besonders betroffen

Nicht alle freuen sich über billige Lebensmittel. Gerade die Bauern haben mit dem Preis-Dumping zu kämpfen: Bei ihnen kommt am Ende kaum Gewinn an. Weil sie fair bezahlt werden wollen gehen sie, etwa mit Traktoren, auf die Straße, um zu demonstrieren. Dass bei den Landwirten nur wenig Geld ankommt, zeigen auch die Zahlen des Bundesinformationszentrum Landwirtschaft: Demnach bekamen die Erzeuger 2020 von jedem gezahlten Euro, den die Verbraucher für Lebensmittel zahlten, nur knapp 21 Cent ab. Zehn Jahre zuvor waren es noch rund 25 Cent. Ihre Preise können Bauern aber nicht einfach so erhöhen: „Weil der Händler dann dort einkauft, wo es günstiger ist“, erklärt ein Fachmann vom Bauernverband.“

Was sagt der Handel zu den Vorwürfen?

Das Problem: „Je größer der Abnehmer, desto mehr Marktmacht hat er gegenüber den kleineren Lieferanten und kann den Preis und die übrigen Vertragsbedingungen weitestgehend diktieren“, heißt es im aktuellen Jahresbericht des Deutschen Fruchthandelsverbands. Die damalige MinisterinJulia Klöckner (CDU) kritisiert außerdem die Wertschätzung: „Verbrauchern wird mit Lockangeboten aus dem Werbeprospekt suggeriert, dass Lebensmittel jederzeit billig zu haben sind.“ Die Supermarktketten hätten hier eine ethisch-moralische Verantwortung.

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland Stefan Genth wies jedoch in der „Passauer Neuen Presse“ darauf hin, dass die Landwirte die meisten Waren nicht direkt an den Handel, sondern an die Lebensmittelindustrie oder den Export verkauften. Zudem hätten günstige Lebensmittel eine wichtige Funktion: „Verbraucher mit schmalerem Geldbeutel sind auf preisgünstige Waren angewiesen“, erzählt er im Interview mit der Zeitung.

Was die Politik dagegen tun will

Viele Experten sehen in der Debatte um den Preiskampf vor allem die Politik in der Verantwortung. Im Februar 2020 bat Bundeskanzlerin Angela Merkel Vertreter des Einzelhandels und der Ernährungsindustrie zu Tisch. Was sich ändern soll: Die Bundesregierung will etwa nach dem sogenannten Lieferkettengesetz deutsche Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechtsstandards einzuhalten. Außerdem will die EU kleinere Marktteilnehmer schützen – mit einer Richtlinie über unlautere Handelspraktiken. Und was ist mit gesetzlichen Mindestpreisen? Merkel hat sich bei dem Spitzengespräch dagegen ausgesprochen.

Was können Verbraucher gegen Dumping-Preise tun?

Die Frage ist: Können auch einzelne Verbraucher etwas gegen den Preiskampf tun? Klaus Müller von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) nimmt Verbraucher in einem offenen Brief in Schutz: „Viele Verbraucher sind bereit, für mehr Qualität ihrer Lebensmittel höhere Preise zu zahlen. Doch angesichts einer Flut an Labels und Werbebotschaften können sie die Qualität eines Produkts bisher kaum einfach und verlässlich erkennen – schon gar nicht am Preis.“

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