Dark Patterns entlarvt
Wie Online-Tricks Ihr Verhalten steuern
Eine intransparente Preisgestaltung, bereits vorab gesetzte Zustimmungs-Häkchen oder Countdown-Timer, die bei potenziellen Käuferinnen und Käufern Stress aufbauen – wenn Onlineshops, Webseiten oder Apps vermehrt solche Elemente aufweisen, dann könnte es sich dabei um sogenannte Dark Patterns handeln. So werden manipulative Designelemente bezeichnet, mit denen Nutzerinnen und Nutzer digitaler Angebote bewusst in eine bestimmte Richtung gelenkt oder zu bestimmten Handlungen oder Entscheidungen motiviert werden sollen.
„Dark Patterns sollen in die Irre führen“, sagt Alexander Wahl, Rechtsassessor beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) in Kehl. „Zweck dahinter ist es meist, die Autonomie der Nutzenden einzuschränken und bestimmte Entscheidungen gezielt herbeizuführen.“
Beispiele für Dark Patterns
So werden Dark Patterns häufig eingesetzt, um Konsumentinnen und Konsumenten dazu zu bewegen, Käufe oder Abonnements abzuschließen oder ihre persönlichen Daten preiszugeben, ohne dass dies ursprünglich ihre Absicht gewesen wäre. Dies geschieht meist mit Hilfe manipulativer Design-Tricks oder irreführender Design-Muster. „Die konkrete Ausgestaltung ändert sich ständig, und es tauchen immer wieder neue Methoden auf“, sagt Verbraucherschützer Wahl.
Weit verbreitet sind unter anderem diese Tricks:
- Confirmshaming: Brechen Nutzerinnen und Nutzer eine Bestellung ab oder melden sie sich nicht zu einem Newsletter an, müssen sie dafür eine subtil vorwurfsvolle Pop-Up-Nachricht bestätigen und sollen so ein schlechtes Gewissen entwickeln („Nein danke, ich zahle lieber den vollen Preis.“).
- Versteckte Kosten: Versandkosten oder andere Zusatzgebühren werden erst im letzten Schritt eines Bestellvorganges angezeigt.
- Forced Action: In der Hoffnung, dass sie entnervt aufgeben, müssen Nutzerinnen und Nutzer zunächst eine unangenehme oder langwierige Aufgabe erledigen, bevor sie ihr eigentliches Ziel erreichen können. So müssen sie etwa eine Umfrage beantworten, bevor sie die Sammlung persönlicher Daten ablehnen können.
- Versteckte Alternativen: Auswahlmöglichkeiten zur Ablehnung bestimmter Angebote, zur Abmeldung von Newslettern oder zur Kündigung eines Abonnements sind nur schwer auffindbar oder im Kleingedruckten versteckt.
- Künstliche Dringlichkeit: Hinweise wie "Nur noch 2 Stück auf Lager!" oder „Angebot endet bald“ oder Countdown-Timer sollen den Druck erhöhen und zu schnelleren Kaufentscheidungen führen.
Grundsätzlich sind Dark Patterns so gestaltet, dass Seitenanbietende profitieren. Im Gegenzug leidet neben der Transparenz auch die sogenannte User Experience (UX), also die Nutzerfreundlichkeit eines digitalen Angebots.
Stand der Forschung
Dass Dark Patterns tatsächlich funktionieren, ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt. So untersuchte 2021 beispielsweise eine Studie, wie verschiedene Dark Patterns die Bereitschaft von Nutzerinnen und Nutzer beeinflussen, sich am Ende einer Online-Umfrage zu den Themen Datenschutz und Privatsphäre für einen von den Forschenden absichtlich dubios gestalteten Datenschutz-Dienst anmelden.
Bei einem moderaten Einsatz von Dark Patterns, so das Ergebnis, waren die Anmeldungszahlen mehr als doppelt so hoch wie bei einer Kontrollgruppe, die keinerlei Manipulation ausgesetzt war. Bei Nutzerinnen und Nutzern, die aggressiven Dark Patterns ausgesetzt waren, war die Wahrscheinlichkeit sogar fast viermal so hoch.
Zwar seien nicht alle Manipulationsversuche gleichermaßen effektiv, resümierten die Forschenden. Unter dem Strich zeige sich aber, „dass verschiedene gängige Dark Patterns Verbraucher äußerst wirksam dazu bringen können, Bedingungen zu akzeptieren, die vor allem den Unternehmen Vorteile verschaffen.“
EU stärkt Verbraucherschutz
Mit dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), einer Verordnung der Europäischen Union zur Regulierung digitaler Angebote, soll unter anderem der Einsatz von Dark Patterns eingeschränkt oder ganz verboten werden. Zunächst trat es Ende 2022 für sehr große Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzern im Monat in Kraft; für kleinere Digitalunternehmen ist es seit Anfang 2024 verpflichtend.
„Im Hinblick auf Dark Patterns stellen Verbraucherschutzorganisationen bei den Anbieterinnen und Anbietern allerdings bisher noch eine eher abwartende Haltung bei der Umsetzung fest – bei vielen Unternehmen gibt es noch Nachholbedarf“, konstatiert EVZ-Experte Wahl. Ein ähnliches Fazit hatte anlässlich einer Untersuchung zur Umsetzung der neuen EU-Vorschriften bereits Ende 2023 der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gezogen: „Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit Unternehmen die geltenden Gesetze missachten oder nur halbherzig umsetzen“, resümierte damals vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Online-Täuschungen erkennen, vermeiden und melden
Die folgenden Tipps helfen Ihnen dabei, nicht auf manipulative Tricks in Onlineshops, Apps oder anderen digitalen Angeboten hereinzufallen:
- Bleiben Sie bei Ihrer eigentlichen Kaufabsicht und lassen Sie sich durch angebliche Sonderangebote nicht zu unnötigen zusätzlichen Käufen verleiten.
- Prüfen Sie, ob im letzten Schritt des Bestellprozesses noch zusätzliche Gebühren oder Versandkosten hinzukommen.
- Lassen Sie sich nicht durch Countdown-Zähler oder vorgeblich schnell abnehmende Lagerbestände künstlich unter Druck setzen.
- Überprüfen Sie die Kaufzusammenfassung sowie sämtliche Häkchen und Optionen vor dem Kauf sorgfältig.
Wer sich von irreführender Aufmachung oder manipulativen Designelementen auf digitalen Plattformen verwirrt oder ausgetrickst fühlt, kann über ein Online-Formular Beschwerde bei der Bundesnetzagentur einlegen. Als Digital Services Coordinator überwacht sie, dass Online-Dienste die DSA-Regeln einhalten.
Übrigens: Wie anfällig oder widerstandsfähig Sie selbst gegenüber Dark Patterns sind, können sie mit einem eigens dafür entwickelten Spiel auf der Internetseite des vzbv testen.