Wo kommt die Aktie eigentlich her?
Die Geschichte der Aktie
Was ein Sack Pfeffer mit dem Thema Aktie zu tun hat – darüber dürften heutzutage die meisten rätseln. Wirft man allerdings einen Blick auf die Entstehungsgeschichte der Aktiengesellschaften, ist die Verbindung gar nicht mehr so abwegig.
Im 16. Jahrhundert eroberten Kaufleute die Weltmeere, mit dem Ziel, Gewürze aus fernen Ländern zu erbeuten. Der Gewürzhandel war so erfolgreich, dass zahlreiche Firmen in das Geschäft mit Pfeffer und Co. einstiegen. Allerdings waren die Schifffahrten mit hohen Risiken und Kosten verbunden. Deshalb schlossen sich 1602 holländische Reeder zu der ersten Aktiengesellschaft der Welt zusammen: der "Vereinigten Ost-Indischen Compagnie". Diese verteilte die Risiken, indem sie Anteilscheine an Aktionäre ausgab. Auch Dividende wurde schon damals ausgeschüttet – allerdings nicht in Form von Geld. Denn zu Beginn mussten sich die Anteilseigner noch mit einem Sack Pfeffer oder anderen Gewürzen zufriedengeben. So trieb in Antwerpen und später auch in Amsterdam der florierende Handel mit Gewürzen aus Asien das Thema Aktie voran.
Niederlande und Großbritannien als Aktien-Pioniere
Jedes Jahr machten sich zahlreiche Schiffe auf, um dahin zu fahren, wo im wahrsten Sinne des Wortes der Pfeffer wächst. Einzelne Kaufleute taten sich zunehmend schwer, das Wagnis einer solchen Überfahrt allein zu finanzieren. Die Lösung: Durch die Gründung der "Vereinigten Ostindischen Handels-Kompanie" (V.O.C.) als Aktiengesellschaft wurde es möglich, dass sich zahlreiche Kaufleute das Risiko einer Überfahrt teilten. Die Anteilsscheine der V.O.C. konnten frei gehandelt werden, wollte ein Anteilseigner ausscheiden, musste ihn die Aktiengesellschaft nicht auszahlen und sich auch keinen neuen Kompagnon suchen. Damit waren die Anteilsscheine der V.O.C. den Aktien, wie wir sie heute kennen, bereits sehr ähnlich. Nicht umsonst gilt die V.O.C. bis heute als erste richtige Aktiengesellschaft. Während in den Niederlanden und später auch in Großbritannien bereits rege Aktien gehandelt wurden, steckte Deutschland noch im Tiefschlaf. Erst 1682 gründete Kurfürst Friedrich Wilhelm mit der "Handelscompagnie auf den Küsten von Guinea" die erste deutsche Aktiengesellschaft.
Aktienrecht befeuerte Börsen-Boom
Im späten 18. Jahrhundert gingen in Deutschland auch Versicherungsgesellschaften und Zucker-Raffinerien an die Börse. Bankhäuser eröffneten vermögenden Bürgern Anlagechancen, und die Bürger griffen zu. Als Resultat des Investitionsbooms entstand neben Gesellschaften auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands unter anderem auch die Transsibirische Eisenbahn. Doch schon damals folgte auf den Boom oftmals die Ernüchterung: Zwischen 1872 und 1874 halbierte sich das Gesamtvermögen der deutschen Aktionäre.
Im Zuge einiger Übertreibungen am Aktienmarkt und auch, weil die Zahl der börsennotierten Unternehmen stetig wuchs, entwickelte sich zunächst in Preußen und später auch in Deutschland und Österreich ein umfassendes Aktienrecht. Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen sorgten dafür, dass bis zum Ersten Weltkrieg allein in Deutschland mehr als 5.000 Aktiengesellschaften notiert waren. Doch die Kriege sorgten für eine Zäsur – von einer Aktienkultur konnte bis zur Währungsreform 1948 keine Rede mehr sein.
Ein Comeback erlebten Aktien in den 1950er Jahren: Es waren Aktiengesellschaften wie Daimler, BASF oder auch Bayer, die Triebfedern des deutschen Wirtschaftswunders wurden und die sogenannte Deutschland AG begründeten. In den späten 1990er Jahren sorgte der Börsenboom für eine große Nachfrage nach Aktien. Viele Neu-Börsianer kauften Anteilsscheine der Deutschen Telekom. Die Aktie war salonfähig geworden.