Fußball-EM in Deutschland
Ein Sommermärchen für die Wirtschaft?
Von wegen Sommerpause im Profifußball der Herren. Für eine Spielerauswahl beginnt nun der Saisonhöhepunkt. Denn am 14. Juni ist Anpfiff für die Europameisterschaft. Doch bei dem Turnier geht es nicht nur um Spiel, Sport und Leidenschaft, sondern auch um Kommerz. Denn die EM in Deutschland ist auch ein Wirtschaftsfaktor.
Gut zu wissen: Ausrichter der Fußball-Europameisterschaft ist die UEFA. Das Turnier in Deutschland dauert vier Wochen und endet am 14. Juli. Die UEFA geht von einem Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro und einem Gewinn von über einer Milliarde Euro aus.
Ausrichtungsstätten der EM-Spiele: Hohe Kosten für die Kommunen
Die EM in Deutschland wird nicht nur ein spannendes Fußballfest, sondern auch ein teures. Recherchen von ZDF und dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ergaben, dass Bund, Länder und Städte für die Europameisterschaft etwa 650 Millionen Euro aufbringen müssen – ein Betrag, der zu Lasten von Deutschlands Steuerzahlenden geht.
Vor allem die Städte mit Ausrichtungsstätten der EM-Spiele haben hohe Kosten. Sie müssen beispielsweise für die Finanzierung der Fan-Feste aufkommen. Allein dafür müssen die Städte den Recherchen zufolge etwa 260 Millionen Euro zahlen.
Zu den zehn Städten, in denen die EM in Deutschland stattfindet, gehören:
- Berlin,
- Dortmund,
- Düsseldorf,
- Frankfurt/Main,
- Gelsenkirchen,
- Hamburg,
- Köln,
- Leipzig,
- München,
- Stuttgart.
Schub für den Tourismus erwartet
Die Städte stellen sich auf einen Ansturm in- und ausländischer Gäste ein. Davon dürfte auch die Tourismusbranche profitieren. „Wir rechnen damit, dass es einen deutlichen Anstieg der Touristenzahlen in Deutschland geben wird“, sagt Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTM). Die Übernachtungszahlen dürften im Vergleich zum Vorjahreszeitraum spürbar steigen. Vor allem in den Austragungsorten der EM-Spiele werde sich der Zuwachs bemerkbar machen, so Meyer.
EM in Deutschland als Wirtschaftsfaktor: Brauereien rechnen mit hohem Bierabsatz
Und Gäste aus dem In- und Ausland sorgen nicht nur für mehr Übernachtungen, sondern sie konsumieren auch fleißig. Das könnte der Gastronomie in Deutschland ein Plus bescheren. Hinzu kommt, dass für viele Fans Fußball und Biertrinken zusammengehört. Daher blickt der Deutsche Brauer-Bund mit Hoffnung auf die Europameisterschaft. „Große Fußball-Events in der Vergangenheit haben gezeigt, dass während der Turnierdauer mehr Bier getrunken wird als sonst in Sommerwochen üblich“, sagt Hauptgeschäftsführer Holger Eichele.
Höherer Bierkonsum im WM-Jahr 2006: Im WM-Jahr 2006 wurden laut Eichele vor und während der der WM rund 5% mehr Bier verkauft, bei den Folgeveranstaltungen rund 4%. Und was die EM 2024 angeht: „Die Brauereien jedenfalls sind gut vorbereitet, haben die Lager gefüllt und freuen sich auf den Anpfiff“, so Eichele.
Einzelhandel geht von zusätzlichen Umsätzen durch Europameisterschaft aus
Auch der Einzelhandel rechnet mit zusätzlichen Umsätzen durch die EM in Deutschland – und zwar in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Die Schätzung basiert auf einer repräsentativen Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) und Marktforschungsunternehmen Appinio von Anfang Mai dieses Jahres. Demnach sind neben Lebensmitteln wie Grillfleisch auch Fanartikel wie Schals, Fahnen und Dekoartikel gefragt. Auf Zuspruch stoßen auch Sportartikel sowie Produkte aus den Bereichen Wohnen und Garten sowie Spielwaren und Elektronik. Von den Befragten planen 60% Einkäufe in Höhe von 51 bis 200 Euro, jeder Fünfte auch mehr.
Nachhaltige Wachstumsimpulse?
Wird die EM in Sachen Ökonomie also ein lukratives Geschäft? Wachstumsimpulse könnte die deutsche Wirtschaft gut gebrauchen, schließlich ist sie zuletzt nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt.
„Wenn die deutsche Mannschaft bei den Spielen glänzt und die Stimmung im Land entsprechend gut ist, könnte dies den zuletzt zurückhaltenden Konsum im Land ankurbeln“, ist Christian Rusche vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) überzeugt. Bei Siegen und guter Stimmung im Land schöpften die Menschen Zuversicht. Das könnten sie zum Anlass nehmen, zu investieren und zu konsumieren.
Ob damit die Wirtschaft aber tatsächlich einen kräftigen Schub bekommt und wie nachhaltig das ist – das lässt sich nicht vorhersagen. „Die Fußball-WM 2006 in Deutschland jedenfalls hatte aufs Jahr gesehen nicht wirklich einen Effekt fürs Bruttoinlandsprodukt“, erklärt Rusche.
Übrigens: Aus Sicht des IW ist die emotionale Rendite der Europameisterschaft nicht zu unterschätzen. Deutschland als Gastgeberland kann für ein gutes Image über die Grenzen hinweg sorgen, falls die EM auch aus organisatorischer Sicht glatt über die Bühne geht. „Das könnte den Standort für ausländische Investoren attraktiver machen“, erwartet Rusche.