Wie der Emissionshandel funktioniert

Wer die Luft verschmutzt, muss handeln

Nachhaltigkeit 4 min Lesedauer 29.08.2023
Emissionshandel

Für die einen ist es ein großer Beitrag für den Klimaschutz, für den anderen ein zahnloser Tiger: Der Handel mit CO2-Zertifikaten. Mittlerweile gibt es nicht nur einen europäischen Emissionshandel, sondern auch auf nationaler Ebene müssen sich bestimmte Branchen an einem deutschen Emissionshandelssystem beteiligen. Doch was steckt hinter den Modellen und was soll damit erreicht werden?

Die Idee hinter dem Handel mit CO2-Zertifikaten ist folgende:

  • Unternehmen, die viele Treibhausgaseausstoßen, müssen dafür bezahlen und sich an einem Emissionshandelssystem beteiligen. Für jede Tonne CO2 muss ein Zertifikat abgegeben werden.
  • Im Umkehrschluss sollen diese Kosten ein Anreiz sein, damit Unternehmen möglichst klimafreundlich produzieren und auch Privathaushalte zu mehr Klimaschutz animiert werden.
  • Die Bepreisung gilt sowohl für CO2 als auch für andere Treibhausgase wie Methan oder Lachgas. Um die Wirkung der Gase vergleichbar zu machen, wurde die Klimawirkung – also etwa der Verbleib in der Atmosphäre – verglichen und in sogenannte CO2-Äquivalente umgerechnet.

Weltweit gibt es mehrere solche Emissionshandelssysteme, die allerdings unterschiedlich ausgestaltet sind und sich auch an unterschiedliche Unternehmen beziehungsweise Branchen richten. Aus deutscher Sicht sind zwei Emissionshandelssysteme relevant:

  • der europäische Emissionshandel und
  • der nationale Emissionshandel.

Das regelt der europäische Emissionshandel

Den europäischen Emissionshandel gibt es seit 2005. Wie das Umweltbundesamt (UBA) erklärt, war die Einführung eine Antwort auf die Vorgaben des Kyoto-Protokolls von 1997. Damals wurde beschlossen, die jährlichen Emissionen der Industriestaaten zwischen 2008 und 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber 1990 zu senken.

Der europäische Emissionshandel ist ein sogenanntes „Cap & Trade“-Prinzip, das laut UBA folgendermaßen funktioniert:

  • Mit staatlichen Obergrenzen („Cap“) wird festgelegt, wie viel CO2 beziehungsweise CO2-Äquivalante höchstens ausgestoßen werden dürfen. Diese Menge sinkt jährlich.
  • Die Unternehmen müssen für jede Tonne CO2-Äquivalente, die sie produzieren, eine Emissionsberechtigung abgegeben.
  • Einem Teil der Unternehmen wird aus dem Cap eine begrenzte Anzahl Emissionsberechtigungen kostenlos zur Verfügung gestellt.
  • Unternehmen, die keine Zertifikate bekommen, oder denen die Zuteilung nicht ausreicht, müssen Emissionsberechtigungen in den regelmäßig stattfindenden Auktionen ersteigern oder von anderen Unternehmen kaufen – daher der Zusatz „Trade“.

Am Ende des Jahres müssen die Unternehmen nachweisen, dass ihre gesamten Emissionen durch Zertifikate abgedeckt sind. Der Marktpreis für die Emissionsberechtigungen ergibt sich über die Auktionen und den Handel. Je höher der Marktpreis, desto mehr lohnt es sich für Unternehmen, weniger CO2 zu emittieren.

Zur Teilnahme am Handel verpflichtet sind der Luftverkehr, Energieanlagen und Industrieanlagen wie Eisen- und Stahlverhüttung, Papierherstellung und Glasproduktion. Im Jahr 2021 waren laut UBA in Europa 10.000 stationäre Anlagen wie Kraftwerke, Raffinerien und Stahlwerke in den europäischen Emissionshandel eingebunden.

So sieht der nationale Emissionshandel aus

Der nationale Emissionshandel in Deutschland wurde 2021 eingeführt. Er wird von den Deutschen Emissionshandelsstelle durchgeführt und funktioniert etwas anders als der europäische Emissionshandel:

  • Betroffen sind von dem Handel derzeit die Sektoren Wärmeerzeugung und Verkehr. Da hier aber viele Emissionen von den Bürger*innen (etwa Autofahrer*innen) ausgehen und diese nicht direkt am Emissionshandel teilnehmen können, sind hier die Unternehmen, die Brennstoffe in Verkehr bringen, verantwortlich. Ab 2024 muss sich auch die Abfallverbrennung an dem System beteiligen.
  • Wie im europäischen Emissionshandel muss auch im nationalen System für jede freiwerdende Tonne CO2 ein Zertifikat abgegeben werden, es gibt aber keine Zuteilung von kostenlosen CO2-Zertifikaten.
  • Außerdem ist der Preis für eine Tonne CO2 derzeit noch festgesetzt: Er beträgt dieses Jahr 30 Euro, im nächsten Jahr 35 Euro und 2025 dann 45 Euro. Danach sollen die CO2-Zertifikate wie im europäischen System versteigert werden.

Und was ist der Nutzen fürs Klima?

Ob der Handel mit CO2-Zertifikaten tatsächlich für mehr Klimaschutz sorgt, ist umstritten. Zwar sanken laut UBA in den Anlagen, die am europäischen Emissionshandel beteiligt sind, die Emissionen zwischen 2005 und 2021 um 38 Prozent. Im Luftverkehr sind sie allerdings gestiegen.

UBA-Präsident Dirk Messner sagt angesichts von 5,3 Milliarden Euro Einnahmen für den Bund aus dem europäischen Handel 2021: „Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung leisten einen wichtigen Beitrag für die Umsetzung der Energiewende, finanzieren Klimaschutzprojekte und werden außerdem zur Entlastung der Verbraucher genutzt.“ Dagegen kritisiert der WWF das System. Die kostenlose Zuteilung setze falsche Anreize, so der Umweltverband. „Solange gratis Verschmutzungsrechte an die Industrie vergeben werden, wird dies zu wenig Anreiz geben, auf klimafreundliche Prozesse umzustellen“, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland.

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