Die Verbraucherthemen nach der EU-Wahl

Darüber wird nun diskutiert

Aktuelles 5 min Lesedauer 06.06.2024

Anfang Juni haben die EU-Bürgerinnen und Bürger in den 27 Mitgliedstaaten demokratisch ein neues EU-Parlament gewählt. Mitte Juli treffen sich die 720 neu- beziehungsweise wiedergewählten Abgeordneten zum ersten Mal– 96 davon stammen aus Deutschland, so viele wie aus keinem anderen Land. In ihrer ersten Sitzung wählen die Abgeordneten einen Präsidenten oder eine Präsidentin und werden ab dann aktiv die Politik der Europäischen Union mitgestalten. Dabei steht eine ganze Reihe wichtiger Themen auf der Agenda, die Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa haben werden.

Wie sieht der Weg zur Klimaneutralität aus?

Einer der größten Themenblöcke derzeit ist das Klimaneutralitätsziel, das mit dem Green Deal auf den Weg gebracht wurde: Bis 2050 soll Europa der erste klimaneutrale Kontinent werden. Doch wie dieses Vorhaben nun konkret verfolgt werden soll, wurde schon in der zu Ende gehenden Legislaturperiode heiß diskutiert – die Debatte wird sicherlich noch weiter andauern. Das sind mögliche Maßnahmen und Streitthemen:

  1. Verpflichtende Errichtung von Photovoltaikanlagen beim Bau von neuen Wohngebäuden: Öffentliche Gebäude sollen schon ab 2027 verpflichtend mit Solaranlagen ausgestattet werden, private ab 2029, lauten die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie, die bereits den Gesetzgebungsprozess durchlaufen hat. Wie nun die Vorgaben in nationales Recht umgesetzt und wie Gebäudeeigentümer, die diese Pflicht missachten, sanktioniert werden, muss in den kommenden Monaten geregelt und bestimm werden.
  2. Besteuerung von Kerosin: Hier wird vor allem diskutiert, ob die Steuer streckenabhängig erhoben oder der Flugzeugstreibstoff direkt besteuert werden soll. Wird Letzteres eingeführt, könnten die Fluggesellschaften ihre Flugzeuge in Nicht-EU-Ländern betanken, so die Befürchtung. Kommt die Besteuerung – egal wie –, wird Fliegen mit Sicherheit teurer.
  3. Ökologische Landwirtschaft vorrangig fördern: Die Agrarpolitik der EU mit ihren Finanzhilfen für Landwirtinnen und Landwirte ist seit Jahrzehnten umstritten. Viele Parteien sehen in der gemeinsamen Agrarpolitik der EU großen Reformbedarf. Dabei sind sie sich in drei Punkten weitgehend einig: Es braucht mehr Fokus auf Tierwohl, Tierschutz und Nachhaltigkeit. So gibt es etwa Anreize, wenn weniger Pestizide eingesetzt werden und der Flächenverbrauch reduziert wird.
  4. Verbrenner-Aus: Auf EU-Ebene ist bereits beschlossen, dass ab dem Jahr 2035 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in der EU mehr zugelassen werden dürfen. Einige Parteien wollen dieses Verbot wieder rückgängig machen. Die Verbraucherzentrale ist zwar nicht direkt gegen das Aus, befürchtet aber, dass die damit steigende Stromnachfrage schwer stemmbar sein wird. Der Verband fordert daher, dass der europäische Gesetzgeber zeitnah Effizienzvorgaben für E-Autos festlegt.
  5. Preis für CO2-Ausstoß erhöhen: Ein höherer CO2-Preis wird vor allem von Umweltparteien gefordert. Die Umweltabgaben sollen dabei aber vor allem Unternehmen betreffen – auch um Anreize für eine klimaneutrale Produktion zu schaffen. Wie hoch die Abgabe ausfallen soll und inwieweit die europäischen Unternehmen gegenüber Nicht-EU-Firmen dadurch einen Wettbewerbsnachteil bekommen könnten – darüber sind sich die Parteien nicht einig.

Regulierung der sozialen Plattformen und Daten im Netz

Mehr Kontrolle, weniger Hass und Hetze und mehr Transparenz: Mit dem seit Anfang des Jahres in Kraft getretenen Digital Services Act (DSA) hat die EU bereits ein Instrument geschaffen, das digitale Plattformen unter anderem stärker in die Pflicht und Haftung nimmt. Unter anderem gibt es seitdem klare Regeln zum Umgang mit Desinformation, Hass und Hetze, die digitale Plattformen einhalten müssen. Ergänzt wird der DSA um den Digital Markets Act. Zusammen sollen die Verordnungen auch dafür sorgen, dass die Plattformen transparenter werden, den Nutzerinnen und Nutzern mehr Mitspracherecht über die Daten gegeben wird und der Wettbewerb im Online-Bereich fairer gestaltet wird. Der Rechtsrahmen ist also bereits geschaffen. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie er umgesetzt und vor allem Verstöße dagegen geahndet werden.

EU-eigene Steuern: Ja oder nein?

Damit die Europäische Union neben den Beiträgen der Mitgliedsstaaten über eigene Einnahmen verfügen kann, gibt es schon seit vielen Jahren die Forderung, EU-eigene Steuern einzuführen. Die Idee reicht dabei von einer Verbrauchersteuer, etwa auf Tabak oder Alkohol, bis zu einer Luftfahrtgebühr, einer CO2-Steuer oder einer Besteuerung von Unternehmen. Einige Parteien zogen mit einer solchen Forderung in den Wahlkampf, unter anderem die Grünen. Steuern für die Bürger und Bürgerinnen lehnt die Partei ab, vielmehr sollen die Unternehmen zur Kasse gebeten werden – etwa über Finanztransaktionssteuer oder Übergewinnsteuern in ökonomischen Sondersituationen. Da die meisten anderen großen Parteien eine EU-eigene Steuer ablehnen, ist deren Einführung unwahrscheinlich.

  • Mehr soziale Nachhaltigkeit und ökonomische Gerechtigkeit: Mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen soll künftig ein Fokus auf sozial gerechte und nachhaltige Politik gelegt werden, fordern viele Parteien und die Verbraucherzentrale. Dazu gehören etwa:
  • Verpflichtender Nutri-Score: „Damit die gesunde Option zur einfachen Option wird, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher gesündere Lebensmittel auf einen Blick erkennen können“, fordert die Verbraucherzentrale. Dafür müsse der Nutri-Score EU-weit verpflichtend und einheitlich für alle Lebensmittel eingeführt werden. Für Nahrungsergänzungsmittel werden Qualitätsstandards und Reinheitsanforderungen verlangt.
  • Werbeaussagen regulieren: Die EU soll nach Wunsch von einigen Parteien und der Verbraucherzentrale Vorgaben machen, wie Werbeaussagen belegt werden müssen, damit sie verwendet werden dürfen.
  • Strommarkt verbraucherfreundlich gestalten: Damit Verbraucherinnen und Verbraucher von Strom aus erneuerbarer Energie profitieren können, sollen sie selbst einen Beitrag leisten können – etwa mit steuerbaren Verbrauchsgeräten wie Wärmepumpen oder Wallboxen für Elektroautos, die verbraucherfreundlich in den Strommarkt integriert werden. Übergewinne von Unternehmen müssten verhindert werden.

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