Finanzielle Prokrastination

So besiegen Sie die Aufschieberitis

Aktuelles 5 min Lesedauer 10.12.2024
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„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“ Was im Volksmund harmlos klingt, kann im realen Leben langfristige und teure Konsequenzen haben. Ein kleiner Trost: Wer prokrastiniert, ist nicht allein. Besonders bei finanziellen Themen neigen sehr viele Menschen dazu, Entscheidungen immer wieder zu vertagen – egal, ob es um die Steuererklärung, Sparpläne für die Altersvorsorge oder das Verfassen des eigenen Testaments geht.

Mangelnde Disziplin ist vielen Menschen bewusst

Acht von zehn Deutschen (82 Prozent) haben schon finanzielle, berufliche oder gesundheitliche Nachteile erlitten, weil sie wichtige Dinge auf die lange Bank geschoben haben. Das hat das SINUS-Institut in einer Erhebung vom Februar 2017 zum Aufschiebeverhalten der Deutschen im Auftrag der Initiative „7 Jahre länger“ des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) herausgefunden.

37 % der Befragten gaben in der Erhebung an, dass sie auf geplante Anschaffungen verzichten mussten, weil sie nicht rechtzeitig dafür gespart hatten. Fast genauso viele Befragte (36 %) beklagten, sich nicht rechtzeitig um die Altersvorsorge gekümmert zu haben. „Die Deutschen leben immer länger. Umso wichtiger ist es, im Alter über die nötigen gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Ressourcen zu verfügen“, sagt Silke Borgstedt, Geschäftsführerin am SINUS-Institut. Die Gründe für das Aufschieben von Weichenstellungen seien für diese drei Bereiche allerdings recht unterschiedlich, so Borgstedt. „Während beim Thema Gesundheit eher Motivation oder fehlende Zeit angeführt werden, dominieren bei den ökonomischen Angelegenheiten die fehlenden finanziellen Mittel, die Unsicherheit, ob Geldanlage oder Sparen etwas bringen, sowie die Unwissenheit, wie man finanzielle Vorsorge angehen kann“, sagt die Forscherin.

Stress und Überforderung

Finanzielle Prokrastination ist mehr als nur ein vorübergehendes Zögern. Es handelt sich um das systematische Aufschieben wichtiger Geldangelegenheiten, die eigentlich dringend bearbeitet werden müssten.

Dafür gibt es viele Gründe. So wird der Umgang mit Finanzen oft mit Stress, Beklemmung oder Überforderung verbunden. Gerade bei komplexen Themen wie der Altersvorsorge oder der Schuldenbewältigung entsteht häufig das Gefühl, dass man „nicht genug weiß“, um die adäquaten Entscheidungen zu treffen. Oder vielleicht trifft einen die Überforderung auch angesichts der Vielzahl der anstehenden Aufgaben.

Zudem spielen emotionale Faktoren eine große Rolle. Viele Menschen haben in ihrem Leben nicht gelernt, wie man mit Geld umgeht oder empfinden das Thema als „langweilig“ oder „stressig“. Ein weiterer Faktor ist die heutige Konsumkultur, die uns ständig dazu anregt, Geld auszugeben und sofortige Belohnung zu erfahren. In einer Welt, in der Belohnungen schnell und ungeduldig erwartet werden, fällt es vielen schwer, langfristige finanzielle Ziele wie das Sparen oder die Schuldenreduzierung zu verfolgen.

Alle diese Faktoren können lähmend wirken und dazu führen, dass man lieber gar nichts tut, anstatt sich mit den unangenehmen Themen auseinanderzusetzen.

Zunächst gilt: Erkennen und Akzeptieren lernen

Der erste Schritt, um finanzielle Prokrastination zu überwinden, ist das Erkennen und die Akzeptanz. Machen Sie bewusst, dass Sie das Thema bislang nicht ernst genug genommen haben. Es ist wichtig, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und sich einzugestehen, dass man bisher nicht die notwendigen Schritte unternommen hat, um die eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen. Ohne diese Akzeptanz wird es schwer, die notwendigen Veränderungen einzuleiten.

Die Folgen von Finanzprokrastination verstehen

Der nächste Schritt ist es, sich der tatsächlichen Folgen von Prokrastination bei den Finanzen bewusst zu werden. Welche Risiken gehen mit einem Aufschieben von finanziellen Entscheidungen einher? Die Konsequenzen von finanzieller Prokrastination können auf lange Sicht gravierend sein.

Eine nicht zu unterschätzende negative Folge ist das Ansammeln von Schulden. Wenn man es immer wieder vermeidet, Rechnungen zu bezahlen oder Kredite rechtzeitig zu tilgen, drohen Zinsen und Mahngebühren, was die Schuldenlast nur noch weiter erhöhen kann. Doch auch das langfristige Aufschieben der Altersvorsorge oder das Vernachlässigen der Finanzplanung für größere Lebensziele, wie beispielsweise der Kauf einer Eigentumswohnung, kann zu unangenehmen Überraschungen führen. Wer zu spät anfängt, Rücklagen zu bilden oder in Altersvorsorgeprodukte zu investieren, riskiert, später nicht genug Geld zur Verfügung zu haben, um den Lebensstandard im Alter aufrechtzuerhalten.

Darüber hinaus kann mangelnde finanzielle Planung auch die persönliche Freiheit einschränken. Wer keine finanziellen Reserven aufgebaut hat, ist anfälliger für unvorhergesehene Ereignisse wie Jobverlust, oder andere Krisen. Eine solide Finanzplanung schützt nicht nur vor finanziellen Rückschlägen, sondern schafft auch Raum für persönliche Entfaltung und Sicherheit.

Praktische Strategien gegen finanzielle Prokrastination

  1. Finanzielle Disziplin lernen: Eine effektive Methode, um finanzielle Prokrastination zu überwinden, ist es, sich kleine, überschaubare Teilziele zu setzen. Anstatt sich sofort mit der gesamten Haushaltsplanung auseinanderzusetzen oder ein komplexes Sparkonzept zu entwickeln, beginnen Sie mit kleinen, konkreten Aufgaben. Diese kleinen Erfolge reduzieren die Hemmschwelle und machen Fortschritte sichtbar.
  2. Einen regelmäßigen Finanzcheck einplanen: Um finanzielle Prokrastination dauerhaft zu überwinden, empfiehlt es sich, regelmäßige Zeiten einzuplanen, in denen Sie sich mit Ihren Finanzen beschäftigen. Legen Sie einmal im Monat einen festen Termin fest, um Ihre Einnahmen und Ausgaben zu überprüfen, neue Finanzziele zu setzen oder Ihre Anlagestrategien anzupassen. Indem Sie diese Aufgabe fest in Ihren Kalender eintragen, schaffen Sie eine Gewohnheit und verhindern, dass das Thema immer wieder aufgeschoben wird.
  3. Sich Beratung und Unterstützung holen: Falls Sie sich mit Ihrer finanziellen Planung überfordert fühlen, kann es hilfreich sein, Unterstützung von außen einzuholen. Ein Finanzberater oder eine Finanzberaterin kann Ihnen helfen, eine klare Strategie zu entwickeln und Ihre Ängste zu überwinden. Auch der Austausch mit Freunden und Bekannten kann motivierend und zielführend wirken.

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