Frankreich forciert den Fortschritt

Geldanlage 7 min Lesedauer 10.06.2024
Flugzeug beim starten

Der Countdown läuft. Am 29. Juni startet die 111. Auflage der Tour de France. Erstmals in ihrer Geschichte wird die legendäre Frankreich-Rundfahrt mit der letzten Etappe am 21. Juli in Nizza enden und nicht in Paris. In der Stadt an der Seine werden zu dieser Zeit die letzten Vorbereitungen für die Olympischen Sommerspiele getroffen, die vom 26. Juli bis 11. August Athleten aus aller Welt zusammenbringen. Weltweite Aufmerksamkeit ist Frankreich in den nächsten Wochen also gewiss.

Inhaltsverzeichnis
  1. „France 2030“ – Anti-Aging-Programm für die Wirtschaft.
  2. Macron wirbt um Investitionen.
  3. Private Konsumausgaben sind ein Wachstumstreiber.
  4. CAC 40, das Pendant zum DAX? Nicht ganz!

Abseits der sportlichen Wettbewerbe ist das flächenmäßig größte Land der EU auch in ökonomischer Hinsicht einen Blick wert. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Frankreich ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 2.803,1 Mrd. Euro. Damit besitzen die Franzosen die zweitgrößte Volkswirtschaft des Euroraums nach Deutschland (BIP 2023: 4.121,2 Mrd. Euro). Im Gegensatz zur deutschen Wirtschaft, die 2023 um 0,3 % schrumpfte, erreichte Frankreich mit 0,7 % ein moderates Wachstum gegenüber dem Vorjahr. Auch im laufenden Jahr dürften unsere französischen Nachbarn in Sachen Wirtschaftswachstum die Nase vorn haben. Die Ökonomen der EU-Kommission erwarten 2024 erneut einen BIP-Anstieg um 0,7 %. Für Deutschland liegen die Erwartungen dagegen nur bei einem minimalen Zuwachs von 0,1 %. 

„France 2030“ – Anti-Aging-Programm für die Wirtschaft.

Während sich Deutschland derzeit um eine Deindustrialisierung sorgt, hat diese in Frankreich in den vergangenen Jahrzehnten schleichend stattgefunden. Dies zeigt ein Blick auf die Bruttowertschöpfung. So lag der Anteil des produzierenden Gewerbes am BIP im Jahr 2021 gerade einmal bei 16,8 %. Die Landwirtschaft steuerte 1,6 % bei, während der Hauptanteil mit 70,8 % auf den Dienstleistungssektor entfiel. 

Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden. Mit Fördermaßnahmen will die Regierung die Industrialisierungsquote in den nächsten Jahren wieder erhöhen. Das Ende 2021 aufgelegte Konjunktur- und Innovationsprogramm „France 2030“ stellt hierfür 54 Mrd. Euro an finanziellen Mitteln bereit. Doch damit soll nicht nur die Produktion im eigenen Land forciert werden. Ziel ist es, innovative Unternehmen insbesondere aus den Bereichen Automotive, Luftfahrt und Raumfahrt anzusiedeln. Ebenfalls gefördert werden wichtige Dienstleistungssektoren wie die Kommunikations-, Informatik- und Informationsbranche. Auf diese Weise soll die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt und Frankreich optimal auf die Zukunft vorbereitet werden.

Macron wirbt um Investitionen.

Präsident Emmanuel Macron ist äußerst engagiert, wenn es darum geht, die Vorzüge des Wirtschaftsstandorts Frankreich zu preisen. Dazu zählen neben unkomplizierten Verhandlungen vor allem weniger bürokratische Hürden, geringe Steuern für Unternehmen und großzügige Finanzierungshilfen, sei es durch staatliche Subventionen oder Kreditbürgschaften.  

Im königlichen Ambiente von Schloss Versailles warb Macron im Mai auf dem „Choose France“-Gipfel ein weiteres Mal um ausländische Investitionen. Mit Erfolg: So beabsichtigt beispielsweise das deutsche Start-up Lilium für bis 400 Mio. Euro den Bau einer Produktionsstätte für sein elektrisch betriebenes Kleinflugzeug in der Nähe von Bordeaux. Für die Region, eigentlich berühmt für ihre gehaltvollen Rotweine, wäre die Ansiedlung eine neue Chance. Denn der Klimawandel und eine sinkende Rotweinnachfrage machen den dortigen Winzern zu schaffen.  

Skeleton, ein deutsches Start-up für Energiespeicher (Superkondensatoren, Hochenergie-Festkörperbatterien), plant, für 600 Mio. Euro einen Standort in Toulouse zu errichten. Die unmittelbare Nähe zu den Endmontage-Werken von Airbus bietet im Hinblick auf die zukünftige Elektrifizierung der Luftfahrt ebenfalls Perspektiven.  

Deutlich größer ist die Summe, die der US-Tech-Riese Microsoft in Frankreich investieren will. Stolze 4 Mrd. Euro sollen in die Bereiche künstliche Intelligenz und Cloud-Computing u. a. an den Standorten Paris und Marseille fließen. Rund 1,2 Mrd. Euro stellt Amazon an Investitionen in die Cloud-Sparte Amazon Web Services sowie seine Logistik in Aussicht. Im Gesundheitsbereich wollen AstraZeneca und Pfizer mehrere Hundert Millionen Euro investieren. Mehr als 1 Mrd. Euro setzt der französische Pharmakonzern Sanofi ein, um seine Produktionskapazitäten in Frankreich auszuweiten. 

Die Investitions- und Förderprogramme lässt sich auch Frankreich einiges kosten. Mit 5,5 % des BIP fiel das Haushaltsdefizit 2023 deutlich höher aus als die veranschlagten 4,9 %. Zwar soll das Defizit von den für 2024 erwarteten 5,3 % des BIP auf 5,0 % des BIP im Jahr 2025 sinken. Allerdings wird damit der Anstieg der Staatsverschuldung, die bis 2025 auf 114 % der jährlichen Wirtschaftsleistung klettern dürfte, lediglich etwas verlangsamt (2023: 110,6 % des BIP).

Private Konsumausgaben sind ein Wachstumstreiber.

Die Investitionen in die Ansiedlung neuer Unternehmen zahlen auf die langfristigen Wachstumsperspektiven ein. Die Entwicklung der Wirtschaft auf mittlere Sicht wird vor allem von den privaten Konsumausgaben und der Inlandsnachfrage beeinflusst. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte trugen in den vergangenen Jahren jeweils rund 54 % zum BIP bei. 

Tariferhöhungen, Inflationsprämien und die gebremste Dynamik der Preissteigerungen führen aktuell zu höheren Reallöhnen. Diese könnten den privaten Konsum stimulieren. Zudem wird eine Lockerung der Geldpolitik durch die EZB zunehmend wahrscheinlicher. Das dürfte die Finanzierungsbedingungen günstiger machen und neue Anreize für Investitionen setzen. 2025 soll das Wirtschaftswachstum in Frankreich den Prognosen der EU-Kommission zufolge wieder an Fahrt gewinnen und um 1,3 % zulegen.

CAC 40, das Pendant zum DAX? Nicht ganz!

Eine anziehende Konsum- und Investitionstätigkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher könnte sich positiv auf die Hersteller zyklischer Konsumgüter auswirken. Eine ganze Reihe davon ist im Leitindex für den französischen Aktienmarkt, dem CAC 40, vertreten. Der Index bildet die Wertentwicklung der 40 nach Handelsaktivität und Börsenkapitalisierung größten an der EURONEXT in Paris gelisteten Aktiengesellschaften ab. Diese müssen entweder ihren Hauptsitz in Frankreich haben oder einen maßgeblichen Teil ihrer Geschäfte in Frankreich tätigen. Viele der Unternehmen sind zugleich global aufgestellt und produzieren vor Ort in ihren Absatzmärkten. Dies ist zwar ein Nachteil für die Exportbilanz Frankreichs, macht die Firmen aber resistenter gegen wirtschaftliche Schwächephasen einzelner Regionen oder Länder.  

Wie die meisten anderen Aktienindizes wird der CAC 40 in seiner geläufigen Form als Kursindex berechnet. Anders als beim DAX fließen die von den Unternehmen ausgeschütteten Dividenden also nicht mit in die Performance ein. Unter den größten Werten im CAC 40 finden sich bekannte Firmen wie der weltweit führende Anbieter von Luxusgütern LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton. Auch der Energiekonzern TotalEnergies ist aufgrund seines europaweit verzweigten Tankstellennetzes hierzulande kein Unbekannter. Ebenso wenig die Konsumgüterhersteller L'Oréal und Danone, der Flugzeugbauer Airbus, die Automobilhersteller Renault und Stellantis, der Reifenproduzent Michelin, der Versicherer AXA oder der Pharmakonzern Sanofi.  

Entsprechend der von der EURONEXT verwendeten Brancheneinteilung ICB (Industry Classification Benchmark) weist der CAC 40 eine recht gute Diversifikation verschiedener Branchen auf. Ein Manko könnte der derzeit geringe Anteil an Technologieunternehmen wie Schneider Electric sein. 

Anlegerinnen und Anleger, die den CAC 40 ihrem Depot als Beimischung hinzufügen wollen, stehen hierfür ETFs oder Indexzertifikate zur Verfügung. Eine regional stärker diversifizierte Alternative zum CAC 40 bietet der EURO STOXX 50. Im Blue-Chip-Index der Eurozone bilden Unternehmen aus Frankreich mit 41,4 % den größten Anteil. Allein unter den 10 Titeln mit dem höchsten Gewicht finden sich sechs französische Firmen. Zudem haben Unternehmen aus dem Technologiesektor im EURO STOXX 50 mit 17,1 % das höchste Gewicht (Quelle: STOXX; Stand: 30.04.2024).

Autor: Steffen Droemert

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