Früher in den Ruhestand gehen
Was beim Sparen fürs Alter zu beachten ist
Früher in den Ruhestand gehen, darüber denken viele nach. Doch wie realistisch ist es, vorzeitig finanziell unabhängig zu sein und die Rentenzeit sorgenfrei zu genießen? Denn ein früher Ruhestand ist in der Regel mit Abstrichen bei der gesetzlichen Rente verbunden. Doch diese allein reicht in den meisten Fällen nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten – eine Rentenlücke droht.
Vermögensaufbau fürs Alter – Was dabei zu beachten ist
Egal, ob man früher oder später in den Ruhestand geht: Jeder und jede sollte sich so früh wie möglich um die eigene private Altersvorsorge kümmern und dabei im Blick haben, mögliche Rentenlücken zu schließen. Nur so ist später eine finanzielle Unabhängigkeit denkbar. „Eine Faustformel besagt, dass man einen Anteil von 20 % seiner Nettoeinkünfte monatlich als zusätzliche Altersvorsorge beiseitelegen sollte“, sagt Finanzberater Rainer Weber vom EFC Financial Planning Center Rhein-Neckar. Mehr als eine Faustformel sei das aber nicht. Geld beiseitelegen für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand könne man erst, wenn man für sich geklärt hat, wie hoch die Summe für die Schließung der Rentenlücke sein solle und in welchem Alter man aus dem Berufsleben ausscheiden wolle.
Sparen für die Rente – 3 Fallbeispiele
Die Rentenlücke beschreibt die Differenz zwischen dem Einkommen im Ruhestand und den tatsächlichen Lebenshaltungskosten. Ob nun ein Betrag von 500.000 Euro, den man zusätzlich zur gesetzlichen Rente anspart, ausreicht für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand? 3 Fallbeispiele verdeutlichen, wie komplex das Thema ist.
Fallbeispiel 1: Single, 50 Jahre alt
Der 50-jährige Andreas ist Single und hat ein monatliches Nettoeinkommen von 6.000 Euro. Mit dem Sparen für die Rente hat er frühzeitig begonnen. Er zahlt in einen ETF-Sparplan ein, investiert in festverzinsliche Wertpapiere und hat ein Festgeld- wie ein Tagesgeldkonto. Wenn er regulär in Rente geht, wird er 3.100 Euro gesetzliche Rente bekommen, 2.000 Euro aus der betrieblichen Altersversorgung und 1.500 Euro aus seiner privaten Altersvorsorge, also ein Gesamtbetrag von 6.600 Euro.
Was nach einer ausreichenden Altersversorgung klingt, hat einen großen Haken: Eine Rentensumme von 6.600 Euro hat in 17 Jahren – zum regulären Rentenbeginn von Andreas mit 67 bei einer geschätzten durchschnittlichen Inflation von 2,5 % – eine Kaufkraft von 4.337,49 Euro. „Um das auszugleichen, ist hier das Rentenziel auf eine Real-Rente von 10.042 Euro im Jahr 2042 auszurichten“, rechnet Weber vor. Und: „Gerade Jüngere machen sich oft nicht klar, dass das Einkommen auch im Alter noch zu versteuern ist.“
Hätte Andreas nun den Plan, früher als regulär in den Ruhestand zu gehen, wäre eine denkbare Option, dass er seinen Anteil für die private Altersvorsorge aufstockt. „Hierbei ist wichtig, dass er seine Anlageprodukte regelmäßig auf den Prüfstand stellt und sich Hilfe von zertifizierten Beratern holt“, so Weber.
Fallbeispiel 2: Paar, beide 38 Jahre, ein Kind
Lilly und René sind beide 38 Jahre alt und haben ein Kind. Ihr monatliches Einkommen liegt bei 7.000 Euro. „Je früher das Paar mit dem Sparen für die Rente angefangen hat, desto besser“, betont Weber. Dann profitieren sie bei Kapitalanlagen mit längeren Laufzeiten vom Zinseszinseffekt. So können sie sich über einen längeren Zeitraum hinweg einen Betrag von 500.000 Euro ansparen. Ob das Geld für finanzielle Unabhängigkeit im Alter reicht, hängt nicht nur von den eigenen Bedürfnissen ab, sondern auch davon, ob sie etwa ihrem Kind eines Tages Geld vererben wollen.
„Eine eigene Immobilie kann ebenfalls eine Form der Altersvorsorge sein“, sagt die Finanzplanerin Stefanie Kühne aus Westerstede. Denn wenn sie eines Tages abbezahlt ist, ist mietfreies Wohnen möglich. Auch Investments in Immobilien, die vermietet werden, sind eine Kapitalanlage.
Naturgemäß ist für ein Paar mit Kind das Sparen für die Rente schwieriger als für einen Single. Ein Grund hierfür ist nicht zuletzt, dass Lilly und René für die Ausbildung ihres Kindes Geld beiseitelegen möchten. „Ist eine akademische Ausbildung mit Auslandssemestern geplant, ist hierfür ein Betrag zwischen 70.000 und 150.000 Euro einzukalkulieren, der letztendlich zu Lasten der Investitionen für die Ruhestandsplanung geht“, sagt Weber.
Wie hoch die zu schließende Rentenlücke ist, sollten Lilly und René in regelmäßigen Abständen mithilfe einer Finanzplanerin oder eines Finanzplaners ausloten. Dann steht gegebenenfalls an, Geld in andere Anlageprodukte umzuschichten und die Sparrate zu erhöhen.
Fallbeispiel 3: Berufseinsteigerin, 27 Jahre
Die 27-jährige Sibille ist nach dem Studium in ihrem Beruf eingestiegen und kommt auf ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro. Sie möchte früher in den Ruhestand gehen – am liebsten so früh wie möglich. „Wirklich realistisch ist das allerdings nicht“, sagt Stefanie Kühne.
Denn bei einem Nettoeinkommen von 3.000 Euro bleibe nach Abzug von Miete, Lebenshaltungskosten & Co. kein übermäßig hoher Geldbetrag zum Sparen übrig. Zwar steigt zumeist mit den Berufsjahren auch das Einkommen, womit dann auch höhere Sparbeträge möglich wären – aber die Inflation zehrt an jedem Plus.
Wäre Sibille in der Lage, jeden Monat 2.000 Euro für einen früheren Ruhestand zu sparen, hätte sie bei einer angenommenen Rendite von 5,39 % nach 14 Jahren durch den Zinseszinseffekt einen Betrag von 500.000 Euro zusammen. Dann wäre Sibille 42. Aber würde sie dann in den frühen Ruhestand gehen, ist ungewiss, wie lange das Geld reicht. Denn völlig unkalkulierbar ist der Faktor Lebensalter.