Wenn die Fahrerlaubnis zum Luxus wird
Starke Teuerung bei Führerscheinpreisen
Der Führerschein steht für Unabhängigkeit, Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe. Wer fahren darf, kann sich neue Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erschließen und seinen gesellschaftlichen und kulturellen Aktionsradius entscheidend erweitern. Besonders in ländlichen Regionen ist der Führerschein damit für viele Menschen eine wichtige Voraussetzung, ihren eigenen Weg gehen zu können.
Allerdings sind die Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit förmlich explodiert. Allein von 2020 bis 2023 betrug die Preissteigerung unter dem Strich nach den neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes mehr als 30%. So wurde der Führerschein allein 2021 im Jahresvergleich um 9,6% kostspieliger. 2022 legten die Führerscheinpreise mit 10,8% noch deutlicher zu. Und auch 2023 wurden sie um 7,6% teurer. Die Anstiege waren jeweils merklich schneller als die allgemeine Inflation in den entsprechenden Jahren.
Explodierende Kosten
Laut ADAC kostet ein Auto-Führerschein derzeit zwischen 2.100 und 4.400 Euro; die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) geht von 2.800 bis 3.500 Euro aus. Der weitaus größte Anteil daran wird für den theoretischen Unterricht in der Fahrschule und die praktischen Fahrstunden fällig. Dass die Preise so stark variieren, liegt daran, dass es keine Pauschalen gibt: Die Schulungsaufwände sind unterschiedlich, und die Preise für ihre Leistungen können die Fahrschulen frei gestalten. Eine Rolle spielt laut BVF auch, ob der Führerschein in der Stadt oder auf dem Land erworben wird, wo die Verkehrssituation meist deutlich ruhiger ist.
Einen deutlich geringeren Anteil an den Gesamtkosten machen die gesetzlich verordneten Gebühren für die theoretische und praktische Prüfung aus. Für die theoretische Prüfung sind in allen Fahrerlaubnisklassen derzeit rund 25 Euro fällig. Eine praktische Prüfung für einen Autoführerschein der Klasse B kostet rund 130 Euro.
Digitalisierung als Preistreiber
Dass die Fahrschulkosten zuletzt immer weiter gestiegen sind, liegt Fani Zaneta zufolge auch daran, dass sich die theoretische Prüfung stark verändert hat: „In den vergangenen Jahren ist die theoretische Fahrerlaubnisprüfung inhaltlich und konzeptionell verbessert und digitalisiert worden“, sagt die Referentin für Fahrerlaubnis, Fahreignung und Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. So seien etwa Lösungshinweise aus den Texten entfernt und plausiblere Möglichkeiten für Falschantworten entwickelt worden. „Diese Maßnahmen führten dazu, dass eine erfolgreiche Bearbeitung ohne intensive Vorbereitung unwahrscheinlich geworden ist.“
Fahrschulen müssen solche Änderungen kontinuierlich in ihre Ausbildung integrieren. Expertin Zaneta zufolge ist es allerdings möglich, dass nicht alle Fahrschulen ihre Lehrmaterialien und -inhalte immer auf dem aktuellen Stand halten. Fahrschülerinnen und Fahrschüler sollten darüber hinaus keine veralteten Auflagen von Lehrbüchern oder Versionen von Software zu nutzen, um Geld zu sparen. Denn: „Da es im Bereich der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung durchaus halbjährlich Aktualisierungen von Prüfungsaufgaben gibt, ist der Rückgriff auf veraltete Medien fatal und kann sich negativ auf die Prüfungsleistung auswirken.“
Neue Lern- und Lehrkonzepte
Verbesserungsbedarf angesichts der steigenden Preise und der seit Anfang der 2010er Jahre zunehmenden Durchfallquoten bei Führerscheinprüfungen sieht der TÜV-Verband jedoch in erster Linie bei der Fahrausbildung. Dies erhöhe nicht nur die Fahrfähigkeiten von Fahranfängerinnen und Fahranfängern und ihre Chancen, die Prüfung zu bestehen, sondern halte auch die Kosten für den Führerschein im Rahmen und verbessere die Sicherheit im Straßenverkehr insgesamt.
Der Verband plädiert für eine zügige Umsetzung des „Ausbildungs- und Evaluationskonzepts zur Optimierung der Fahrausbildung“, das die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vor einigen Jahren vorgelegt hat. Das Konzept soll die Vermittlung von Fahr- und Verkehrskompetenzen verbessern, erklärt Zaneta: „Es enthält unter anderem aktualisierte und verbindliche Ausbildungsinhalte, einen Kompetenzrahmen und einen Ausbildungsplan als Steuerungsinstrumente, eine Verzahnung von selbstständigem Theorielernen, Theorieunterricht und fahrpraktischer Ausbildung sowie eine digitale Unterstützung von Ausbildungsprozessen.“ Auch die regelmäßige Kontrolle von Lernständen im Ausbildungsverlauf gehören zu dem Konzept.
Weitere potenzielle Kostensteigerungen
Gleichzeitig warnen Fahrlehrerverbände vor absehbaren weiteren Kostensteigerungen. Auflagen zu längeren Prüfungen sowie neue Assistenzsysteme in Autos erforderten zusätzliche Ausbildungszeit, sagte etwa Jochen Klima, Vorsitzender des Landesverbandes Baden-Württemberg, bereits im Frühjahr. Hinzu kämen massive Kostensteigerungen etwa bei Fahrzeugen, Löhnen, Mieten und Energie. „Das führt zwangsläufig zu gestiegenen Ausbildungspreisen.“