Gelddysmorphie: Was ist das?

Dem Phänomen auf den Grund gegangen.

Finanzwissen 5 min Lesedauer 17.03.2025

Schon mal von der Gelddysmorphie gehört? Nein? Dann zählen Sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zur Generation Z oder den Millennials. Denn das relativ neue Phänomen betrifft vorwiegend diese Altersgruppe. Doch der Reihe nach.

Gelddysmorphie tritt dann auf, wenn Menschen sich bezüglich ihrer eigenen finanziellen Situation unsicher fühlen. Ähnlich wie bei der körperdysmorphen Störung, bei der Betroffene eine verzerrte Wahrnehmung ihres Aussehens haben, beschreibt die Gelddysmorphie eine unrealistische oder übertriebene Sicht auf die eigenen Finanzen.

Konkrete Merkmale einer Gelddysmorphie sind:

  • Verzerrte Selbstwahrnehmung: Betroffene nehmen sich als ärmer wahr, als sie tatsächlich sind, oder überschätzen ihre finanzielle Situation.
  • Übermäßige Sorgen: Ständige Ängste um die eigene finanzielle Lage, selbst wenn objektiv betrachtet kein Grund zur Sorge besteht.
  • Vergleichsverhalten: Exzessives Vergleichen der eigenen finanziellen Situation mit der anderer, oft mit unrealistischen Maßstäben.
  • Vermeidungsverhalten: Das Vermeiden von Situationen, die mit Geld zu tun haben, wie das Überprüfen des Kontostands oder das Erstellen eines Budgets.
  • Zwanghafte Verhaltensweisen: Übermäßiges Sparen oder Ausgeben, das nicht im Einklang mit der tatsächlichen finanziellen Situation steht.

„Streng genommen meint Gelddysmorphie so etwas wie Verformung oder Verzerrung und wird im Sinne einer Fehlwahrnehmung verwendet“, erklärt Georg Felser, Professor an der Hochschule Harz in Wernigerode. Meist konzentriere sich der Begriff aber auf Fälle, in den Menschen ungerechtfertigt glauben, es gehe anderen finanziell besser als ihnen selbst. „Dabei entsteht Unzufriedenheit und Neid und infolgedessen auch ein Bedürfnis nach Wohlstand und materiellen Gütern, das man aber selbst gar nicht finanzieren könnte“, sagt Felser.

Wer ist betroffen?

Vor allem junge Erwachsene und die Generation Z fühlen sich von dem Phänomen beeinträchtigt. Das zeigt eine auf die USA bezogene Studie des Softwareunternehmens Qualtrics im Auftrag von Intuit Credit Karma aus dem Jahr 2024. Demnach haben generationsübergreifend 29 Prozent der Befragten angegeben, dass sie Gelddysmorphie erleben. In der Gruppe der Generation Z (Jahrgänge 1995 bis 2010) zeigten sich 43 Prozent und bei den Millennials (Jahrgänge 1981 bis 1995) 41 Prozent betroffen.
 

„Jüngere Menschen sind besonders anfällig, weil in diesem Alter Selbstwert und Selbstbild besonders instabil sind“, sagt Wirtschaftspsychologe Felser. Das sei in der Pubertät extrem und konsolidiere sich erst mit einem Alter von etwa 30 Jahren. In diesem Zeitfenster finde sich eine größere Beeinflussbarkeit als später. „Wenn in dem jungen Alter Möglichkeiten aufgezeigt werden, den Selbstwert durch Besitz zu heben oder durch seinen Besitz auszudrücken, wer man ist, fällt das auf besonders fruchtbaren Boden“, so der Experte.

Die Gründe für das Phänomen

Die Gründe für eine Gelddysmorphie können vielfältiger Natur sein und möglicherweise auf persönlichen Erfahrungen, gesellschaftlichem Druck oder medialer Beeinflussung beruhen. Faktoren wie mangelnde finanzielle Bildung, unrealistische Erwartungen an den eigenen Lebensstandard oder ein generell niedriges Selbstwertgefühl können zur Entwicklung beitragen.

„Ein wichtiger Faktor ist, dass wir alle ständig von alternativen Lebensentwürfen umgeben sind, die wir auch im Bereich unserer eigenen Möglichkeiten ansiedeln“, betont Georg Felser. „Zum einen zeigen uns andere über die sozialen Medien geschönte Versionen ihres eigenen Lebens – und je mehr ich mich mit denen vergleiche, desto stärker wirken diese Wahrnehmungen auf meine Zufriedenheit.“ Zum anderen stelle uns die Umwelt auch viele Dinge zur Verfügung. „Es ist uns ja im Prinzip möglich, alle möglichen Dinge zu machen, Reisen, Konsum, Familiengründung, Karriere und so weiter. Die Entscheidungsfreiheiten sind enorm gewachsen, damit aber auch der subjektive Druck, diese Freiheiten zu nutzen“.

Auswirkungen und Umgang

Eine Gelddysmorphie kann erhebliche Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität haben. Sie kann zu Stress, Angstzuständen und Depressionen führen – und zu schlechten finanziellen Entscheidungen. Auch hier zeigt die Intuit-Credit-Karma-Studie ein deutliches Bild. Von den Befragten, die sich von Gelddysmorphie betroffen sehen, gaben:

  • 40 Prozent an, dass das Phänomen sie daran gehindert habe, Ersparnisse aufzubauen,
  • 38 Prozent an, dass sie zu viel konsumiert hätten,
  • 32 Prozent an, dass sie mehr Schulden machten.

30 Prozent dieser Gruppe waren zudem davon überzeugt, dass die Dysmorphie sie daran gehindert habe, für Eigentum zu sparen oder Schulden abzubauen.

Einige Möglichkeiten, das Phänomen zu überwinden, bestehen darin, einen ehrlichen Blick auf die eigenen Finanzen zu werfen, sich klare Ziele zu setzen, einen Plan zu erstellen und vor allem, sich auf die eigenen Angelegenheiten zu konzentrieren, rät die Verbraucherjuristin bei Intuit Credit Karma, Courtney Alev.

Folgende weitere Ansätze können hilfreich sein:

  • Finanzielle Bildung: Ein besseres Verständnis von Finanzen kann helfen, realistische Erwartungen zu entwickeln.
  • Achtsamkeit und Selbstreflexion: Bewusstes Wahrnehmen der eigenen Gedanken und Gefühle in Bezug auf Geld.
  • Entwicklung gesunder finanzieller Gewohnheiten: Regelmäßiges Budgetieren und realistisches Finanzmanagement.

Wichtig zu wissen: Gelddysmorphie ist kein offiziell anerkannter psychologischer Begriff oder eine diagnostizierbare Störung. Vielmehr handelt es sich um ein Konzept, das verwendet wird, um bestimmte Verhaltensweisen und Einstellungen in Bezug auf persönliche Finanzen zu beschreiben. Wenn jemand ernsthafte Probleme mit seiner finanziellen Wahrnehmung oder seinem Umgang mit Geld hat, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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