Geldkosten vs. reale Kosten

Die wahren Preise sind deutlich höher

Finanzwissen 5 min Lesedauer 11.01.2024
Geldkosten Reale Kosten

Die Inflation hat zwar etwas nachgelassen, doch immer noch stöhnen viele Konsument*innen über die aus ihrer Sicht zu hohen Preise. Dabei klaffen Geldkosten und reale Kosten zum Teil erheblich auseinander – die wahren Preise müssten eigentlich noch viel höher sein. Denn die bei der Produktion entstehenden Auswirkungen auf die Umwelt finden auf dem Preisschild in Geschäft oder Supermarkt in der Regel keinen Niederschlag.

Zum Beispiel Butter. Ein Paket davon kostet im Handel rund zwei Euro. Das ist für manche Verbraucher*innen viel Geld. Doch gedeckt sind die Gesamtkosten damit bei weitem nicht. „Die realen Kosten eines Pakets Butter gehen über den Verkaufspreis hinaus und umfassen den gesamten Prozess von der Erzeugung bis zum Einkauf“, sagt der Umweltökonom Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg. Dabei würden soziale und ökologische Auswirkungen berücksichtigt, und zwar:

  • Klima: „Dieser Faktor umfasst sämtliche klimaschädlichen Emissionen, die in der Landwirtschaft bei der Produktion von Butter entstehen“, erläutert Gaugler. Dazu gehöre etwa das von Rindern produzierte Methan oder das durch dieselbetriebene Traktoren freigesetzte CO2.
  • Wasser: Alles, was sich nachteilig auf das Grundwasser oder andere Wasserquellen und -speicher auswirken kann, kommt hier zum Tragen. Das sind beispielsweise Stickstoffe aus Düngemitteln oder Pestizide, deren Gift ins Wasser gelangt.
  • Boden: Bei der Produktion landwirtschaftlicher Güter wird Landfläche genutzt, mit der Zeit verschlechtert sich die Bodenqualität – etwa durch die Veränderung natürlicher Flächen für die Ackernutzung.
  • Gesundheit: Hier stehen mögliche gesundheitliche Schäden im Fokus, die durch Pestizide oder das in der Tierhaltung anfallende Ammoniak entstehen können.

So sehen die wahren Preise bei diversen Lebensmitteln aus

Wie hoch nun der wahre Preis für ein Paket Butter wäre, darüber gibt es bislang keine konkreten Berechnungen – bei einigen anderen Lebensmitteln schon. Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Nürnberg, darunter Gaugler, sowie der Universität Greifswald haben im Sommer 2023 für eine Aktion des Discounters Penny die wahren Preise von neun Lebensmitteln berechnet. Dabei wurden die Geldkosten den realen Kosten gegenübergestellt, beispielsweise für

Maasdamer Käse: Die 300-Gramm-Packung etwa verteuert sich nach den Berechnungen der Wissenschaftler*innen um 94% von 2,49 auf 4,84 Euro. Hier kämen zum „normalen“ Preis Kosten in Höhe von 2,35 Euro hinzu, nämlich

  • 85 Cent für klimaschädliche Emissionen der Landwirtschaft wie Methan oder CO2,
  • Etwas mehr als 10 Cent für die Belastung des Grundwassers durch Düngemittel,
  • 76 Cent für die Bodenbelastungen durch die intensive Landwirtschaft zur Futterproduktion und
  • 63 Cent für die Auswirkungen des Pestizideinsatzes und anderer Faktoren auf die Gesundheit.

Wiener Würstchen: Die 400-Gramm-Packung verteuert sich bei Berücksichtigung der wahren Preise von 3,19 auf 6,01 Euro. Hier fielen zum „normalen“ Preis noch zusätzliche Kosten in Höhe von 2,82 Euro an 

  • für klimaschädliche Emissionen 94 Cent
  • sowie für die Auswirkungen aufs Wasser 9 Cent,
  • auf den Boden 1,17 Euro
  • und auf die Gesundheit 62 Cent.

Preisaufschlag durch versteckte Umweltkosten nicht überall gleich

Deutlich geringer als bei Wiener Würstchen fällt die Steigerung mit nur 5% bei einem veganen Schnitzel aus. Bei rein pflanzlichen Produkten sei der wahre Preis wegen der geringeren Umweltbelastung am niedrigsten, so Gaugler. Deutlich höher sei er bei Milchprodukten und am höchsten bei Fleisch.

Wahre Preise auch in anderen Lebensbereichen höher

Nicht nur für Lebensmittel, auch für andere Waren wäre viel mehr Geld fällig, wenn die wahren Preise berücksichtigt würden. Zum Beispiel:

  • Plastik: Die Produktion, der Verbrauch und die Entsorgung von Kunststoffen wirken sich deutlich negativ auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft aus – ohne dass diese Faktoren auch nur annähernd im Marktpreis von Kunststoffen Berücksichtigung finden. Nach einem Bericht von WWF und der Beratungsfirma Dalberg müssten die wahren Kosten von Plastik mindestens zehnmal höher sein als der Marktpreis.
    Laut WWF produziert die Menschheit heute jährlich mehr als 200 Millionen Tonnen Abfall durch Kunststoffe. Die Kunststoffproduktion könnte sich bis 2040 verdoppeln und die Kunststoffverschmutzung verdreifachen, falls es nicht gelingt, die wahren Kosten von Kunststoffen zu erkennen und zu beseitigen.
  • Kleidung: Viele Konsument*innen kaufen sich regelmäßig neue Kleidung. Manches davon tragen sie nur kurz und ersetzen sie schnell durch neue preisgünstige Mode. Dieses Phänomen, auch unter dem Begriff „Fast Fashion“ bekannt, ist nur durch billige Produktion möglich. Oft erfolgt die Produktion laut Bundesumweltministerium in Entwicklungs- und Schwellenländern – dort erhalten Arbeiter*innen niedrige Löhne. Zudem kommt der Schutz der Umwelt kaum zum Tragen. Und durch den Transport aus der Ferne nach Deutschland wird diese zusätzlich belastet.
    Würden die Umweltkosten, die bei der Produktion und beim Transport von Textilien anfallen, berücksichtigt, müsste Kleidung deutlich teurer sein.

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