Gesetzliche Erbfolge ohne Testament
Was Sie hierzu wissen müssen
Haben Sie eigentlich schon vorgesorgt und für den Fall Ihres Todes Ihren letzten Willen hinterlegt? Wenn Sie diese Frage mit nein beantworten, sind Sie nicht allein. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Forums für Erbrecht hat nur rund jede dritte volljährige Person in Deutschland (31 %) bereits ein Testament aufgesetzt oder einen Erbvertrag abgeschlossen, um festzulegen, wer nach dem eigenen Tod was erben soll.
In den meisten Fällen ist das keine kluge Entscheidung. Denn: Wer es selbst in der Hand haben möchte, was mit dem eigenen Hab und Gut im Ernstfall geschehen soll, benötigt ein Testament oder einen Erbvertrag. Hinterlassen Sie eine solche Nachlassregelung nicht rechtzeitig, greift die gesetzliche Erbfolge. „Diese entspricht aber nicht immer dem eigenen Willen“, sagt der Bonner Fachanwalt für Erbrecht, Eberhard Rott. Er ist zugleich Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT).
So funktioniert die gesetzlicher Erbfolge:
- Zuallererst erben Ehegatten und Kinder. Nach dem Ehegattenerbrecht erbt, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist, der/die überlebende Ehepartner oder -partner*in neben den Kindern zunächst ein Viertel des Nachlasses. Dieses Viertel erhöht sich auf die Hälfte, falls kein Ehevertrag vorhanden ist. An die Kinder geht die andere Hälfte des Erbes. Bei Kinderlosen erbt der/die Ehepartner oder -partnerin drei Viertel des Nachlasses. Der Rest geht an die Eltern oder Geschwister des oder der Verstorbenen.
- Besteht keine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft, erben nur die Kinder. Sie schließen andere Verwandte von der Erbfolge aus.
- Lebt eines der Kinder nicht mehr, erben dessen Abkömmlinge, sprich die Enkelkinder des Erblassers oder der Erblasserin.
- Gibt es auch keine Kinder, geht das Erbe an die Eltern des Erblassers oder der Erblasserin.
- Leben beide Elternteile nicht mehr, haben die Geschwister des Erblassers oder der Erblasserin Erbansprüche.
- Sind die Geschwister verstorben, sind deren Kinder – sprich die Nichten und Neffen – erbberechtigt.
- Hat der Erblasser keine Geschwister, erben die Großeltern.
- Sollte ein Großelternteil verstorben sein, erben den entsprechenden Anteil die Onkel und Tanten der Erblasserin.
- Sind die Tanten und Onkel tot, haben die Cousinen und Cousins Erbansprüche.
- Sollte es solche nicht geben, sind die Großtanten und Großonkel erbberechtigt.
- Wenn es gar keine Angehörigen gibt, geht das Hab und Gut eines Erblassers oder einer Erblasserin an den Staat.
Mit Testament oder Erbvertrag Angehörige vom Erben ausschließen
Mit einem Testament oder Erbvertrag ist es möglich, Angehörige – aus welchen Gründen auch immer – von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen, ihn oder sie also zu enterben. „Eine weitere Option ist, jemandem weniger als gesetzlich vorgesehen zu vererben“, sagt Rott. In beiden Fällen hat laut Erbrecht der jeweilige Erbe einen Anspruch auf den Pflichtteil.
Dieser Anspruch besteht aber nur, wenn er oder sie zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Erben gehört. „Dieser Kreis ist kleiner als der der gesetzlichen Erben und grundsätzlich beschränkt auf Ehegatten, Kinder und gegebenenfalls Eltern des Erblassers“, so Rott.
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Erbteils, der einem Erben oder einer Erbin gesetzlich zusteht. Kommt es zum Erbfall, muss der oder die Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil schriftlich beim Alleinerben oder bei der Erbengemeinschaft (falls es mehrere Erben gibt) einfordern – und notfalls innerhalb von drei Jahren einklagen, falls er nicht anerkannt wird.
- Gut zu wissen: Ein Erblasser oder eine Erblasserin kann den Anspruch auf den Pflichtteil nicht dadurch aushöhlen, indem er das vorhandene Vermögen noch zu seinen Lebzeiten verschenkt. Erfolgen schon zu Lebzeiten Schenkungen an andere Erbinnen oder Erben, steht dem/der Pflichtteilsberechtigten ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Hierbei wird die Schenkung zum Nachlass hinzugerechnet – wodurch sich der Wert des Nachlasses, der Basis für die Pflichtteilsberechnung ist, erhöht.
Testament oder Erbvertrag errichten – So geht’s
Ein eigenes Testament zu verfassen, das ist denkbar einfach. „Im Prinzip reicht es, den eigenen Willen handschriftlich niederzuschreiben und das Dokument mit Datum und Unterschrift zu versehen“, sagt Rott.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dass das Testament gültig ist, kann eine Fachanwaltspraxis für Erbrecht oder ein Notariat aufsuchen. Bei einem Erbvertrag ist letzteres sogar ein Muss.
Wann Erbinnen und Erben Erbschaftsteuer zahlen müssen
Wer erbt, muss Erbschaftsteuer zahlen – aber nur, wenn der Wert des Geerbten über eine bestimmte Höhe liegt. Es gibt also Freibeträge. „Ehepartner müssen bis zu einem Betrag von 500.000 Euro keine Erbschaftsteuer zahlen“, sagt Rott. Kinder können von beiden Elternteilen 400.000 Euro bekommen, ohne dass der Fiskus zugreift. Zusätzliche Freibeträge kann es bei der Vererbung von eigengenutzten Immobilien geben oder bei besonderen Versorgungsfällen.
Vererben Großeltern ihren Enkeln und Enkelinnen etwas, sind bis zu einem Betrag von 200.000 Euro keine Steuern fällig. Auch für Geschwister, Nichten, Neffen, und Lebensgefährten und -gefährtinnen gibt es beim Erben einen steuerlichen Freibetrag – er liegt bei 20.000 Euro.