Gig Economy: Flexibel, aber riskant?
Flexible Arbeit, aber zu welchem Preis?
Die Arbeitswelt ist ständig im Wandel – vorangetrieben durch Digitalisierung und der demografischen Entwicklung. Immer mehr Menschen suchen nach flexiblen Arbeitsmodellen und alternativen Einkommensquellen. Die Gig Economy, also der Markt für temporäre Jobs und Plattformarbeit, verspricht genau das: Selbstbestimmtes Arbeiten, ortsunabhängige Selbstständigkeit und eine neue Freiheit jenseits des klassischen 9-to-5-Jobs.
Doch nicht alle New-Work-Jobber profitieren gleichermaßen. Immer wieder steht die Gig Economy in der Kritik – insbesondere die auf Online-Plattformen basierende Plattformarbeit. Arbeit werde unter Wert vergeben, lautet ein zentraler Vorwurf. Doch wie groß ist dieses Problem tatsächlich? Welche Chancen und Risiken bringt die Gig Economy mit sich? Und für wen eignet sich dieses Arbeitsmodell?
Was ist die Gig Economy?
Die Gig Economy umfasst kurzfristige, oft über digitale Plattformen vermittelte temporäre Jobs. Klassische Beispiele sind die Arbeit als Freiberuflerin oder Freiberufler, Projektaufträge in der IT- und Kreativbranche oder Fahr- und Lieferdienste im Rahmen der Sharing Economy.
Bekannte Plattformen wie Upwork, Fiverr oder Freelancer.de bringen Auftraggebende und Selbstständige zusammen. Doch auch Services wie Airbnb oder Uber zählen zur Gig Economy – oft mit ganz unterschiedlichen Arbeitsrealitäten.
Ein weit verbreiteter Mythos ist, dass immer mehr Menschen ihre gesamte Selbstständigkeit ausschließlich über Online-Plattformen aufbauen. Doch das ist die Ausnahme, wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt: 99 Prozent der sogenannten Gigworker nutzen Plattformarbeit demnach nur im Nebenerwerb. Die Studie berücksichtigte dabei nicht nur klassische Freelancer-Plattformen, sondern auch die Arbeit für Lieferdienste oder die Vermietung über Airbnb. Max Hilgarth, Geschäftsführer des Verbandes der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), bestätigt: „Für unsere Mitglieder spielen die Plattformen eine sehr untergeordnete Rolle, dienen allenfalls als Nebenverdienst.“
Chancen und Risiken: Wem nützt die Gig Economy wirklich?
Die Gig Economy bietet vor allem Flexibilität – aber oft auf Kosten der sozialen Sicherheit.
Chancen für Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler:
- Flexibilität: Freie Zeiteinteilung und ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen eine bessere Work-Life-Balance.
- Vielfalt der Projekte: Wer auf verschiedenen Plattformen aktiv ist, kann unterschiedliche Kunden gewinnen und neue Fähigkeiten erwerben.
- Zusätzliche Einnahmequelle: Für viele ist Plattformarbeit eine Möglichkeit, nebenberuflich Einkommen zu generieren oder eine Selbstständigkeit schrittweise aufzubauen.
Risiken und Kritik an der Plattformarbeit:
- Prekäre Bezahlung: Viele Jobs auf Plattformen werden schlecht vergütet, da die Konkurrenz groß und Preis-Dumping üblich ist.
- Fehlende soziale Absicherung: Freiberuflerinnen und Freiberufler müssen sich selbst um Krankenversicherung, Altersvorsorge und Steuerzahlungen kümmern.
- Abhängigkeit von Plattformen: Wer ausschließlich auf Plattformarbeit setzt, riskiert, von Algorithmus-Änderungen oder Sperrungen betroffen zu sein – ohne Kündigungsschutz.
Besonders kritisch sehen viele Expertinnen und Experten, dass einige Plattformen ihre Marktmacht ausnutzen, um Honorare zu drücken. In einigen Fällen bedeutet das, dass Arbeit unter Wert vergeben wird – ein Problem, das immer wieder für Diskussionen sorgt.
Gehalt und Steuern in der Gig Economy: Lohnt sich das Modell?
Einige digitale Nomaden oder hochspezialisierte Freiberuflerinnen und Freiberufler können mit Plattformarbeit gutes Geld verdienen – insbesondere in IT, Design oder Consulting. Doch in vielen anderen Bereichen sind die Verdienstmöglichkeiten begrenzt.
Wichtig: In der Gig Economy müssen Steuern selbst abgeführt werden. Dazu gehören die Einkommensteuer, die Gewerbesteuer (je nach Tätigkeit) sowie die Umsatzsteuer (falls kein Kleinunternehmerstatus gilt). Ein finanzielles Polster ist daher unerlässlich, um schwankende Einnahmen auszugleichen.
Wie gelingt der Einstieg in die Gig Economy?
Wer über die Gig Economy nachdenkt, sollte nicht unüberlegt in die Plattformarbeit einsteigen. Stattdessen ist eine strategische Herangehensweise gefragt.
- Plattformarbeit nur als Zusatz nutzen
Da die meisten Freiberuflerinnen und Freiberufler Plattformen nur für Nebeneinnahmen nutzen, sollte die Gig Economy nicht die einzige Einkommensquelle sein. - Eigene Kundschaft aufbauen
Langfristig ist es sinnvoll, sich von Plattformen unabhängig zu machen und direkt mit Kundinnen und Kunden zu arbeiten – zum Beispiel über eine eigene Website oder Social Media. - Preise realistisch kalkulieren
Plattformen sind oft hart umkämpft. Wer sich unter Wert verkauft, kommt schnell in eine Spirale von Niedrigpreisen. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig als Expertin oder Experte zu positionieren. - Sozialversicherung und Steuern im Blick behalten
Viele unterschätzen, wie teuer Selbstständigkeit sein kann, wenn Sozialabgaben und Rücklagen nicht eingeplant sind. - Weiterbildung nutzen
Höhere Qualifikationen bedeuten bessere Jobs. Plattformen wie Udemy oder Coursera bieten Kurse, um sich weiterzuentwickeln und die eigenen Chancen in der Gig Economy zu verbessern.
Fazit: Die Gig Economy ist kein Allheilmittel – aber kann eine Chance sein
Die Gig Economy wird oft als Zukunftsmodell der Arbeit gepriesen – doch für viele ist sie eher ein Nebenerwerb als eine echte Alternative zur Festanstellung. Für einige Menschen kann die Gig Economy dennoch eine Chance sein – sofern sie bewusst und strategisch genutzt wird.