Anlagestrategien: Investieren mit Plan
Das Frühjahr bietet eine gute Gelegenheit, um mal wieder richtig durchzulüften, auszumisten und Platz für Neues zu schaffen. Frische Ideen können nicht nur die heimischen vier Wände in neuem Glanz erstrahlen lassen. Das Prinzip lässt sich auch auf die Geldanlage und das eigene Depot übertragen – nicht nur im Frühjahr.
Ein regelmäßiger Depotcheck bietet die Möglichkeit, sich von wenig aussichtsreichen Investments zu trennen. Für die Auswahl neuer Titel kann auf bekannte Anlagestrategien zurückgegriffen werden. Wichtig ist bei alledem, eine solide Grundstruktur im Depot zu etablieren. In diese können dann die jeweiligen Anlagestrategien eingebettet werden.
Core-Satellite-Strategie bringt Struktur ins Depot
Ein gängiger Ansatz, der Struktur ins Depot bringt, ist die Core-Satellite-Strategie. Diese unterteilt das Depot in ein großes Kerninvestment sowie mehrere kleinere Satelliten-Investments. Die Satelliteninvestments eignen sich nicht nur, um beispielsweise Trendthemen wie KI oder einzelne Schwellenländer dem Depot beizumischen. Mit Satelliten-Investments können auch verschiedene Anlagestrategien umgesetzt werden. Anlagestrategien erfreuen sich großer Beliebtheit. Versprechen sie doch, Ordnung in das scheinbar willkürliche Auf und Ab an der Börse zu bringen. Darüber hinaus kann ein disziplinierter und langfristiger Ansatz helfen, typische psychologische Fallstricke wie überstürzte Kaufentscheidungen oder Panikverkäufe zu vermeiden.
Beispiele für Anlagestrategien
In der Literatur und den einschlägigen Medien gibt es zahlreiche Strategien, die sich mit der Geldanlage am Aktienmarkt beschäftigen. Bekannte strategische Ansätze, die sich teilweise auch miteinander kombinieren lassen, sind zum Beispiel:
- Value- oder Growth-Strategie: Hier setzen Anlegerinnen und Anleger speziell auf werthaltige (Value) Aktien oder wachstumsstarke (Growth) Aktien. Auch eine Kombination von beiden ist möglich, was zu einer ausgewogenen Aufstellung des Depots beitragen kann.
- Momentum-Strategie: Dem Motto „The trend is your friend“ folgend, setzt diese Strategie auf Aktien, die in der jüngeren Vergangenheit gut gelaufen sind.
- Antizyklische Strategie: Statt auf Aktien zu setzen, die bereits gut gelaufen sind, wird hier entgegen der Masse der Anleger gehandelt, getreu der Devise „Sei gierig, wenn andere ängstlich sind, und ängstlich, wenn andere gierig sind.“
- Size-Strategie: Hier wird in große, börsennotierte Unternehmen (Blue Chips) investiert.
- Index-Strategie: Die Index-Strategie setzt nicht auf einzelne Aktien, sondern auf einen Aktienindex. Sie eignet sich besonders für die Core-Satellite-Strategie, da ein Kerninvestment wie z. B. der S&P 500 leicht durch weitere Indizes aus anderen Regionen wie z. B. Europa (STOXX Europe 600), Japan (Nikkei 225) oder China (Hang Seng) ergänzt werden kann.
- Dividenden-Strategie: Hier gibt es verschiedene Wege. Ein Ansatz kann beispielsweise darin bestehen, Aktien von Unternehmen auszuwählen, die in den vergangenen Jahren mit zuverlässigen und steigenden Dividenden überzeugen konnten, sogenannte Dividenden-Aristokraten.
„Dogs of the Dow“ – die Letzten werden die Ersten sein
Eine in den USA sehr bekannte und zugleich leicht umsetzbare Dividenden-Strategie nennt sich „Dogs of the Dow“. Die Idee geht auf Benjamin Graham zurück. Er wählte aus den 30 Aktien des Dow Jones die 10 Aktien mit dem niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und empfahl, diese Aktien 1 bis 5 Jahre zu halten. Graham konzentrierte sich auf den Dow Jones, da dieser die Aktien großer Unternehmen enthält, die sich seiner Ansicht nach schneller von zwischenzeitlichen Kursrückgängen erholen als kleine Unternehmen. Zudem werfen sie oftmals hohe Dividenden ab.
Daran anknüpfend, ersetzte die Dividendenrendite später das KGV als Auswahlkriterium. Somit werden bei der „Dogs of the Dow“-Strategie zu Beginn eines Jahres die zehn Aktien des Dow Jones mit der höchsten Dividendenrendite ausgewählt und mindestens ein Jahr lang gehalten.
„Low Five“-Strategie, eine Variation der „Dogs of the Dow“-Strategie
Eine weitere Variation der „Dogs of the Dow“-Strategie ist die auf Michael O‘Higgins zurückgehende „Low Five“-Strategie. Auch hier werden zum Stichtag am Jahresende zunächst die zehn Aktien des Dow Jones mit der höchsten Dividendenrendite ermittelt. Anschließend werden in einem zweiten Schritt aus den zehn Aktien die fünf Werte ausgewählt, die den niedrigsten Aktienkurs aufweisen. In diese Aktien wird zu gleichen Teilen investiert und die Titel werden für ein Jahr im Depot gehalten. Am Anfang des nächsten Jahres wird dann neu ausgewählt. Dabei werden Titel, die eines der beiden Kriterien nicht mehr erfüllen, verkauft und durch Aktien, die beide Kriterien erfüllen, ersetzt.
Grundsätzlich lassen sich die „Dogs of the Dow“-Strategie und die „Low Five“-Strategie weiter variieren. So kann der Stichtag für die Überprüfung auf das Ende des dritten Quartals gelegt werden, in dem die Aktienmärkte oft schwächer sind.
Mit der Aktien-Suche der ING können Anlegerinnen und Anleger die „Dogs of the Dow“ leicht selbst ausfindig machen. Dazu einfach im Filter „Index“ den „Dow Jones“ auswählen und auf „Speichern“ klicken. Anschließend die Ergebnisse der Auswahltabelle nach der Dividendenrendite absteigend sortieren, und schon werden die zehn Aktien mit der höchsten Dividendenrendite angezeigt. Da die Kurse der Aktien ebenfalls aufgeführt werden, sind zugleich die „Low Five“-Kandidaten ersichtlich.
Anlagestrategie regelmäßig überprüfen
Für welche Anlagestrategien man sich letztlich entscheidet, hängt auch von den persönlichen Vorlieben ab. Wichtig ist, das Konzept und die Regeln zu verinnerlichen, diszipliniert danach zu handeln und sich bewusst zu sein, dass die meisten Anlagestrategien auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit basieren. Die Ergebnisse der Historie sind aber keine Garantie dafür, dass eine Strategie auch in Zukunft erfolgversprechend ist. Ändert sich das Marktumfeld, müssen die Regeln der jeweiligen Anlagestrategie gegebenenfalls an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden.
Zudem gilt unabhängig von der jeweiligen Anlagestrategie, dass Renditechancen am Aktienmarkt mit einem erhöhten Risiko einhergehen. Dabei sind deutliche Verluste des eingesetzten Kapitals möglich. Eine Möglichkeit, Risiken zu reduzieren, kann darin bestehen, für das Kerninvestment im Rahmen einer Core-Satellite-Strategie verzinsliche Wertpapiere zu wählen. In diese kann beispielsweise mit Anleihe-ETFs investiert werden. Mit den Satelliten-Investments können dann verschiedene Anlagestrategien am Aktienmarkt verfolgt werden.