Ist Ihnen ein Hund 7.000 Euro wert?

Von Sina Osterholt, veröffentlicht von ZEIT ONLINE

ZEIT ONLINE 9 min Lesedauer 01.10.2024
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Am 11. Januar um 14 Uhr klingelte das Telefon. Die Nummer war unbekannt. Als mein Partner zum Hörer griff, wussten wir noch nicht, was uns erwarten würde. "Jutta Harbecke vom Zwinger Fuchsberg hier", sagte eine Frau. "Ich melde mich, da unsere siebenjährige Weimaraner-Hündin Biene voraussichtlich einen letzten Wurf bekommen wird, bevor sie in Rente geht – haben Sie noch Interesse?" Wurf bedeutet: Die Hündin bekommt Welpen. Wir waren außer uns vor Freude und sagten zu. Damals wussten wir noch nicht, welche Kosten auf uns zukommen würden.

Bereits seit vergangenem Jahr standen wir auf der Warteliste. Biene ist ein auf Leistung geprüfter Jagdhund. Alle Prüfungen hat die Hündin mit der Bestnote bestanden. Da mein Partner Jäger ist, hatte er klare Vorstellungen. Es musste ein Jagdhund, also eine Rasse wie Münsterländer, Beagle oder Weimaraner sein. Wir haben uns auf einen Weimaraner geeinigt. Der Hund sollte außerdem Papiere haben. Dann wird gewährleistet, dass die Züchter ausgebildet sind, die Hunde registriert, und die Zucht kontrolliert ist. Uns war es wichtig, dass der Hund eine artgerechte Haltung hat und nicht von einer illegalen Zucht kommt.

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Viele Hundewelpen kosten mehr als 2.000 Euro

Bevor wir den Hund bekamen, sollten wir uns vorstellen und dafür anderthalb Stunden von unserem Wohnort entfernt nach Bassum bei Bremen fahren. Mehr als 20 Anwärter gab es für einen Welpen der Hündin Biene. Aber Hunde bekommen im Durchschnitt nur fünf bis sechs Welpen. Bei eBay kosten viele 2.000 Euro oder mehr, während die Züchterin Harbecke ihre für 1.600 Euro abgibt. "Das ist ein Schnäppchen", sagt die Hundetrainerin Maren Hofmann, bekannt als Ausbilderin in dem TV-Format Martin Rütter - die Welpen kommen. Normalerweise koste der Rassehund zwischen 1.800 und 3.000 Euro. Züchterin Jutta Harbecke möchte bei dem Preiskampf aber nicht mitmachen. Vielmehr wundert sie sich, wie viel einige Hundekäuferinnen bereit sind, für einen Welpen ohne Papiere zu bezahlen.

Alle Besitzerinnen und Besitzer der 98 Hunde, die sie aus 16 Würfen verkauft hat, hatten die Möglichkeit, die Mutterhündin und Züchterin persönlich kennenzulernen. Also gingen auch wir zusammen mit Biene und noch einer weiteren Hündin in einen Wald. Zwischenzeitlich sollten wir diese an die Leine nehmen. Dabei beobachtete uns Harbecke genau. Da meine Eltern auch immer einen Hund gehabt hatten, wusste ich, wie ich mit ihm umgehen muss. Nach dem Spaziergang befragte sie uns weiter in einem Café. Warum wollt ihr einen Hund? Wieso von dieser Zucht? Welche Erfahrungen habt ihr mit Hunden gemacht? Wie ist die Arbeitssituation? Die Züchterin wollte die potenziellen neuen Hundebesitzer genau kennenlernen. Nach mehr als drei Stunden war das Gespräch vorbei. Wir fanden es gut, dass die Züchterin sich ein genaues Bild von den potenziellen neuen Besitzern machen wollte, und hatten auch ein gutes Gefühl, aber sie wollte sich nicht festlegen, bevor die Welpen geboren werden. Denn erst dann weiß sie, wie viele es sind. Wochen später kam dann der Anruf: "Biene hat acht gesunde Welpen auf die Welt gebracht und ihr dürft gerne eine Hündin haben."

Hundefutter kann mehr als fünf Euro täglich kosten

Die Kosten haben wir allerdings unterschätzt. Denn mit den 1.600 Euro für den Welpen ist es nicht getan. Direkt nach dem Anruf schauten wir im Internet nach Produkten, die der Hund bis zu seinem Einzug in acht Wochen benötigt. Erst dann ist uns klar geworden, wie teuer die Anschaffung sein kann. Zuerst haben wir nach Futter gesucht. Der Preis ist durch die Energiekrise enorm gestiegen. Von 2020 bis zum Februar 2023 laut Statistischen Bundesamt um etwa 27,6 Prozent. Wir rechnen also mit drei Euro pro Tag allein für Futter. Bei anderen Sorten können es auch vier oder fünf Euro werden, aber "Teures Futter ist oft nicht besser", sagt die Hundetrainerin Hofmann.

Wir kauften uns dann noch eine Leine und Halsband aus Leder für 50 Euro sowie ein Kunstlederkörbchen für 120 Euro. Dazu noch Spielzeug für 60 Euro, Näpfe für 30 Euro, Leckerlies für 60 Euro sowie eine Bürste für 15 Euro. Und Zeckenmittel, ein Präparat gegen Flöhe oder ein Shampoo für Hunde für 50 Euro. Auch Hunde benötigen Pflegeprodukte, wie Hofmann bestätigt. 

Außerdem brauchen sie Auslauf. Damit wir ihnen auch zwischendurch in unserem Garten freilaufen lassen können, haben wir noch einen 1,80 Meter hohen Zaun für rund 3.500 Euro inklusive Gartentor um das 650 Quadratmeter große Grundstück gesetzt. Das war mit Abstand die teuerste Anschaffung.

Hundeerziehung kostet mehrere Hundert Euro

Schon bevor wir Wilma im Alter von neun Wochen abholten, haben wir sie bereits viermal besucht. Und auch danach sind wir sechsmal schon wieder in Bassum gewesen, um uns stundenlang mit der Züchterin, Wilmas Mutter sowie Geschwister zu treffen. Die Züchterin Jutta Harbecke hat bei den Treffen allen Tipps gegeben, wie wir unsere jungen Hunde erziehen und auf die Jagd vorbereiten können. Insgesamt sind mein Partner und ich also zehnmal dorthin gefahren, das kostete rund 200 Euro Spritgeld. Trotz der längeren Anreise freuten wir uns sehr auf jedes weitere Treffen.

Die Verabredungen waren freiwillig, aber ein Teil der Erziehung ist für jede Besitzerin und jeden Besitzer über einen Hundeführerschein verpflichtend. Die theoretische Prüfung muss erfolgen, noch bevor man den Hund hält, die praktische innerhalb des ersten Jahres. Beide Prüfungen kosten jeweils ab 40 Euro, in unserem Ort 60 Euro. "Das Halten eines Hundes ohne die erforderliche Sachkunde stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden", sagt Hundetrainerin Hofmann. Und: Alle Hundehalter in Deutschland müssen ihren Hund bei der Stadt anmelden. Daraufhin erhalten Besitzer eine Steuermarke und einen Steuerbescheid. Das kostet noch mal für jeden Hund 14,50 Euro.

Sogar eine Hundesteuer und Haftpflichtversicherung müssen Besitzerinnen zahlen. Die Höhe der Hundesteuer wird von den Kommunen festgelegt: Sie beträgt in der Regel zwischen 25 und 160 Euro im Jahr. Besitzer von sogenannten Listenhunden wie Rottweilern oder American Pit Bull Terriern müssen in einigen Bundesländern mehr zahlen, weil diese Hunde gefährlicher eingestuft werden. Jedes Land legt selbst fest, welche Rassen als Listenhunde geführt werden. Eine Haftpflichtversicherung kostet in der Regel zwischen 50 und 80 Euro im Jahr. Wir zahlen für die Hundesteuer im Landkreis Osnabrück 38 Euro und für die Haftpflichtversicherung 70 Euro im Jahr.

Dann war es auch schon so weit: Nach acht Wochen durften wir Wilma abholen. Wochenlang haben wir uns auf diesen Tag vorbereitet. Jede einzelne Ausgabe zeigte uns nur noch mehr, dass sie bald bei uns ist. Wir zahlten gerne. Doch als sie dann da war, merkten wir schnell, dass noch weitere Kosten auf uns zukommen.

Ein Hundeführerschein allein reicht oft nicht aus, um einen Hund zu erziehen. Welpen wissen nicht von Anfang an, dass sie zwar ihr Spielzeug anknabbern dürfen, aber kein Sofa, keine Gardinen, keinen Teppich und keine Schuhe. Bei uns gab es bisher kaputte Schuhe, zwei angefressene Teppiche, eine durchgebissene Lampe, umgeschmissene Pflanzen und mehrere Löcher auf der Rasenfläche, insgesamt etwa 300 Euro Schaden. Also sind wir mit unserer Hündin bereits in der zweiten Woche, die sie uns war, zur Welpenspielstunde im Nachbarort gefahren. Diese hat zehn Euro pro Woche gekostet. Zehn Wochen gingen wir zu dem Kurs und ab dem fünften Monat zusätzlich zur Hundeschule, um an dem achtwöchigen Grunderziehungskurs teilzunehmen. Damit haben wir allein für das Hundetraining 400 Euro bezahlt.

Tierarzt bis zu 99 Prozent teurer

Und auch die Kosten für den Tierarzt sollten nicht vergessen werden. Seit Ende vergangenen Jahres gibt es eine neue tierärztliche Gebührenordnung (GOT). Eine allgemeine Untersuchung verteuert sich von 13,47 auf 23,62 Euro. Hund und Katze impfen kostet 11,50 Euro, doppelt so viel wie vorher. Beispielsweise muss jeder Hund alle drei Jahre gegen Tollwut geimpft werden. Und auch Röntgenaufnahmen kosten statt 26,53 Euro nun 32,07 Euro. Zunächst hielten sich die Tierarztkosten für uns noch in Grenzen. Zweimal haben wir Wilma geimpft. Doch schon nach wenigen Wochen kamen ungeplante weitere Kosten auf uns zu. Unsere Hündin hat sogenannten Zwingerhusten bekommen. Durch ein bellendes, teilweise krampfartiges Husten haben wir das bemerkt und sind sofort zum Tierarzt gefahren. Sie bekam Tabletten und wir mussten zur Kontrolle und Spritzen drei Wochen lang regelmäßig wieder zum Arzt. Insgesamt kostete das 350 Euro.

Nicht alle Kosten für den Hund sind planbar

Die Momente mit einem Welpen sind einzigartig, daher haben wir uns fotografieren lassen. Eine Stunde Shooting und 40 Bilder kosteten 250 Euro. Doch für uns war es egal, ob wir das Geld noch extra zahlen müssen. Das war es uns wert. 

Auch die Zeit als Faktor sollte nicht unterschätzt werden. Wir haben uns für die ersten zwei Wochen beide Urlaub nehmen müssen. Denn vor allem junge Hunde bellen, jaulen, und müssen alle zwei bis drei Stunden raus, um nicht in das Haus zu machen, und dürfen nicht allein gelassen werden. Expertinnen und Experten empfehlen, die Tiere erst ab dem fünften Monat allein zu lassen. Wer nicht so wie mein Partner und ich flexibel Homeoffice machen kann, muss den Hund dann in eine Pension geben oder sich einen Betreuer suchen, was natürlich wieder mit Kosten verbunden ist. 

So viel ist sicher: Tiere sind teuer. Wenn ich alle Kosten des Hundes zusammenrechne, hat allein die Erstanschaffung mehr als 7.000 Euro gekostet. Dennoch zögerten wir bei keinem Euro, jeder einzelne hat sich gelohnt. Auch jetzt, nachdem wir uns mittlerweile getrennt haben, ist uns klar: Wilma ist teuer, aber bleibt für jeden von uns unbezahlbar. 

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