Meins und deins – Warum Ausleihen gelernt sein will

Wie Kinder das Prinzip des Leihens verstehen können

Familie 4 min Lesedauer 29.07.2021
leihen lernen

Schon Krabbelkinder kennen die Misere mit dem Leihen: Im Sandkasten auf dem Spielplatz wird beispielsweise regelmäßig leidenschaftlich um die Schippe gestritten. „Nur geliehen“, ruft vielleicht die fremde Mama – aber es hilft nichts. Vor allem für kleine Kinder gilt nur eins: Weg ist weg. Für immer. Dass sie ihre Schaufel zurückbekommen, verstehen sie erst einmal noch nicht. So kommt es regelmäßig zu leidenschaftlichen Streitereien auf dem Spielplatz. Kinder verteidigen ihren Besitz mit Händen und Füßen – auch wenn die Eltern wichtige Utensilien wie Eimer und Schippe eigentlich gern verleihen würden.

Kindern vermitteln: Leihen ist etwas Gutes

Leihen ist eben immer auch ein Risiko. Vor allem für die Kleinsten. Sie können noch nicht begreifen, dass nicht alles unwiderruflich weg ist, was sie aus ihren Händen geben. „Dennoch ist es wichtig, Kinder daran zu gewöhnen, Dinge auch verleihen zu können“, sagt Julia Topar, Leiterin der Finanzbildung beim Bundesverband deutscher Banken. „Generell sollte man Kindern die Einstellung vermitteln, dass Leihen etwas Gutes ist.“ Und dass man selbst sich ja auch freue, wenn man sich etwas borgen dürfe.

Ausleihen und Zurückzahlen spielerisch üben

„Mit größeren Kindern ab sieben Jahre kann man das Ausleihen auch spielerisch üben“, sagt Melina Jipp, Bankkauffrau und Autorin der Bücher „Geld anlegen kindgerecht erklärt“ und „Geld und Konto kindgerecht erklärt“. Das funktioniere in beide Richtungen: Eltern könnten sich vorübergehend beispielweise einen Euro leihen und später zurückgeben.

Und auch Kinder dürften sich ruhig mal etwas borgen, um es dann wieder zurückzuzahlen. „So lernen Kinder, mit der Verantwortung umzugehen“, betont Melina Jipp. Wichtig sei auch, Kindern zu erklären, was Schulden sind – und dass es besser ist, diese zu vermeiden oder zumindest gut im Blick zu behalten.

  • Schon gewusst? Ab sieben Jahren sind Kinder beschränkt geschäftsfähig: Mit Einwilligung der Eltern können sie eigene (kleine) Kaufgeschäfte tätigen – mit Geld, das ihnen frei zur Verfügung steht. Theoretisch dürfen Kinder in diesem Alter sogar schon einen Kredit aufnehmen. Dafür brauchen sie jedoch die Einwilligung ihrer Eltern und des Familiengerichts. Und das willigt in der Regel nur in sehr triftigen Fällen ein.

Kinder hängen an persönlichen Dingen – weniger an Geld

Melina Jipp beobachtet auch immer wieder ein anderes Phänomen. „Kinder sind häufig großzügig“, sagt sie. „Mein Eindruck ist, dass vor allem jüngere Kinder nicht so sehr an Geld hängen wie an persönlichen Dingen“, sagt sie. „Es macht ihnen großen Spaß, den Eltern mit ihrem Taschengeld auszuhelfen, wenn gerade kein Geldautomat in der Nähe ist.“ Erst ab der Pubertät bekäme das Thema „Eigenes Geld“ eine höhere Priorität. Spätestens dann sei auch der Zeitpunkt gekommen, über Zinsen zu sprechen.

„Das Prinzip dahinter lässt sich kindgerecht erklären“, sagt Julia Topar. Ältere Kinder verstünden sehr gut, dass eine Bank Geld nur verleiht, wenn sie auch selbst etwas davon hat – nämlich am Ende mehr Geld durch die Zinsen. „Natürlich sollte man Kindern auch erklären, dass unter Freunden solche Regelungen üblicherweise nicht gelten und dass es hier klare Unterschiede zwischen Bankgeschäften und privaten Leihen gibt.“ Dennoch könnten auch schon Kinder verstehen, warum Verträge zwischen zwei Personen nichts Schlechtes sein müssen und dass sich so beispielsweise Missverständnisse beim Verleihen vermeiden ließen.

Kinder nicht bevormunden, sondern selbst entscheiden lassen

Ebenso wichtig: Eltern können Kindern vermitteln, dass sie ihre Sachen natürlich nicht jedem ausleihen müssen. Auch Kinder haben schon ein Gespür dafür, wem sie ihr Vertrauen schenken möchten und wem vielleicht nicht. Jedes Mädchen und jeder Junge hat durchaus ein Recht, mitzubestimmen, was mit dem Eigentum passiert.

Genau das hat auch einen Lerneffekt: Wenn Kinder selbst überlegen, mit wem sie das riskante Leihgeschäft eingehen, machen sie sich automatisch Gedanken über das Verleihen. Vielleicht stimmen sie mit dem Freund oder der Freundin ein Rückgabe-Datum ab – schon haben sie einen ersten eigenen Vertrag geschlossen. Kommt der verliehene Gegenstand dann pünktlich und unversehrt zurück, fassen Kinder Vertrauen, sammeln Erfahrung und verstehen, worauf es beim Verleihen ankommt.

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