Erhöhung des Leitzinses
Wer davon profitiert – und wer nicht
Der Leitzins ist ein geldpolitisches Instrument der Zentralbanken. Sie streben stabile Preise für die Verbraucher*innen an, um dadurch die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes zu unterstützen. Zugleich gibt der Leitzins Orientierung für alle Zinssätze auf dem Kapitalmarkt – zum Beispiel für Kredit- und Sparzinsen. Und so funktioniert er:
Leitzins sorgt für Liquidität der Banken
Die Leitzinsen werden von der jeweiligen Zentralbank festgelegt – im Euroraum von der Europäischen Zentralbank (EZB), in den USA von der Notenbank Federal Reserve (Fed). Wird von „dem Leitzins“ gesprochen, ist meist der Zinssatz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft gemeint. Das ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken mittelfristig Geld von der Zentralbank leihen können. Sie müssen dazu Sicherheiten, meist in Form von Wertpapieren, hinterlegen.
Zinsentwicklung durch die EZB
Viele Jahre lagen die Leitzinsen im Euroraum unverändert auf einem niedrigen Niveau. Doch seit Juli 2022 hat die EZB sie schrittweise angehoben. Ende 2022 betrug der Leitzins 2,5%, im Mai 2023 bereits 3,75%. Der Bankenverband geht in seiner Konjunkturprognose von weiteren Zinsschritten in 2023 aus. Diese Prognose beruht auf einer Umfrage unter 15 Chefvolkswirten privater Banken.
Wichtiges Steuerungsmittel bei Inflation
Mit der Erhöhung der Leitzinsen will die EZB die hohe Inflation im Euroraum eindämmen. Denn der Leitzins beeinflusst die Zinssätze für Kredite, wie die Deutsche Bundesbank erläutert: Steigt der Leitzins, erhöhen auch die Geschäftsbanken ihre Zinsen für Kredite. Weil diese teurer werden, werden weniger Verträge abgeschlossen. Infolgedessen werden weniger Waren und Dienstleistungen nachgefragt. Unternehmen können einen Teil ihrer Waren nicht verkaufen und senken gegebenenfalls ihre Preise, um Produkte doch noch abzusetzen. Letztlich geht die Inflation tendenziell zurück.
Gut zu wissen: Die EZB peilt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität mit einer Inflationsrate von 2% an. In Deutschland lag sie laut Statistischem Bundesamt im April bei 7,2%.
Nachteile für Kreditnehmende
Die Leitzinserhöhungen führen nach Angaben der Verbraucherzentrale Niedersachsen zu steigenden Zinsen für Immobilienkredite, Dispositionskredite und Konsumentendarlehen. Wer einen Neukredit benötigt oder einen variabel verzinsten Kredit laufen hat, muss mit einer höheren Belastung rechnen. Leidtragende sind auch hoch verschuldete Staaten in der Eurozone, zum Beispiel Italien. Insbesondere für Länder mit einer sehr großen Schuldenlast wird es schwieriger, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.
Vorteile für Sparende
Für Sparer*innen sind die Zinsanhebungen der EZB aus zwei Gründen eine gute Nachricht:
- Bis zum Zinsentscheid im Juli 2022 mussten Banken auf einen Teil ihrer überschüssigen Einlagen bei der EZB selbst 0,5% Strafzinsen zahlen. Diese gaben zahlreiche Institute in Form von Negativzinsen – das sogenannte Verwahrentgelt – an ihre Privatkund*innen weiter. Mit der Zinswende haben viele Geldhäuser – darunter die ING in Deutschland – diese Geschäftspraxis eingestellt.
- Durch die Anhebungen der Leitzinsen zahlen auch Banken und Sparkassen wieder Zinsen auf neue Anlagen wie Tagesgeld, Festgeld oder Sparbriefe. Das bestätigen Auswertungen des Vergleichsportals Verivox: „Je nach Laufzeit und Marktsegment haben sich die Sparzinsen in den letzten Monaten teilweise verdoppelt oder sogar verdreifacht“, sagt Geschäftsführer Oliver Maier.
Wie schnell und in welchem Umfang die Anpassung geschieht, hängt auch von der Geschäftspolitik der jeweiligen Bank ab. Die ING in Deutschland zum Beispiel zahlt allen Kund*innen
- 4 Monate lang einen Zins von 3,5% pro Jahr auf neue Tagesgeldeinlagen. Danach gilt der dann gültige Basiszins – derzeit liegt dieser bei 1,25% jährlich.
- 2,25% für einen Sparbrief bei einjähriger Laufzeit.
Achtung: Generell liegen die Zinssätze für sichere Spareinlagen trotz Zinswende noch deutlich unterhalb der Inflationsrate. Das angelegte Geld vermehrt sich zwar, hat aber real weniger Kaufkraft.