Was ist Nießbrauchrecht?

Eigentum vorzeitig übergeben: So geht‘s

Familie 6 min Lesedauer 18.01.2023

Sie besitzen eine Immobilie und möchten diese vorzeitig weitergeben – aber trotzdem darin wohnen bleiben? Dann bietet sich für Sie das Nießbrauchrecht an. Wie Sie dieses richtig anwenden und damit Steuern sparen können, lesen Sie hier.

1. Was ist Nießbrauch?

Nießbrauch ist laut §1030 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) das Recht, eine fremde Sache, ein fremdes Recht oder ein fremdes Vermögen zu nutzen, darüber zu verfügen oder Ernten auf landwirtschaftlichen Flächen einzufahren. Das Nießbrauchrecht erstreckt sich auf folgende Gegenstände:

  • Immobilien und Grundstücke,
  • Fahrzeuge,
  • Wertpapiere und Depots,
  • Anteile an Unternehmen, Patentrechte und andere Rechte.

Als nießbrauchende Person dürfen Sie die Ihnen überschriebenen Dinge in der Regel nutzen, wie Sie möchten. Bei Immobilien gehören dann etwa auch Mieteinnahmen Ihnen. Allerdings: Sie verpflichten sich dazu, die entsprechende Immobilie zu pflegen und zum Beispiel auch Versicherungen zu unterhalten. Und: Sie dürfen die Immobilie nicht verkaufen, verschenken oder vererben. Zudem können Sie kein weiteres Nießbrauchrecht für Gegenstände oder Rechte Ihres Nießbrauchs an Dritte übertragen.

2. Welche Formen des Nießbrauchrechts gibt es?

Man unterscheidet diese Arten von Nießbrauch:

  • Zuwendungsnießbrauch
    Sie als Eigentümer übertragen einer Person einen Nießbrauch. Diesen können Sie an ein Entgelt knüpfen, also zum Beispiel Mietzahlungen oder eine Ablösesumme einfordern. Oder aber, Sie überlassen die Sache unentgeltlich. Auch eine teilentgeltliche Nutzung ist möglich – etwa, wenn der Nießbraucher Ihnen als Eigentümer eines Mehrfamilienhauses die Hälfte der Mieteinnahmen abgibt.
  • Vorbehaltsnießbrauch
    Sie sind Eigentümer und übertragen einen Nießbrauch, behalten sich aber die Nutzung der Sache vor. Etwa, wenn Sie eine Immobilie an potenzielle Erben verschenken, aber selbst darin wohnen bleiben.
  • Vermächtnisnießbrauch
    Sie halten das Nießbrauchrecht in Ihrem Testament fest. Die Erben sind dann verpflichtet, einem Dritten die Nutzung eines bestimmten Nachlassgegenstandes einzuräumen, sofern Sie das wünschen.

3. Wie lange gilt ein Nießbrauchrecht?

Ein Nießbrauchrecht erlischt mit dem Tod des Nießbrauchers. Stirbt die Person, die das Recht übertragen hatte, gilt das Nießbrauchrecht dagegen weiterhin. Wenn Sie Eigentümerin oder Eigentümer sind und ein Nießbrauchrecht an jemanden übertragen, können Sie das Recht zeitlich begrenzen oder die Rechteübertragung an weitere Bedingungen knüpfen.

4. Wer profitiert vom Nießbrauchrecht?

Ein Nießbrauchrecht kann besonders innerhalb von Familien ein nützliches Mittel sein, um Eigentum zwischen Generationen zu übertragen und die sogenannte vorweggenommene Erbfolge einzuleiten. „Das Nießbrauchrecht lässt sich im Rahmen der Planung der eigenen Nachfolge ganz vielfältig einsetzen“, erklärt Rechtsanwalt Boris Piekarek von der Kanzlei Winheller. Die Vorteile? „Das Entscheidende am Nießbrauch ist, dass eine Trennung der Vermögenssubstanz von den Nutzungen entsteht. Weil nur das isolierte Eigentumsrecht oder nur das Recht an den Nutzungen weniger wert ist als beides zusammen, ergibt sich meist eine geringere Erbschafts- und Schenkungssteuer, wenn man nur das eine überträgt, nicht aber das andere“, führt er aus.

  • Ein Beispiel:
    Ein Vater überträgt seiner Tochter ein Wertpapierdepot im Wert von einer Million Euro. Aktuell stehen der Tochter nur 400.000 Euro davon steuerfrei zu. Den Restwert von 600.000 Euro müsste sie gemäß ihres Schenkungssteuersatzes versteuern. Ist sie in Steuerklasse 1, wären das 15%, also 90.000 Euro. Wenn der Vater aber Nießbraucher wird, kommt zum Freibetrag der Tochter noch der Kapitalwert des Nießbrauchs hinzu. Dieser bleibt ebenfalls unversteuert. Bei einer angenommenen Jahresrendite von 4% könnte der Vater so insgesamt einen Betrag von mehr als einer Million Euro steuerfrei übertragen – in diesem Fall also das gesamte Depot.

„Es sollten aber nicht die Steuerwirkungen im Vordergrund stehen, sondern an erster Stelle steht immer die Frage: Ist es in meiner Konstellation sinnvoll, das Eigentum ganz oder teilweise von den Nutzungen ganz oder teilweise zu trennen?“, merkt Rechtsanwalt Piekarek an.

5. Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauchrecht und Wohnrecht?

Oft werden Nießbrauchrecht und Wohnrecht in einem Atemzug genannt. Die beiden Begriffe stehen allerdings für unterschiedliche Rechtskonzepte:

  • Nach dem Nießbrauchrecht für eine Immobilie haben Sie das Recht, darin zu wohnen oder die Immobilie zur Vermietung zu nutzen und daraus Gewinne zu erzielen.
     
  • Mit einem lebenslangen Wohnrecht dürfen Sie lediglich eine Immobilie bis zu Ihrem Tod bewohnen. Sie dürfen diese nicht vermieten oder anderweitig daraus Gewinne erzielen.

6. Gibt es eine Alternative zum Nießbrauch?

Sie suchen eine Alternative zum Nießbrauchrecht? Dann haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

  • Pachtvertrag
    Eine Alternative zum Nießbrauchrecht für die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen ist ein Pachtvertrag, bei dem eine Person eine Pacht zahlt, um ein Grundstück zu nutzen, das einer anderen Person gehört. Die pachtende Person kann das Land bestellen und über die Ernte verfügen – ohne die volle Eigentumsverantwortung zu übernehmen.
  • Wohnrecht
    Wer eine Immobilie vorzeitig vererben, sie aber weiterhin bewohnen möchte, kann im Grundbuch ein lebenslanges Wohnrecht eintragen lassen. Der Nachteil, wenn Sie sich für diese Variante entscheiden: Wenn Sie pflegebedürftig sind und in ein betreutes Wohnen oder ein Pflegeheim umziehen müssen, erlischt Ihr Wohnrecht. Hätten Sie stattdessen ein Nießbrauchrecht eintragen lassen, könnten Sie die Immobilie dann vermieten und so Gewinn erwirtschaften.
  • Leibrente
    Wenn Sie Ihre Immobilie weitergeben, aber weiter darin leben möchten, können Sie auch über eine Leibrente nachdenken. Rechtlich gesehen ist das ein Immobilienverkauf auf Rentenbasis. Ihre Vorteile: Sie müssen nicht umziehen und stocken Ihre Rente mit einem monatlichen Zusatzverdienst auf. Plus: Sie müssen sich nicht mehr um die Immobilie kümmern – ideal, wenn Sie nicht mehr ganz gesund sind.

7. Was brauche ich, um ein Nießbrauchrecht zu regeln?

Wer ein Nießbrauchrecht für Immobilien und Grundstücke übertragen will, muss dazu ein Schriftstück aufsetzen und dieses gemäß § 873 BGB notariell beurkunden lassen. Außerdem muss es das Nießbrauchrecht im Grundbuch eingetragen werden. Daran führe kein Weg vorbei, so Boris Piekarek, denn: „Für Mieter, Handwerker, Banken, Behörden und andere muss klar ersichtlich sein, wem an einem Grundstück welche Rechte zustehen, und darüber gibt das Grundbuch Auskunft.“

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