Preiserhöhungen in der PKV: Wann Versicherte Geld zurückverlangen können

Nach richtungsweisenden Urteilen hoffen Privatversicherte auf Rückerstattungen – „Falsche Hoffnungen“?

Familie 4 min Lesedauer 09.01.2024
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Alle Jahre wieder: Die Prämien für die private Krankenversicherung (PKV) kennen in der Regel nur eine Richtung – aufwärts. Nach zwei richtungsweisenden Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) Ende 2020 (Az.: IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19) können einige Versicherte allerdings auf Rückerstattungen hoffen.

Veränderung muss nachvollziehbar sein

Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe gelangten zu der Entscheidung: Die Begründung einer Prämienanpassung in der PKV erfordert die Angabe des sogenannten auslösenden Faktors, dessen Veränderung die Anpassung veranlasst hat. „Der Verbraucher muss also nachvollziehen können, warum sein Tarif teurer wird“, erklärt Rechtsanwalt Florian Rosing, Geschäftsführer der Verbraucherkanzlei Baumeister Rosing aus Berlin.

Nicht mitteilen müssen die Versicherungsunternehmen allerdings, in welcher exakten Höhe sich diese Faktoren verändert haben. Ebenfalls nicht anzugeben ist die exakte Veränderung der Rechnungsgrundlagen, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben – wie zum Beispiel des Rechnungszinses oder der Lebenserwartung.

Allerdings gilt seit Juli 2023: Weichen die tatsächlichen Leistungen von der Kalkulation ab, darf sich das Unternehmen eine Anpassung der Prämien vorbehalten. Das gilt laut Bundesgerichtshof auch, wenn die Abweichung weniger als 10% im Jahr beträgt. Daher sei es rechtens, wenn der Versicherer einen zusätzlichen niedrigeren Schwellenwert in den Versicherungsbedingungen festsetze. So könnten die Prämien sowohl erhöht als auch gesenkt werden.

Entscheidung bringt rechtliche Klärung

Der Verband der Privaten Krankenversicherungen ist damit grundsätzlich zufrieden: „Aufgrund der unkonkreten Formulierung im Gesetz war weder für die Versicherer noch für die Versicherungsnehmer eindeutig, welche Inhalte ein Beitragsanpassungsschreiben konkret haben muss“, heißt es von Seiten des PKV-Verbandes. „Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bringt nun eine rechtliche Klärung.“

Allerdings zeigt die Praxis, dass viele Begründungen der Versicherungsgesellschaften den BGH-Anforderungen nicht genügen. Das kann die Grundlage für Verbraucher und Verbraucherinnen sein, Beitragserhöhungen anzufechten. Sind sie erfolgreich, können die Erhöhungsbeiträge zurückgefordert werden.

Erstattung fordern: Frist von drei Jahren

Allerdings gilt hier eine Verjährungsfrist, die im BGH Urteil vom 17. November 2021 (IV ZR 113/20) festgelegt wurde: Diese beträgt statt wie zuvor zehn Jahre nur noch maximal drei Jahre. Ein Blick in die eigenen Versicherungsunterlagen wird mitunter deutlich machen, dass es um ganz erkleckliche Summen gehen kann: „Bei drei Jahren liegt der durchschnittliche Erstattungsbetrag bei 3.500 Euro“, betont Rosing, der auch Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist.

Komplexe Materie – Anwalt gefragt

Vor der Rückerstattung sind jedoch einige Hürden zu überwinden. Denn Versicherte selbst können in der Regel kaum erkennen, ob ihre Beitragsanpassung die formalen Anforderungen erfüllt oder nicht. „Wenn die Ausführungen der Versicherung nur sehr allgemein sind, sollte man stutzig werden“, sagt Rosing. „Die Details verstehen in der Regel aber nur Juristen.“ Insbesondere die Überprüfung der mathematischen Korrektheit der Erhöhung müsse durch Fachleute erfolgen.

Ohne Rechtschutzversicherung droht finanzielles Risiko

Für PKV-Mitglieder heißt das: Kommt es zum Prozess, gehen sie ein finanzielles Risiko ein, wenn sie nicht gewinnen. „Ohne Rechtsschutzversicherung lohnt sich ein solches Verfahren kaum“, sagt daher auch Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Der Verband spricht daher auch von falschen Hoffnungen für Versicherte. Denn der Bund der Versicherten erwartet, dass künftige PKV-Prämien umso stärker steigen werden, wenn viele Versicherte erfolgreich auf Rückzahlen klagen. „Die Versicherungen holen sich das Geld in der Regel zurück“, sagt Boss.

Ärger mit dem Finanzamt droht

Und diesen Weg könnten auch die Finanzämter beschreiten. Denn diese berücksichtigen nur die tatsächlich gezahlten Beiträge der Versicherten zu ihrer Privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung. Ändert sich der Betrag im Nachhinein, kann es zu Korrekturen kommen. Am Ende müssen Versicherte selbst für sich entscheiden, ob sie auf Rückzahlung von Erhöhungsbeiträgen klagen wollen. Rosing: „Eine kostenlose Ersteinschätzung beim Anwalt kann nicht schaden.“

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