Ärger vor Gericht

Wie sich Rechtstreitigkeiten finanzieren lassen

Arbeit-Recht 6 min Lesedauer 05.09.2022
Rechtskosten finanzieren

Weil Anwaltshonorare und Gerichtsgebühren viel Geld verschlingen gehen viele Verbraucher einer juristischen Auseinandersetzung aus dem Weg. Immer ein Versuch wert: Den Konflikt außergerichtlich beilegen. Klappt das nicht, gibt es Möglichkeiten, einen Rechtsstreit zu finanzieren.

Schon wieder Ärger mit dem Vermieter oder Nachbarn? Viele Verbraucher scheuen davor zurück, einen Anwalt einzuschalten oder vor Gericht Klage zu erheben, weil ein Rechtsstreit teuer ist. Doch „Recht haben und Recht bekommen“ muss an den Kosten nicht scheitern.

So können Sie bei Ärger vorgehen

Sie haben Ärger und wissen nicht, wie Sie vorgehen sollen? Teilweise bieten Verbraucherzentralen Rechtsberatungen an, zum Beispiel rund um Miet- und Versicherungsrecht. Die Beratung erfolgt persönlich, telefonisch oder per Email und ist gebührenpflichtig. 
Hier gibt es Kontaktmöglichkeiten und weitere Infos.

Bei Mietstreitigkeiten können Sie sich auch an Mietervereine oder den Eigentümerverband Haus & Grund wenden.

Mit Mediationsverfahren Konflikte zeitsparend und kostengünstig beilegen

Bevor Sie vor Gericht ziehen, sollten Sie über ein Mediationsverfahren nachdenken. Oft lässt sich damit im Streitfall relativ zügig ein Ergebnis erzielen. Das Verfahren ist weitaus kostengünstiger als ein Prozess.

  • Was ist ein Mediationsverfahren?
    Das Wort „Mediation“ kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie vermitteln. Das Vermittlungsverfahren zwischen den Konfliktparteien moderiert und begleitet ein neutraler Dritter, der Mediator. Dabei setzen sich die Streitenden zusammen mit dem Mediator an einen Tisch und suchen gemeinsam nach einer Lösung. Kommt es dazu nicht, können die Konfliktparteien immer noch rechtliche Schritte einleiten.
  • Wie findet man einen Mediator?
    Zum Beispiel über den Deutschen Anwaltverein. Wer einen Mediator bei Mietstreitigkeiten sucht, kann sich außerdem an Mietervereine oder an den Eigentümerverband Haus & Grund wenden.
  • Wie hoch sind die Kosten?
    Die Kosten für ein Mediationsverfahren tragen die beiden Konfliktparteien je zur Hälfte. Bei einem externen Mediator betragen sie im Schnitt zwischen 150 und 400 Euro pro Sitzung. Wie hoch genau der Betrag ist, hängt von der Anzahl der Sitzungen zwischen Mediator – oft sind es Anwälte oder Psychologen – und den Streitenden ab. Jede Partei muss also durchschnittlich zwischen 75 und 200 Euro pro Sitzung zahlen. Das ist mit weitem Abstand kostengünstiger als ein langwieriges Gerichtsverfahren.

So finanzieren Sie einen Gerichtsprozess

Das Mediationsverfahren ist gescheitert – und Sie möchten nun vor Gericht ziehen? Mit einer Rechtsschutzversicherung oder über die Prozesskostenhilfe (PKH) lässt sich das finanzieren.

Rechtsschutzversicherung

Versichert sind nur Lebensbereiche, die ausdrücklich im Vertrag aufgelistet sind. Eine Rechtsschutzversicherung, die sämtliche Lebensbereiche abdeckt, gibt es nicht.

  • Wofür kommt sie auf?
    In aller Regel für Anwalts- und Gerichtskosten sowie für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, die das Gericht heranzieht. Außerdem zahlt der Anbieter der Police die Kosten der Gegenseite – etwa die Kosten des gegnerischen Anwalts, wenn der Prozess verloren wurde. Auch kommt der Anbieter für eine mögliche Strafverfolgungskaution im Ausland auf.
  • Wofür kommt sie nicht auf?
    Kein Versicherungsschutz besteht beispielsweise in Fragen des Familien- und Erbrechts (allenfalls eine Erstberatung ist versichert). Geht es um Streitigkeiten rund um Hausbau, Baufinanzierung oder Grundstückskauf, besteht zumeist ebenfalls kein Versicherungsschutz.
  • Für wen lohnt sich eine Rechtsschutzversicherung?
    Zum Beispiel für Mieter und Vermieter (Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz), bei sich abzeichnenden Problemen am Arbeitsplatz (Berufs-Rechtsschutz) oder für Vielfahrer (Verkehrs-Rechtsschutz).
  • Was kostet eine Rechtsschutzversicherung?
    Das hängt vom Leistungsumfang ab. Vor einem Abschluss sollten sich Interessierte gut überlegen, wofür sie überhaupt Rechtsschutz gebrauchen könnten. Der Bund der Versicherten (BdV) rät, in jedem Fall die Angebote mehrerer Anbieter einzuholen und zu vergleichen – es gibt teils erhebliche Prämienunterschiede. Ein Single zahlt im Jahr 2021 laut BdV bei einer Kombination aus Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz eine Jahresprämie von etwa 225 bis 250 Euro.

Prozesskostenhilfe (PKH)

Nicht jeder kann sich eine Rechtsschutzversicherung finanziell leisten – und ein Mediationsverfahren kommt auch nicht immer in Betracht. Das bedeutet aber nicht unbedingt, auf eine Klage verzichten zu müssen. In diesem Fall kann Prozesskostenhilfe (PKH) eine Option sein.

  • Was ist die PKH?
    PKH ist eine staatliche Fürsorgeleistung. Sie ist in der Zivilprozessordnung (ZPO) gesetzlich geregelt. Wer PKH erhält, muss für die Gerichtskosten und die Kosten der eigenen anwaltlichen Vertretung entweder gar nichts zahlen oder nur für Teilbeträge aufkommen. Die Teilbeträge können Betroffene in Raten abbezahlen.
  • Wer bekommt PKH?
    Das hängt von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers ab. Keine PKH bekommen diejenigen, deren Einkommen ausreicht, um die gesamten Prozesskosten in vier Monatsraten zuzüglich des einzusetzenden Vermögens zu zahlen. Liegt das Einkommen nach Abzug der Freibeträge unter 10 Euro und ist kein Vermögen vorhanden, ist PKH ohne Ratenzahlung möglich. Dabei gilt es zu beachten, dass Antragsteller*innen nur PKH bekommen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Wichtig: Keine PKH gibt es bei Strafprozessen. Stattdessen erhält ein Bedürftiger von Amts wegen einen sogenannten Pflichtverteidiger an seiner Seite.
  • Wie wird PKH beantragt?
    Den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe können Interessierte beim Prozessgericht stellen. Gibt das Gericht grünes Licht für den Antrag, können Betroffene einen Anwalt ihres Vertrauens beauftragen. Die Kosten übernimmt dann der Staat. 
    Wichtig: Trotz PKH besteht bei einem Gerichtsverfahren ein finanzielles Risiko. Die PKH kommt zwar für die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltsgebühren auf. Geht der Prozess verloren, muss der PKH-Bezieher die Anwaltskosten der Gegenseite zahlen. Lediglich arbeitsgerichtliche Streitigkeiten sind hiervon ausgenommen.
  • Was ist, wenn sich nach dem Okay für PKH die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen verbessern oder verschlechtern? 
    Verbessert sich bei dem Betroffenen die Finanzlage, kann das Gericht ihn nachträglich bis zum Ablauf von vier Jahren zu Zahlungen heranziehen. Geht es mit seinen wirtschaftlichen Verhältnissen weiter bergab, ist es möglich, festgesetzte Raten zu verringern oder komplett aufzuheben.

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