Viel Wirbel ums Rentenpaket II

Was geplant ist, was kritisiert wird

Arbeit-Recht 4 min Lesedauer 06.06.2024

Es hat lange Verhandlungen und viele Querelen in der Ampelkoalition in Berlin gegeben. Jetzt aber hat das Bundeskabinett den Weg für das Rentenpaket II freigemacht. Noch in diesem Sommer soll auch der Bundestag zustimmen. Doch die geplanten Neuregelungen sind heftig umstritten.

Rentenpaket I, Rentenpaket II: Mit dem Rentenpaket II hat das Bundeskabinett eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Mit dem Rentenpaket I hatte es 2022 eine deutliche Verbesserung der Erwerbsminderungsrenten gegeben.

Warum eine Rentenreform nötig ist

Bis in die 1990er Jahre konnte sich das Rentensystem selbst finanzieren: Vielen Beitragszahlenden standen verhältnismäßig wenige Rentnerinnen und Rentner gegenüber. Das hat sich gewandelt. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in den nächsten Jahren nach und nach in Rente – das steht im Missverhältnis zur Zahl der Menschen, die Rentenbeiträge zahlen. Das bedeutet, dass das jetzige Rentensystem langfristig nicht mehr finanzierbar ist.

Bereits in den zurückliegenden Jahren ist der jährliche steuerfinanzierte Zuschuss zur Rentenversicherung auf mehr als 100 Milliarden Euro gestiegen. Um diese Entwicklung zu stoppen, müsste entweder

  • der Beitragssatz steigen,
  • das Rentenniveau sinken oder
  • das Renteneintrittsalter steigen.

Weil Letzteres mit einer Rentenkürzung einhergehen würde, lehnt die SPD als Regierungspartei dies ab. Und: Bei einem sinkenden Rentenniveau würden auch die Renten verhältnismäßig nicht so stark steigen wie die Einkommen. Die Folge wäre, dass Rentnerinnen und Rentner im Vergleich zu Beschäftigten ärmer würden.

Was das Rentenpaket II konkret vorsieht

Die Bundesregierung hat sich auf Drängen der FDP darauf verständigt, das sogenannte Generationenkapital einzuführen. Die Liberalen streben langfristig eine reine sogenannte Aktienrente als vierten Pfeiler der Altersvorsorge an – neben der gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und privaten Versorgung.

Im Gegenzug ist vorgesehen, das Rentenniveau von 48% des durchschnittlichen Einkommens langfristig stabil zu halten. Das ist dem Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums zufolge mindestens bis 2039 garantiert; aktuell würde diese Zusage 2025 ihre Gültigkeit verlieren. Die Sozialdemokraten lösen damit ein Kernversprechen ihres Wahlkampfs ein.

Für die Finanzierung der Garantie des Rentenniveaus ist ein Anstieg des Beitragssatzes zur Rentenversicherung vorgesehen. Aktuell liegt er bei 18,6%. Der Beitragssatz soll

  • im Jahr 2028 auf zunächst 20% und
  • von 2035 an auf 22,3%

steigen.

Generationenkapital unter anderem mit Darlehen aus dem Bundeshaushalt aufbauen

Geplant ist, mit Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Vermögenswerten vom Bund einen Kapitalstock aufzubauen. Das Geld fließt in einen Fonds, den eine öffentlich-rechtliche Stiftung verwaltet und fast ausschließlich in Aktien anlegt. Die erhofften Erträge sollen dazu beitragen, die Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren.

Für dieses Jahr plant der Bund, zwölf Milliarden Euro für den Rentenfonds bereitzustellen. In den kommenden Jahren sollen die Beträge um jeweils 3% wachsen; im Jahr 2045 sollen die Einzahlungen bei 22,3 Milliarden Euro liegen.

Gut zu wissen: Fragen und Antworten zum Rentenpaket II sowie zum Generationenkapital finden Sie auf der Website der Bundesregierung.

Viel Kritik fürs Rentenpaket II

Aus den Reihen der Wirtschaft hagelt es Kritik fürs Rentenpaket II. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nannte das Rentenpaket II das „teuerste Sozialgesetz im 21. Jahrhundert“, das nicht finanzierbar sei. Auch die Union kritisiert die hohen Kosten der Pläne.

Niklas Potrafke vom Ifo-Institut spricht von einer „fatalen Rentenpolitik“. Das Geld, das die Koalition als zusätzliche Steuerzuschüsse für die Rentenkassen vorsehe, fehle für Investitionen in Straßen, Bildung und Verteidigung. Dringend notwendig wäre vielmehr eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Wenn die Bevölkerung älter werde, müsse auch der Renteneintritt später erfolgen. Aus dem Arbeitsministerium hieß es indes, eine weitere Erhöhung des Rentenalters werde es nicht geben.

Kritik auch aus der FDP: Auch aus den Reihen der FDP kommt Kritik. Das Rentenpaket sei nicht generationengerecht finanziert, im parlamentarischen Verfahren müsse es Nachbesserungen geben. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner appelliert an seine Fraktion, grünes Licht für das Rentenpaket II im Bundestag zu geben und den Fokus auf ein Rentenpaket III zu richten.

Kommt ein Rentenpaket III?

Für den Herbst plant die Bundesregierung noch ein drittes Gesetzespaket zur Rente. So soll es mehr Anreize für Ältere für einen freiwilligen längeren Verbleib am Arbeitsmarkt geben.

Unter dem Strich haben SPD und FDP jedoch unterschiedliche Ziele vor Augen. Die Sozialdemokraten wollen Selbstständige dazu verpflichten, in die Rentenversicherung einzuzahlen. Die Liberalen streben dagegen unter anderem an, das Renteneintrittsalter zu flexibilisieren und die Rente für besonders langjährig Versicherte (Rente mit 63) zu beschränken.

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