Retail Therapy: Shopping als Therapie

Macht Einkaufen zufrieden(er)?

Verbrauchertipps 4 min Lesedauer 12.10.2023
retail-therapy

Egal, ob online oder im Geschäft: Shopping löst Glücksgefühle aus. Darauf deutet auch eine repräsentative Umfrage des Martketinginstituts Nuggets hin, für die im Februar 2017 im Auftrag von Greenpeace 1.015 Frauen im Alter von 18 bis 40 Jahren befragt wurden. 56% der Befragten gaben an, Shoppen zu gehen, da es sie aufmuntere. Für 30% der Befragten sei das Geldausgeben ein Weg, um Stress abzubauen.

Aber kann Shopping auch als Therapie eingesetzt werden, um Traurigkeit zu reduzieren und für Entspannung zu sorgen?

Retail Therapy: Was ist das?

Der Begriff Retail Therapy (deutsch: „Einkaufstherapie“) tauchte erstmals 1986 in der Chicago Tribune auf. Dort heißt es in einem Artikel der Journalistin Mary T. Schmich: „Jeder weiß, dass Amerikaner zu Shopaholics geworden sind, oder? Wir sind zu einer Nation geworden, die ihr Leben in Einkaufstüten verbringt und ihre psychischen Krankheiten durch Einkaufstherapie pflegt.“

Was Schmich wohl eher kritisch-scherzhaft meinte, entwickelte sich schließlich zu einem Begriff: Retail Therapy. Gemeint ist mit der „Einzelhandelstherapie“ der Vorgang des Shoppens, um Stress, Ängste und Traurigkeit abzubauen und ein vorübergehendes Glücksgefühl zu empfinden.

Shopping als Stressbewältigung: Hilft das wirklich?

Eine neue Tasche oder ein neues Möbel online geshoppt – und schon ist die miese Stimmung verschwunden? Fakt ist: Shopping wirkt auf unser Gehirn wie Schokolade: Das Belohnungszentrum wird angesprochen, das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet, wir fühlen uns kurzzeitig zufriedener und entspannter. Aber kann Konsum eine Form der Therapie sein?

Marketing-Professor*innen der Universität Michigan wollen das in einer Studie, die 2014 in der Fachzeitschrift Journal of Consumer Psychology veröffentlicht wurde und drei Experimente mit über 100 Teilnehmenden (darunter 52% Frauen) umfasst, belegt haben. „Einkaufen kann helfen, ein Gefühl wie Traurigkeit zu lindern“, sagt Scott Rick, einer der Professoren. Der Grund: Rick zufolge löse Shopping ein Gefühl der Kontrolle aus – was vor allem bei Stress für Beruhigung sorge.

Der psychologischen Psychotherapeutin Nadja Tahmassebi aus Friedrichsdorf zufolge kann das bewusste Kaufen, etwa bei depressiven Erkrankungen, tatsächlich für eine positive Erfahrung sorgen. „Die Entspannung ist allerdings nur von kurzer Dauer.“

Einkaufstherapie: Der schmale Grat zur Kaufsucht

Problematisch kann der Einsatz der Retail Therapy für bestimmte Personengruppen sein: „Hat jemand keine guten Emotionsregulationsstrategien, ist anfällig für Süchte oder hat eine hohe Affinität zum Kaufen, kann die Retail Therapy zwar für eine kurzfristige Verbesserung der Stimmung sorgen, aber gleichzeitig das Konsumverhalten fördern“, so Tahmassebi. Die Einkaufstherapie könne dann auf lange Sicht dafür sorgen, dass jemand in ein suchtartiges Kaufverhalten rutsche.

Die Kaufsucht, die in der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) zu den Impulskontrollstörungen zählt, definiert sich laut Nadja Tahmassebi vor allem durch:

  • aufdringliche und/oder unwiderstehliche Impulse und/oder Verlangen zum Kaufen beziehungsweise Gedanken, etwas kaufen zu wollen,
  • Kontrollverlust über das Kaufverhalten,
  • übermäßigen Kauf von Waren, die kaum verwendet werden,
  • Kaufen zur Emotionsregulation,
  • negative Folgen (wie etwa Schulden) und Beeinträchtigungen in wichtigen Lebens- und Funktionsbereichen durch wiederholtes Einkaufen,
  • Erleben von negativen Emotionen und kognitiven Einschränkungen bei Reduktion des Kaufverhaltens sowie
  • Aufrechterhaltung des Kaufverhaltens trotz negativer Konsequenzen.

Stressbewältigung: besser Sport statt Shopping

Gegen wohldosiertes Shopping als Belohnung nach einem miesen Tag ist wohl grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch sowohl die Retail Therapy als auch die Kaufsucht sind von Emotionen gesteuert. „Ich denke nicht, dass die Einkaufstherapie eine geeignete Therapieform ist. Die klinische Forschung würde das eher nicht empfehlen“, sagt Psychotherapeutin Nadja Tahmassebi.

Um das eigene Wohlbefinden zu steigern, hätten sich aktivierende Tätigkeiten bewährt, so die Expertin: Singen, Sport, Lesen, Spazierengehen oder Spielen. „Das sind alles Aktivitäten, die langfristig für Entspannung und Stressabbau sorgen.“ Und auch weniger kosten.

Alle Hürden meistern?

Mit Rahmenkredit kein Problem.

Rahmenkredit