Sanierungspflicht

Diese rechtlichen Vorgaben gelten

Bauen-Wohnen 8 min Lesedauer 12.07.2024
sanierungspflicht

Sie haben eine ältere Immobilie gekauft, geerbt oder geschenkt bekommen? Dann ist es wahrscheinlich, dass Sie sanieren müssen. Hier erfahren Sie, wann die Sanierungspflicht greift und was konkret zu tun ist.

Seit 2020 ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft, welches die alte Energieeinsparverordnung (EnEV) ersetzt hat und selbst regelmäßig aktualisiert wird. Es gilt für alle beheizten und klimatisierten Gebäude. Darin festgeschrieben ist: Wer eine Bestandsimmobilie kauft, kommt in der Regel um eine Modernisierung des Gebäudes nicht herum. Das bedeutet fast immer auch eine energetische Sanierung, also bauliche Schritte, um den Energieverbrauch zu senken.

  • Gut zu wissen: Auf Gebäude entfallen laut Verbraucherzentrale Bundesverband mehr als 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland. Eine Sanierung soll dazu dienen, den Energieverbrauch des Gebäudes zu senken, und die Bemühungen um mehr Klimaschutz unterstützen.

Im Gebäudeenergiegesetz sind verschiedene Sanierungspflichten enthalten – je nach Art des Gebäudes und der Umstände. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Haus geerbt oder geschenkt wurde. Die Sanierungspflicht gilt in diesen Fällen genauso wie bei einem Kauf des Hauses.

Hier nun die aktuell wichtigsten Punkte aus dem Gebäudeenergiegesetz:

Sanierungspflicht bei Eigentumswechsel

Grundsätzlich gilt: Neue Eigentümer oder Eigentümerinnen einer Immobilie sind verpflichtet, die gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Sanierungspflichten zu beachten und umzusetzen. Dazu haben sie nach dem Grundbucheintrag zwei Jahre Zeit.

Wer von der energetischen Pflicht zur Sanierung betroffen ist, muss sich insbesondere um diese Bereiche kümmern:

  • Die oberste Geschossdecke eines Gebäudes, d. h. die begehbare oder unbegehbare Decke zu Dachräumen (auch unbeheizt), muss gedämmt werden. Die Grundlage dafür findet sich in § 47 GEG. „Bei der Decke und der Dachdämmung lautet die Anforderung, dass der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) nicht über 0,24 liegen darf“, erklärt Christian Handwerk, Referent für energetisches Bauen und Bauphysik bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Detailvorgaben. Im Fall einer Betondecke entspreche das einer Mindestdicke von 14 Zentimetern. Beim Dach wären es zwischen den Sparren ein paar Zentimeter mehr.
  • Alte Heizkessel verbrauchen oft mehr Energie als nötig und fallen deshalb unter die Sanierungspflicht nach § 72 GEG. Eigentümerinnen und Eigentümer dürfen danach Heizkessel, die durch einen flüssigen oder gasförmigen Brennstoff betrieben werden und vor dem 1. Januar 1991 in Betrieb genommen wurden, nicht mehr betreiben. Ab dem 1. Januar 1991 aufgestellte Heizkessel müssen nach einem Ablauf von 30 Jahren entfernt werden. Das gilt für alle Öl- und Gaskessel, die keine Niedertemperatur- oder Brennwertkessel sind. Ob Ihr Kessel unter diese Pflicht fällt, kann Ihnen Ihr Heizungsbauer oder Schornsteinfeger sagen.
  • Ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen müssen gedämmt werden (§ 69 GEG).​​​​​​​
  • Gut zu wissen: Johann Werner Fliescher, Vizepräsident Haus & Grund Rheinland Westfalen, weist darauf hin, dass es künftig verpflichtend sein wird, die Heizung zu überprüfen und optimal einstellen zu lassen: „In Mehrfamilienhäusern mit sechs bis neun Wohneinheiten muss die Gasheizung bis Ende September 2024 überprüft und bei Mängeln optimiert werden. Auch ein hydraulischer Abgleich ist innerhalb dieser Frist einmalig vorgeschrieben, sofern er noch nicht erfolgt ist. Derzeit ist das in der Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen geregelt (EnSimiMaV)“. Für kleinere Gebäude oder Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es keine Vorschriften.

Heizungsoptimierung nach § 60b GEG

Ab dem 01. Oktober 2024 müssen ältere Heizungsanlagen mit Wasser als Wärmeträger auf Optimierung geprüft werden (§ 60b GEG). Hier gelten folgende Fristen:

Eine Heizungsanlage, die nach dem 30. September 2009 eingebaut oder aufgestellt wurde, keine Wärmepumpe ist und in einem Gebäude mit mindestens sechs Wohnungen betrieben wird, ist innerhalb eines Jahres nach Ablauf von 15 Jahren nach Einbau oder Aufstellung einer Heizungsprüfung und -optimierung zu unterziehen. Eine Heizungsanlage, die vor dem 01. Oktober 2009 eingebaut oder aufgestellt wurde und in einem Gebäude mit mindestens sechs Wohnungen betrieben wird, muss bis zum Ablauf des 30. September 2027 eine Heizungsprüfung und -optimierung durchlaufen.

Sanierungspflicht bei größeren Baumaßnahmen

Im Falle, dass mehr als 10 Prozent einer Gebäudehülle erneuert werden (zum Beispiel bei der Modernisierung der Fassade), ist eine energetische Sanierung gleichfalls zwingend. Kleinere Ausbesserungen erfordern demnach noch keine umfassende energetische Sanierung.

Gleiches gilt beim Dach: Ein paar auszutauschende Dachpfannen lösen keine Sanierungspflicht aus und können einfach ersetzt werden. Wer jedoch sein Dach neu eindeckt und die Geschossdecke bisher nicht gedämmt hat, muss in diesem Zuge für ausreichenden Wärmeschutz sorgen.

Ausnahmen der Sanierungspflichten für Gebäude

Nicht für alle Immobilien besteht eine Sanierungspflicht. Es gibt Ausnahmeregelungen, die Eigentümer und Eigentümerinnen von der Pflicht befreien.

Ausnahmen gelten etwa für denkmalgeschützte Immobilien (§ 105 GEG), die oft abweichende energetische Voraussetzungen erfüllen müssen. Außerdem entfällt die Pflicht zur Dämmung von Dächern oder Obergeschossen für Ein- und Zweifamilienhäuser, die bereits am 01. Februar 2002 bewohnt wurden. Für Häuser, die nach dem 01. Februar 2002 errichtet wurden oder bei denen nach diesem Datum ein Eigentümerwechsel im bestehenden Objekt stattfand, gilt diese Ausnahme nicht.

In gewissen Fällen kann von der Sanierungspflicht befreit werden, wenn die Sanierung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist (§ 102 GEG). So entfällt laut der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund die Pflicht zur Dämmung der obersten Geschossdecke, wenn die Kosten für die Sanierung höher sind als die entsprechenden längerfristigen Energieeinsparungen. Zudem können Eigentümer und Eigentümerinnen grundsätzlich von der Sanierungspflicht befreit werden, wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen.

Gibt es für Sanierungsvorhaben aktuell Förderungen?

Christian Handwerk von der Verbraucherzentrale NRW klärt auf: Bauliche energetische Ertüchtigungen werden auf Bundesebene mit einem Zuschuss von maximal 20 % der Kosten gefördert. Wer eine neue Heizung einbauen möchte, kann für bestimmte Geräte auf Bundesebene eine Grundförderung von 30 % erhalten, die durch diverse Boni sogar noch deutlich gesteigert werden kann. Darüber hinaus bieten Bundesländer eigene Förderprogramme an; in manchen Kommunen gibt es zudem Fördergeld-Töpfe.
Weitere Informationen zu Förderungen finden Sie auf den Seiten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) .

Was droht bei Nichterfüllung der Pflichten?

Erfüllt man die energetischen Mindestanforderungen, die das GEG beschreibt, nicht, so begeht man eine Ordnungswidrigkeit. Dabei droht eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro (§ 108 GEG).

Wer kontrolliert die durchgeführten Sanierungen?

Die Kommune ist als untere Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich für die Kontrolle der Pflichten aus dem GEG zuständig. Das geschieht zum einen über bevollmächtigte Schornsteinfeger und Schornsteinfegerinnen. Bei ihren regelmäßigen Kontrollen, die in der Regel im Rahmen der Feuerstättenschau stattfinden, können sie beispielsweise die Effizienz von Heizungsanlagen bewerten und Empfehlungen zur energetischen Sanierung geben. Die Bestätigung der pflichtgemäßen Durchführung der Arbeiten kann jedoch auch mittels schriftlicher Erklärung von Fachpersonen, die die energetische Aufwertung entweder selbst ausgeführt oder in Augenschein genommen haben, erfolgen.

  • Gut zu wissen: Neue Eigentümerinnen und Eigentümer eines unsanierten Hauses haben eine Frist. Sie müssen innerhalb von zwei Jahren nach der Eintragung ins Grundbuch notwendige energetische Sanierungen an der Immobilie durchführen. Nach Ablauf dieser Zwei-Jahres-Frist müssen die Anforderungen vollständig erfüllt sein.

Sanierungspflicht bei Heizungstausch: Das gilt ab 2024

Seit Januar 2024 muss grundsätzlich jede neu eingebaute Heizung 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Das sieht die GEG-Novelle 2024 vor. Es gibt aber eine zeitliche Abstufung zwischen Neubau und Bestandsgebäuden. Für Neubauten in Neubaugebieten gilt die Regel ab Anfang 2024; maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag gestellt wird.

Für bestehende Gebäude und Neubauten, die in Baulücken errichtet werden, gibt es längere Übergangsfristen. Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden, sofern diese Brennwerte- oder Niedertemperaturkessel sind, kaputte dürfen repariert werden.

Es gibt zahlreiche Übergangsregelungen, Fristen und Erfüllungsoptionen, wenn eine bestehende Heizung aufgrund ihres Alters oder eines Defekts ausgetauscht werden muss. Sicher ist, dass die Grundforderung von 65 % Erneuerbaren Energien langfristig eingehalten werden muss, denn fossile Heizungen dürfen längstens bis 2045 betrieben werden.

Ziehen Sie frühzeitig einen Energieberater hinzu und prüfen Sie gemeinsam die Optionen und Fristen, die für Ihr Gebäude sinnvoll und wirtschaftlich sind. In manchen Fällen kommt ein Anschluss an ein Wärmenetz in Frage. Weitere Erfüllungsoptionen wie Wärmepumpen, Hybridheizungen, also zum Beispiel Kombinationen aus Wärmepumpe und Gaskessel oder Holzpelletsanlagen sind möglich und in eher seltenen Fällen kann vielleicht auch Wasserstoff zum Heizen genutzt werden.

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