Selbstverwirklichung in der Karriere

Der Traum vom erfüllenden Job

Arbeit-Recht 5 min Lesedauer 04.12.2023
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Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Waren bei der Berufswahl jahrelang eine gute Bezahlung oder ein sicherer Arbeitsplatz die wichtigsten Faktoren, wird der Job nun als Teil einer selbstbestimmten Lebensgestaltung betrachtet. Laut einer Trendstudie des Zukunftsinstituts, die 2021 im Auftrag von Peek und Cloppenburg entstand, findet die Generation Z drei Aspekte im Job besonders wichtig: Sicherheit, Sinn und Selbstverwirklichung. Grundlage der Studie sind die Ergebnisse der vom Zukunftsinstitut in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführten repräsentativen Befragung junger Menschen zwischen 16 und 25 Jahren. So gaben 74% der Umfrageteilnehmenden an, dass es ihnen im Job wichtig ist, kreativ zu sein und sich selbst verwirklichen zu können.

Selbstverwirklichung gehört zu wichtigen Bedürfnissen

Dass Selbstverwirklichung eine wichtige Rolle einnimmt, wundert den Wirtschaftspsychologen Ingo Hamm nicht: „Als Mensch haben wir eine Grundeigenschaft, von Kindesbeinen an uns selbst zu verwirklichen“, sagt er. Auch die Maslowsche Bedürfnispyramide zeigt die Bedeutsamkeit der Selbstverwirklichung. Sie ist in fünf Stufen unterteilt und beschreibt, was Menschen motiviert. An der Spitze der Pyramide steht die Selbstverwirklichung.

Neue Freiheiten – neue Ansprüche

Aber warum werden Selbstverwirklichung, Erfüllung und Sinn auch im Job immer essenzieller? Diese Entwicklung hat mehrere Gründe, sagt Psychologe Hamm. Bei der Selbstverwirklichung im Arbeitskontext gehe es darum, zu erfahren: Meine Tätigkeit bewirkt etwas. Allerdings sei dieses Ziel aufgrund der Digitalisierung und der Automatisierung der Jobs nicht mehr überall sichtbar. Das könnte erklären, weshalb das Thema an Bedeutung gewinnt.

Ein weiterer Faktor sei der Fachkräftemangel. „Aufgrund der absoluten Nachfrage nach Arbeitskräften hat man zunehmend die Möglichkeit, sich auszuprobieren“, erklärt Hamm.

Rainer Thiel, Bundesvorsitzender des Deutschen Verbands für Bildungs- und Berufsberatung (dvb), hat eine weitere Erklärung: Auch der insgesamt höhere Wohlstand in der westlichen Gesellschaft spielt seiner Einschätzung nach eine Rolle. Denn durch die technologische Entwicklung und Veränderungen in der Arbeitswelt könne man heute ganz anders auswählen, was man beruflich gestalten möchte.

So reagieren Unternehmen darauf

Das Streben nach Selbstverwirklichung bringt den Arbeitsmarkt ins Rollen. „Arbeitgeber müssen sich Gedanken machen: Wie bekomme ich gute Leute? Und was kann ich tun, um sie zu halten?“, sagt Thiel. Hier sei es wichtig, Rahmenbedingungen zu bieten, in denen Beschäftigte ihren Arbeitsplatz möglichst frei gestalten könnten. Manche wollen etwa selbst bestimmen, wo sie arbeiten, andere wiederum brauchen Selbstverwirklichung im Kleinen, so der Experte.

Wunsch nach Selbstverwirklichung treibt Teilzeit voran

Viele Menschen suchen aber auch außerhalb des Jobs nach Sinn und Selbstverwirklichung: „Wenn man sie nicht im Job erreicht, warum dann nicht in der Freizeit, im Hobby, in der Familie oder im Ehrenamt?“, findet Hamm. Für viele ist deshalb die Lösung, Teilzeit zu arbeiten. Den Wunsch nach einer verkürzten Zeit am Arbeitsplatz bestätigt die repräsentative HDI Berufe-Studie 2022, bei der im Juni/Juli 2022 gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland insgesamt 3.891 Erwerbstätige ab 15 Jahren befragt wurden. Danach würde fast jeder zweite Vollzeitbeschäftigte ein Teilzeitangebot annehmen, wenn es die Möglichkeit dazu gäbe. Außerdem sprechen sich mehr als drei Viertel der befragten Beschäftigten für die Einführung der 4-Tage-Woche in ihren Unternehmen aus.

Selbstverwirklichung im Job: So gelingt’s

Diese sechs Tipps können dabei helfen, sich in der Karriere selbst zu verwirklichen.

  • Bewegung: „Die einfachste Art der Selbstverwirklichung ist konkretes Tun. Das ist oft auch physisch, das ist nicht zu unterschätzen“, sagt Hamm. Er empfiehlt, sich am Arbeitsplatz zu bewegen; sei es durch einen Spaziergang in der Mittagspause oder indem man, statt eine E-Mail zu schreiben, persönlich zu einem Kollegen geht.
  • To-dos verstehen: Der Wirtschaftspsychologe rät außerdem, nicht nur Dienst nach Vorschrift zu machen, sondern auch zu hinterfragen, warum es bestimmte To-dos gibt. „So sehe ich, was mein Tun bewirkt“, erklärt er.
  • Nicht die Welt retten wollen: Laut Hamm geht es bei der Frage nach dem Sinn im Job nicht um den sogenannten „Noble Purpose“, also nicht darum, die Welt retten zu wollen. „Da kann man nur enttäuscht werden.“
  • Interessen finden: Für manche ist es eine Berufung. Doch vielen Arbeitssuchenden fällt es schwer, sich zu entscheiden. Um einen erfüllenden Job zu finden, sollte man laut Thiel zunächst für sich selbst klären: Wofür brenne ich? Was sind meine Stärken? Und was passt zu mir?
  • Wünsche kommunizieren: Nicht zuletzt hilft eine klare Kommunikation. Was ist mir wichtig, damit ich mich in meinem bestehenden Job möglichst frei entfalten kann? Thiel empfiehlt, mit Vorgesetzen darüber ins Gespräch zu kommen.
  • Job wechseln: Wer in seinem Arbeitsverhältnis nicht die Rahmenbedingungen erreichen könne, sich selbst zu verwirklichen, habe immer noch die Möglichkeit, den Job zu wechseln, sagt Thiel. „Jobs verändern sich und Menschen verändern sich. Selbstverwirklichung ist dynamisch“, betont der Experte.

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